Anspruch und Wirklichkeit des Meeresmanagements
8
WOR 7 Lebensgarant Ozean – nachhaltig nutzen, wirksam schützen | 2021

Anspruch und Wirklichkeit des Meeresmanagements

Anspruch und Wirklichkeit des Meeresmanagements
> Der Mensch hat den Ozean in künstliche Zonen eingeteilt, um alleinige Besitzansprüche auf bestimmte Gebiete und ihre Ressourcen erheben zu können. Arten und Wassermassen wandern allerdings ebenso unbehelligt über die Zonengrenzen hinweg wie Wärme, Schadstoffe und Müll. Erfolgreiches Meeresmanagement braucht daher gemeinschaftliche Lösungen. Diese müssen nationen- und sektoren­übergreifend gedacht werden sowie auf den Schutz und eine nachhaltige Nutzung der Meere abzielen.
Die Rechtsordnung der Ozeane - Abb. 8.3 mauritius images/Art ­Col­lection 3/Alamy

Die Rechtsordnung der Ozeane

> Wem gehört das Meer? Diese Frage stellen sich die Menschen, seit sie begonnen haben, untereinander um Fischfangrechte oder Schifffahrtswege zu konkurrieren. Eine rechtlich bindende Antwort darauf ist seit nahezu vier Jahrzehnten im UN-Seerechtsübereinkommen verbrieft. Es regelt, wer in welchen Meereszonen zu welchem Thema das Sagen hat, und verpflichtet alle Akteure, die Meeresumwelt zu schützen. Letzteres gelingt bisher kaum, was darauf zurückzuführen ist, dass Vorschriften des Seerechts in der Praxis nur unzureichend umgesetzt werden.

weiter >

Neue Ansätze des Meeresmanagements - Abb. 8.12 Norbert Enker/laif

Neue Ansätze des Meeresmanagements

> Die Erwartungen sind riesig: Seit den ersten Erfolgen der marinen Natur- und Wirkstoffforschung hoffen Forschende darauf, im Erbgut der Meeresbewohner Lösungen für die drängendsten Probleme der Menschheit zu finden – angefangen von Arzneimitteln gegen bislang tödliche Krankheiten über Kosmetik für ewig junge Haut bis hin zu Rezepturen für umweltfreundliche Kleber und Anstriche. Die Entschlüsselung der Erbinformationen aber ist nach wie vor aufwendig, selbst wenn moderne Hochdurchsatzverfahren den Prozess enorm beschleunigt haben.

weiter >

Der Ozean: Krisenschauplatz und Teil der Lösung - Abb. 8.22 © Brandon Cole

Der Ozean: Krisenschauplatz und Teil der Lösung

> Die Erwartungen sind riesig: Seit den ersten Erfolgen der marinen Natur- und Wirkstoffforschung hoffen Forschende darauf, im Erbgut der Meeresbewohner Lösungen für die drängendsten Probleme der Menschheit zu finden – angefangen von Arzneimitteln gegen bislang tödliche Krankheiten über Kosmetik für ewig junge Haut bis hin zu Rezepturen für umweltfreundliche Kleber und Anstriche. Die Entschlüsselung der Erbinformationen aber ist nach wie vor aufwendig, selbst wenn moderne Hochdurchsatzverfahren den Prozess enorm beschleunigt haben.

weiter >

Nachhaltiges Meeresmanagement – eine Herkulesaufgabe

Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Natio- nen bildet seit nahezu vier Jahrzehnten den völker- rechtlichen Rahmen für alle menschlichen Aktivi- täten auf den Meeren und Ozeanen und legt somit den Grundstein für eine gemeinschaftliche Verwal- tung des Ozeans. Es teilt die Gewässer in Meereszo- nen ein, regelt wer in den jeweiligen Gebieten wel- che Ansprüche auf das Meer und seine Ressourcen erheben darf, enthält Vorschriften zur Schifffahrt, zum Meeresbodenbergbau sowie zum Schutz der Meeresumwelt. Überdies fordert es alle Nationen zu regionaler und globaler Zusammenarbeit in Meeres- fragen auf und gibt der Staatengemeinschaft vor, auf welche Weise Streitigkeiten zwischen Vertragspar- teien beigelegt werden müssen.
168 und damit die große Mehrheit der Staaten haben das Abkommen bislang ratifiziert und sich zu seiner Einhaltung verpflichtet. Dennoch belegt der aktuelle Zustand der Meere, dass die Staatengemein- schaft ihr Ziel einer nachhaltigen Nutzung bislang größtenteils verfehlt. Die Gründe sind vielschichtig: Entwicklungsländern fehlen häufig die notwendigen Strukturen, das Geld, das Fachwissen, das Personal sowie die technischen Mittel, um internationale Vor- schriften oder Vereinbarungen national umzusetzen. In Industrieländern sowie auf internationaler Ebene mangelt es vielerorts an sektorenübergreifender Zu- sammenarbeit, wodurch Zielkonflikte entstehen und Maßnahmen weniger Wirkung zeigen als ursprüng- lich angenommen. Industrie und Wirtschaft wiede- rum nutzen immer noch juristische Schlupflöcher, um die eigenen Gewinne auf Kosten der Meeresum- welt zu maximieren.
Angesichts der erdumspannenden Auswirkungen des Klimawandels sowie der Biodiversitäts- und Ver- schmutzungskrise hat sich mittlerweile die Erkennt- nis durchgesetzt, dass eine Gesundung des Meeres nicht mehr allein durch Einzellösungen zu erreichen ist. Stattdessen werden auf allen Ebenen des Meeres- managements integrative Ansätze benötigt. Das heißt, Programme zur Meeresnutzung müssen sek- toren-, zonen- und oftmals auch grenzübergreifend geplant und in transparenten Prozessen mit allen Akteuren abgestimmt werden. Meeresschutz beginnt dabei nicht erst am Küstensaum, sondern weit im Landesinnern. Entscheidungen zur Meeresnutzung sollten stets wissenschaftsbasiert getroffen und die Interessen der lokalen Bevölkerung berücksichtigt werden. Auf die- se Weise kann zum Beispiel sichergestellt werden, dass innovative lokale Lösungen auf übergeordneter Ebene Gehör finden und anschließend vielerorts umgesetzt werden.
Subventionen für umweltgefährdende Aktivitä- ten sollten gestrichen und die Gelder für Projekte ver- wendet werden, in denen Meeres- und Küsten- ökosysteme wiederhergestellt und Anwohner be- fähigt werden, diese zu pflegen und nachhaltig zu nutzen. Die größten Erfolge versprechen Maßnah- men, welche die marinen Lebensgemeinschaften stärken, gleichzeitig zum Klimaschutz beitragen und obendrein die Lebensbedingungen der lokalen Bevöl- kerung verbessern.
Die Meinungen über das Ausmaß des erforder- lichen Wandels gehen auseinander. Während einige Fachleute eine Neuausrichtung des Wirtschafts- und Wertesystems für notwendig erachten, damit es gelingt, den menschengemachten Druck auf das Meer maßgeblich zu reduzieren, betonen andere, dass schon viel erreicht wäre, wenn bestehende Meeres- vorschriften und -regelungen konsequent umgesetzt würden. Einfach aber wird es auf keinen Fall. Die Gesundung des Ozeans voranzutreiben, stellt eine ebenso große Herausforderung dar wie die Aufgabe, den Klimawandel einzudämmen – und beides muss Hand in Hand gehen, damit Mensch und Meer eine Zukunft haben.