Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Polarregionen
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WOR 6 Arktis und Antarktis – extrem, klimarelevant, gefährdet | 2019

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Polarregionen

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Polarregionen
> Die globale Erwärmung trifft die Polarregionen bislang in unterschiedlichem Maß. Während die Arktis einen fundamentalen Wandel durchläuft und ihre polaren Alleinstellungsmerkmale Stück für Stück verliert, konzentrieren sich die sichtbaren Veränderungen in der Antarktis vor allem auf zwei Regionen: die Westantarktis und die Antarktische Halbinsel. Doch auch die Ostantarktis reagiert auf die zunehmende Wärme.
Die Pfade der Wärme © ddp images/Picture Press/Per-­Andre Hoffmann

Die Pfade der Wärme

> Der Klimawandel hinterlässt in den Polargebieten auffälligere Spuren als im restlichen Teil der Erde. Das liegt zum einen an der besonderen Sensibilität der Eiswelten für Wärme. Zum anderen wird die durch Treibhausgase angestoßene Erwär­mung unseres Planeten vor allem in der Arktis durch so viele positive Rück­kopp­lungen verstärkt, dass die Temperaturen im Nordpolargebiet doppelt so schnell steigen wie in der übrigen Welt.

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Der Rückzug des Eises © Paul Zizka Photography

Der Rückzug des Eises

> Wo Atmosphäre und Meer stetig wärmer werden, treten Eis und Schnee den Rückzug an. Diese Logik ist schon lange nicht mehr nur ein Gedanken­spiel in den Polarregionen. Sie ist tagtägliche bittere Realität, vor allem in der Arktis, wo die Schneedecke und das Meereis schrumpfen, die Gletscher sich ausdünnen und der dauergefrorene Boden immer tiefer auftaut. Der Klimawandel hat aber auch längst die Antarktis erreicht – mit Folgen, die mittlerweile an allen Küsten dieser Welt zu spüren sind.

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Mehr Wärme – viel weniger Eis

Aufgrund steigender Treibhausgasemissionen und des Treibhauseffekts erwärmen sich die Atmosphäre und vor allem der Weltozean, der bislang 93 Prozent der zusätzlichen Wärme aufgenommen hat. Die steigenden Luft- und Wassertemperaturen führen insbesondere in den Polarregionen zu grundlegenden Veränderungen, die in der Arktis allerdings früher und spürbarer einsetzten als in der Antarktis. Die Arktis erwärmt sich doppelt so schnell wie die restliche Welt im Durchschnitt, weil Eis, Land, Meer und Atmosphäre in den Polarregionen so eng miteinander verzahnt sind, dass Veränderungen einer dieser Klimakomponenten auf die anderen zurückwirken und die Prozesse sich gegenseitig verstärken. Forscher sprechen deshalb auch von „arktischer Verstärkung“. Wärmer werden vor allem die Winter. Daher fällt in vielen Regionen der Arktis deutlich weniger Schnee. Gleichzeitig gefriert nicht mehr so viel Meereis. Die Eisdecke des Arktischen Ozeans hat seit dem Jahr 1979 mehr als 30 Prozent ihrer Fläche eingebüßt. Außerdem ist das Meereis heute jünger und damit dünner, zerbrechlicher und beweglicher.
Die zunehmende Wärme setzt zudem den dauergefrorenen Böden der Arktis zu. Der Permafrost erwärmt sich bis in große Tiefen und taut im Sommer immer tiefer und großflächiger auf. Infolgedessen erodieren Teile der Küsten Alaskas und Sibiriens, ganze Landstriche senken sich ab und der einst gefrorene Untergrund verliert seine Tragkraft, sodass Gebäude, Straßen und andere Infrastrukturen sub­stanziell Schaden nehmen.
Deutliche Veränderungen zeigen auch die Landeismassen der Arktis. Sowohl der Grönländische ­Eisschild als auch die Gletscher Alaskas und Kanadas verlieren mittlerweile mehr Eis, als sich neues durch Schneefall bildet. Verantwortlich dafür sind Schmelzprozesse an ihrer Oberfläche sowie an der Unterseite der Eiszungen, sofern diese in Kontakt mit dem Meer stehen.
In der Antarktis hat sich die Atmosphäre bis zum Ende des 20. Jahrhunderts nur an der Antarktischen Halbinsel deutlich erwärmt, was zum Zerfall der nördlichen Schelfeise sowie zu einem Rückgang des Meereises im Westen der Halbinsel geführt hat. In allen anderen Regionen ist die Lufttemperatur nur wenig oder gar nicht gestiegen – eine Entwicklung, die Forscher auch auf die kühlende Wirkung des antarktischen Ozonlochs zurückführen. Das wärmer werdende Südpolarmeer aber verändert die Antarktis nachhaltig, je nach Region allerdings auf unterschiedliche Weise. So sind die Eisverluste in der Westantarktis geradezu besorgniserregend. In der Amundsensee gelangt seit mehreren Jahrzehnten warmes Wasser aus dem Zirkumpolarstrom bis weit unter die Schelfeise und schmilzt diese von unten. Die Eismassen ziehen sich daher im Rekordtempo zurück – ein Prozess, der vermutlich erst enden wird, wenn der auf dem Meeresboden aufliegende Westantarktische Eisschild ganz zerfallen ist
. Anzeichen für eine ähnliche Entwicklung gibt es mittlerweile auch in der Ostantarktis, wo der Tottengletscher an Bodenhaftung verliert, sowie aus dem Weddellmeer, wo warme Wassermassen das zweitgrößte Schelfeis der Antarktis gefährden.
Insgesamt haben sich die Eismassenverluste der Antarktis seit 2012 verdreifacht. Gestiegen ist somit auch ihr Anteil am globalen Meeresspiegelanstieg. Er fällt heute mit 3,34 Millimetern pro Jahr doppelt so hoch aus wie noch im Jahr 1990, wobei der Anstieg in erster Linie auf die Eismassenverluste Grönlands und der Gletscher außerhalb der Antarktis sowie auf die wärmebedingte Ausdehnung des Wassers zurückzuführen ist. Fakt aber ist dennoch: Der Rückzug des polaren Eises gefährdet aufgrund der steigenden Wasserpegel Küstenregionen auf der gesamten Welt.