- Arktis und Antarktis – Naturräume in Poleposition
- > Die heutigen Polargebiete der Erde haben auf den ersten Blick vieles gemeinsam: Eis und Schnee prägen ihre Landschaften und Meeresgebiete, die Hälfte des Jahres herrscht Dunkelheit, und überleben kann nur, wer sich an die extremen Lebensbedingungen anpasst. Trotz aller augenfälligen Parallelen aber unterscheiden sich die Arktis und die Antarktis grundlegend – angefangen von ihrer Geografie und ihrer Vereisungsgeschichte bis hin zur Eroberung durch den Menschen.
Arktis und Antarktis – zwei grundverschiedene Polargebiete
Die Nord- und Südpolargebiete gehören zu den entlegensten und extremsten Lebensräumen der Erde. In beiden Regionen erschweren Kälte, Eis, Schnee und die lang anhaltende Dunkelheit der Polarnacht das Überleben von Pflanzen, Tieren und Menschen. Beide Polargebiete unterscheiden sich aber auch grundsätzlich voneinander. Die Antarktis im Süden besteht aus einem riesigen Kontinent, der vollständig vom Südpolarmeer umgeben wird. In der Arktis, dem Nordpolargebiet, dagegen verhält es sich genau umgekehrt: Hier umschließen die Landmassen dreier Kontinente einen Ozean in zentraler Lage. Der einzige Eisschild der Arktis bedeckt große Teile Grönlands, ist aber trotzdem deutlich kleiner als die Inlandeismassen der Antarktis, die 98 Prozent des Kontinents bedecken. Im Gegenzug verfügt der Arktische Ozean über eine dauerhafte Meereisdecke. Deren Fläche wächst und schrumpft zwar im Rhythmus der Jahreszeiten, nimmt bislang aber nie so weit ab wie die Meereisfläche des Südpolarmeers, welche im Sommer nahezu vollständig schmilzt. Die weiträumige, gleichzeitige Vereisung beider Polargebiete stellt erdgeschichtlich betrachtet fast schon eine Ausnahmesituation dar. Nur wenige Mal zuvor hatten sich die wandernden Kontinente der Erde derart angeordnet, dass sowohl im Norden als auch im Süden polare Klimabedingungen entstehen und beide Gebiete vereisen konnten. Während die Klimageschichte der Antarktis inzwischen ziemlich gut verstanden ist, gibt es in Bezug auf die Vereisungsgeschichte der arktischen Land- und Meeresgebiete noch immer viele offenen Fragen. Die geografischen Gegensätze der Polargebiete erklären auch ihre unterschiedliche Besiedlungsgeschichte. Die meisten Gebiete der Arktis konnte sich der Mensch zu Fuß erschließen. Er besiedelte aus Nordafrika kommend vor etwa 45 000 Jahren Sibirien und wanderte später von dort über eine Landbrücke nach Nordamerika ein. In Grönland und dem hohen Norden Europas konnten Menschen allerdings erst heimisch werden, nachdem die großen Eisschilde der jüngsten Eiszeit geschmolzen waren. Sie hatten den Jägern und Sammlern bis dato in Nordamerika und Europa den Weg Richtung Norden versperrt. Heute leben rund vier Millionen Menschen in der Arktis. Um die entlegene Antarktis zu erreichen, brauchte der Mensch hochseetaugliche Schiffe und furchtlose Seefahrer, die sich weit Richtung Süden vorwagten. Der südliche Kontinent wurde deshalb erst im 19. Jahrhundert entdeckt und diente zunächst den Robben- und Walfängern als Jagdgebiet. Ab dem 20. Jahrhundert erkundeten Abenteurer und Polarforscher den eisigen Kontinent, wobei in der öffentlichen Wahrnehmung Vorstöße in unbekannte Regionen oft mehr zählten als wissenschaftlich wertvolle Daten und Beobachtungen. Nach dem Ersten Weltkrieg hielt moderne Technik Einzug in die Polarforschung. Sowohl das Nord- als auch das Südpolargebiet wurden fortan auch aus der Luft erkundet. Forschungsstationen ermöglichten Langzeitbeobachtungen, wodurch sich die Wettervorhersage für die Polarregionen verbesserte. Außerdem erkannte man die Bedeutung beider Gebiete für das Klima der Erde. Internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit legte dann den Grundstein für den Antarktisvertrag, welcher im Jahr 1961 in Kraft trat und bis heute den Schutz sowie eine friedliche, rein wissenschaftliche Nutzung des Kontinents vorschreibt. Für die Arktis gibt es kein vergleichbares Vertragswerk. Trotz teilweise unterschiedlicher politischer Interessen arbeiten in beiden Polarregionen Forschende verschiedener Nationen Hand in Hand. Das extreme Klima und die Abgeschiedenheit der Arktis und Antarktis stellen den Menschen vor besondere logistische und technische Herausforderungen, die sich oft nur gemeinsam meistern lassen.