Transport
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WOR 1 Mit den Meeren leben - ein Bericht über den Zustand der Weltmeere | 2010

Der Weltseeverkehr

Ein dynamischer Markt – der Weltseeverkehr

> Tanker, Massengutfrachter und Containerschiffe sind die wichtigsten Trans­portmittel unserer Zeit. Auf einigen wenigen Hauptrouten tragen sie jedes Jahr Milliarden Tonnen Güter um die Welt. Als Revolution gilt die Containerisierung der Schifffahrt, die den Warentransport effizienter gemacht hat. Trotz der Wirtschaftskrise könnte der maritime Aufschwung anhalten.

Zusatzinfo Wichtige öko­no­mische und wirt­schafts­politische Fach­be­griffe in Kürze

Wachstum durch Globalisierung

Seit jeher sind die Weltmeere für den Menschen ein wichtiger Transportweg. Anders als noch vor Jahrzehnten befördert die Schifffahrt heute aber kaum mehr Menschen, sondern fast ausschließlich Güter. Die Personenbeför­derung zur See beschränkt sich seit dem Siegeszug des interkontinentalen Luftverkehrs auf Kurzstrecken (Fährverkehre in Ost- und Nordsee, Mittelmeer, Japan und Südostasien) und Kreuzfahrten, die in der jüngeren Vergangenheit einen enormen Aufschwung erfahren haben und für den Tourismus eine zunehmend lukrative Einnahmequelle darstellen. Mit der fortschreitenden Globalisierung der Märkte hat der Gütertransport über See in den vergangenen Jahrzehnten enorm zugenommen. Von den 1950er Jahren bis zum Ausbruch der jüngsten Weltwirtschaftskrise entwickelte sich der internationale Handel mit einer nahezu durchweg doppelt so hohen Zuwachsrate wie die welt­weite Wirtschaftstätigkeit insgesamt. Von 2000 bis 2008 nahm der Welthandel jährlich im Schnitt um 5,4 Prozent zu, während die globale Wirtschaftsaktivität, gemessen am Welt-Bruttoinlandsprodukt (BIP) jährlich nur um 3 Prozent zulegte. Durch den spektakulären Anstieg des Welthandels im Vergleich zum weltwirtschaftlichen Wachstum hat sich seit den 1950er Jahren der Anteil des Welthandels am Welt-BIP auf 45 Prozent mehr als verdreifacht, bei Gütern des verarbeitenden Gewerbes sogar mehr als vervierfacht.
Gemessen am Güterwert, vollziehen sich rund 23 Prozent des Welthandels zwischen Ländern mit einer gemeinsamen Grenze. Dieser Anteil ist über die letzten Jahrzehnte weitgehend konstant geblieben. Er differiert indes sehr stark zwischen den Kontinenten – je nach Entwicklungsniveau. In Europa und Nordamerika ist der Anteil mit 25 bis 35 Prozent am höchsten. Dieser Handel wird überwiegend mit Lkw und Eisenbahn abgewickelt. Der Handel zwischen Ländern ohne eine gemeinsame Grenze hingegen wird vor allem über See durchgeführt, bei Industriegütern freilich zunehmend auch im Luftfrachtverkehr. Dessen Steigerungsraten lagen in den vergangenen Jahren sogar mehr als doppelt so hoch wie die des Seeverkehrs. Welcher Verkehrsträger wie viel transportiert, hängt von den (relativen) Transportkosten und von der Wert-Gewicht-Relation des transportierten Gutes ab: Je höher der Warenwert je Gewichtseinheit ist, desto unbedeutender sind die Transportkosten. Wichtiger werden bei wertvollen Waren Pünktlichkeit und Verlässlichkeit.
Forschungsergebnisse von Ökonomen zeigen, dass Haushalte mit höherem Einkommen qualitativ höherwertige Produkte erwerben. Die Einwohner reicher Länder kaufen daher relativ mehr Qualitätsgüter. Steigende Einkommen beeinflussen die Transportnachfrage in diesem Sinne auf drei Wegen: Erstens sind Qualitätsgüter teurer. Sie haben daher eine höhere Wert-Gewicht-Relation und folgerichtig geringere Transportkosten im Verhältnis zu ihrem Wert. Mit steigendem Einkommen sind Konsumenten darüber hinaus eher bereit, bestimmte teure Produkte wie etwa Modeartikel zu erwerben. Zugleich wird erwartet, dass die Artikel innerhalb kürzester Zeit geliefert werden. Drittens ist die Lieferzeit selbst ein wichtiges Element der Produktqualität. Mit steigendem Einkommen wird sie für die Entscheidungsfindung des Kunden, der lange Wartezeiten nicht mehr in Kauf nehmen will, immer bedeutsamer. Alle diese Aspekte tragen mit dazu bei, dass der schnellere Luftfrachtverkehr in den vergangenen Jahren noch höhere Wachstumsraten er­­reichte als der Weltseeverkehr.

