- Kohlendioxid verpressen tief unter dem Meer
- > Wenn Kohlendioxid in Industrieprozessen abgeschieden oder direkt aus der Atmosphäre entnommen wird, stellt sich auch die Frage nach einem geeigneten Speicherort. Da eine unterirdische Kohlendioxidspeicherung an Land nicht risikolos ist und Proteste der Anwohnenden hervorruft, suchen Verantwortliche vermehrt nach Speichermöglichkeiten tief unter dem Meer. Die Technik dazu existiert bereits und wird seit Jahrzehnten in Pilotprojekten eingesetzt.
Kohlendioxidspeicherung unter dem Meer: Ein umstrittenes Verfahren im Aufwind
Kohlendioxid lässt sich abscheiden – sowohl direkt aus der Luft als auch aus Abgasströmen. Beide Verfahrensansätze spielen in der Klimapolitik eine zunehmend wichtigere Rolle. Durch ihren Einsatz soll es gelingen, schwer vermeidbare Restemissionen von Industrie und Landwirtschaft auszugleichen oder aber ihre Freisetzung von vornherein zu verhindern. Zudem können auch Kohlendioxid-Entnahmemethoden wie die viel diskutierte Energie- und Wärmegewinnung in Biomasse-Heizkraftwerken nur dann zu einem Emissionsausgleich beitragen, wenn das bei der Verbrennung entstehende Kohlendioxid abgeschieden wird und man es anschließend zu langlebigen Produkten wie Kohlefasern weiterverarbeitet oder aber sicher eingelagert. Daher sind Technologien zur Kohlendioxidabscheidung und -speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) zentral, wenn das Ziel der globalen Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2050 erreicht werden soll.
Die Zahl der weltweit in Betrieb befindlichen Abscheidungsanlagen steigt: Fraglich ist allerdings, wo das entnommene Kohlendioxid dauerhaft gespeichert werden soll. Fachleute gehen davon aus, dass der größte Teil des Gases nicht langfristig weiterverarbeitet werden kann, sondern stattdessen eingelagert werden muss – bestenfalls unterirdisch, in Gesteinsschichten, die von einer undurchlässigen Deckschicht verschlossen sind, sodass das Kohlendioxid nicht nach oben entweichen kann. An Land stoßen entsprechende Pläne vielerorts auf Widerstand, weil infolge einer Kohlendioxid-Verpressung das Erdbebenrisiko steigen und das Grundwasser verschmutzt werden könnte.
Fachleute suchen deshalb verstärkt nach geeigneten Speichergesteinen im Meeresuntergrund. Infrage kommen sowohl Sandsteinformationen als auch die poröse obere Basaltschicht der Ozean- kruste. Technologien für eine Kohlendioxidspeicherung in Sandsteinformationen werden seit dem Jahr 1996 erfolgreich eingesetzt, vor allem in norwegischen Gewässern. In die obere Ozeankruste wird Kohlendioxid bisher nur auf Island injiziert, weil das Basaltgestein dort bis über die Meeresoberfläche hinausragt und leicht zu erreichen ist. Über das Speicherpotenzial von Basaltgesteinen im tiefen Meeresuntergrund hingegen ist noch nicht viel bekannt. Es wird aktuell in verschiedenen Forschungsprojekten untersucht.
Ein grundlegender Unterschied aber ist bereits bekannt: In Sandstein verpresstes Kohlendioxid verweilt unter Umständen viele Tausend Jahre lang im Porenwasser des Gesteins, bevor es mineralisiert und damit in fester Form sicher gebunden wird. Im reaktionsfreudigen Basaltgestein hingegen laufen die für eine Mineralisierung verantwortlichen Prozesse deutlich schneller ab. Dennoch ist auch eine Kohlendioxid-Verpressung unter dem Meer nicht ohne Risiken. Lagerstätten müssen daher gründlich erkundet, wohlüberlegt ausgewählt und am Ende über lange Zeit hinweg und umweltschonend (lärm-)überwacht werden. Zudem kann eine Kohlendioxid-Verpressung andere Meeresnutzungsformen in dem betroffenen Gebiet unter Umständen einschränken.
Rechtlich geregelt wird die Kohlendioxidspeicherung unter dem Meer in erster Linie durch neue Richtlinien im Protokoll zum Londoner Übereinkommen über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen (Londoner Protokoll). Es macht zum Beispiel Vorgaben, was verpresst werden darf und wie eine Überwachung der Lagerstätte sichergestellt werden soll. Die finale Entscheidung über eine Genehmigung für beantragte Projekte obliegt jedoch den staatlichen Behörden, welche auf nationaler Ebene für eine Umsetzung des Londoner Protokolls verantwortlich sind.