Zusatzinfo Wie viel die Schiff­fahrt zum Treib­haus­effekt beiträgt

Was den Seeverkehr antreibt

Dass der Weltseeverkehr derart zunehmen konnte, liegt wie erwähnt vor allem am Wachstum des Welthandels. Eine Rolle spielen aber auch institutionelle und technologische Faktoren: Der Welthandel kam in der Vergangenheit insbesondere durch die Liberalisierungserfolge des GATT und der Nachfolgeorganisation WTO in Schwung. Von herausragender Bedeutung war ferner die wirtschaftliche Öffnung Chinas, die 2001 in den Beitritt Chinas zur WTO mündete. Chinas Exporte in die Welt vervierfachten sich innerhalb von fünf Jahren nach dem WTO-Beitritt. Um ein weiteres Beispiel für den durch Integration der Märkte intensivierten internationalen Handel zu geben: Die mexikanischen Exporte in die USA verdreifachten sich innerhalb von sechs Jahren nach Gründung der NAFTA.
Der Energie- und Rohstoffhunger in den Industriestaaten und in den Schwellenländern, vor allem in China und Indien, zog steigende Transporte von Gütern aus weit entfernten Ländern nach sich.Die Revolutionen in den Informations- und Kommunikationstechnologien senkten die Kosten der Raumüberwindung dramatisch. Sie ermöglichten neue Netzwerkverbindungen und Produktionsabläufe wie etwa Just-in-time-Produktion, Outsourcing oder Offshoring und gaben der Logistik einen enormen Schub. Dank der steigenden Nachfrage sanken die spezifischen Transportkosten. Die Größe der Schiffe nahm zu. Skalen­erträge wurden ausgenutzt. Hinzu kamen technologische und organisatorische Innovationen in der Hafenwirtschaft – etwa im Stückgutverkehr. Von Bedeutung ist vor allem die Containerisierung, die wichtigste Transportrevolution des 20. Jahrhunderts.
Die zunehmende Verbreitung der offenen Schiffsregis­ter, zu denen anfangs vor allem die Register Panamas und Liberias gehörten, erlaubte den Reedereien, die relativ niedrigen Kapitalkosten in den Industrieländern mit den niedrigen Arbeitslöhnen für geeignete Arbeitskräfte aus Entwicklungsländern, zum Beispiel den Philippinen, zu kombinieren. So ließen sich die vor allem in den Industriestaaten kräftig zunehmenden Arbeitskosten kompensieren. Darüber hinaus konnten die Reeder durch den Wechsel zu einem offenen Schiffsregister aus sehr kostspieligen Regulierungen (beispielsweise des nationalen Arbeitsrechts) flüchten. Es überrascht daher kaum, dass 2008 laut UNCTAD rund 55 Prozent der Welthandelsflotte in den zehn wichtigsten offenen und internationalen Regis­tern geführt wurden. 1950 waren es gerade einmal 5 Prozent. Diese Entwicklung hat mit dazu beigetragen, dass sich die Schifffahrt zu einem globalen Wirtschaftssektor entwickelt hat. Was die Eigentumsverhältnisse betrifft, ist die Schifffahrt aber weit weniger global. Wenige Staaten besitzen einen Großteil der Flotte. So werden rund 54 Prozent der Welttonnage (gemessen an der Tragfähigkeit, „Deadweight Tonnage“, dwt) von Eigentümern (Reedereien) in Japan (16,0), Griechenland (15,3), Deutschland (9,5), China (8,4) und Norwegen (4,5) kontrolliert. Die Welthandelsflotte bestand im Juli 2009 aus insgesamt 53 005 Schiffen. Davon waren der Anzahl nach: 31 Prozent klassische Stückgutschiffe, 27 Prozent Tanker, 15 Prozent Bulk Carrier (Massengutfrachter), 13 Prozent Fahrgastschiffe, 9 Prozent Containerschiffe, 5 Prozent alle übrigen Schiffe. Hinsichtlich der Tragfähigkeit in dwt ergibt sich allerdings wegen der stark unterschiedlichen Schiffsgrößen eine andere Verteilung. So haben die Tanker und die Bulk Carrier jeweils einen Anteil von 35 Prozent, Containerschiffe 14 Prozent, die Stückgutschiffe (General Cargo Ships) 9 Prozent und die Fahrgastschiffe weniger als 1 Prozent. Insgesamt verfügt die Welthandelsflotte über eine Tragfähigkeit von knapp 1192 Millionen dwt.
8.2 > Die Entwicklung der Welthandelsflotte, geordnet nach Schiffstypen (Stand jeweils 1. Januar).
8.2 > Die Entwicklung der Welthandelsflotte, geordnet nach Schiffstypen (Stand jeweils 1. Januar). © maribus (nach UNCTAD, Lloyd’s Register – Fairplay)

Zusatzinfo Wichtige Fach­be­griffe des See­ver­kehrs in Kürze

Die modernen Schiffe – groß, schnell und hoch spezialisiert

Zum Wachstum des Weltseeverkehrs haben auch schiffsspezifische Innovationen beigetragen. Folgende Aspekte sind von Bedeutung:

Größe: Die durchschnittliche Größe der Schiffe hat deutlich zugenommen. Größere Schiffe reduzieren die auf Ladungseinheiten bezogenen Kosten für Mannschaft, Treibstoff, Liegegebühren, Versicherung, Wartung und Unterhalt der Schiffe. Die Hafenbetreiber müssen auf zunehmende Schiffsgrößen mit dem Ausbau der Hafen­infrastrukturen (Kaianlagen, Verkehrsanbindung an das Hinterland) und Hafenzufahrten (zum Beispiel durch Vertiefung der Fahrrinne) reagieren. Für sie steigen also die Kosten. Das kann den jeweiligen Eigentümern – meist den Staaten oder Kommunen – erhebliche finanzwirtschaftliche Probleme bereiten, wenn entsprechende Investitionen aus öffentlichen Haushalten finanziert, die Kosten aber nicht voll an die Hafennutzer weitergegeben werden.
Geschwindigkeit: Die Schiffe der Welthandelsflotte können im Durchschnitt mit einer Geschwindigkeit von rund 15 Knoten fahren (1 Knoten = 1 Seemeile pro Stunde = 1,853 Kilometer pro Stunde), also 28 Kilometern pro Stunde, das entspricht etwa 670 Kilometern pro Tag. Jüngere Schiffe leisten 25 bis 30 Knoten (45 bis 55 Kilometer pro Stunde). Immerhin hat sich der Schiffsantrieb seit Erfindung des Schraubenpropellers deutlich verbessert, insbesondere durch den Einsatz von Doppelpropellern. Der Höhepunkt dieser Entwicklung war schon in den 1970er Jahren erreicht. Noch höhere Geschwindigkeiten zu erzielen bleibt eine Herausforderung und wäre ausgesprochen kostspielig. Experten sehen deshalb nur begrenzt weitere Verbesserungen der Durchschnittsgeschwindigkeit in der Handelsschifffahrt voraus.
8.3 > Stückgutschiffe sind die Spezialisten der Seefahrt. Sie transportieren zu einem großen Teil voluminöse und sperrige Güter, die nicht in Standardcontainer passen. Zur Ladung zählen unter anderem sogenannte Schwer- und Projektgüter für größere Bauvorhaben wie etwa Kraftwerke, Offshore-Anlagen oder auch Tage- und Bergbautechnik. Mitunter wiegen einzelne Stückgüter mehr als 1000 Tonnen.  © maribus (nach Beluga Shipping GmbH) Stückgutschiff

8.3 > Die Tragfähigkeit der weltweiten Öltanker-Flotte ist enorm: Im Jahr 2009 betrug sie 418 Millionen Tonnen. Damit sind die Öltanker neben den Massengutfrachtern die wichtigsten Lastesel der Welthandelsflotte.   © maribus (nach Schulte Group/www.eiga.de) Öltanker

8.3 > Die gesamte Tragfähigkeit der Fahrgast- und Kreuzfahrtschiffe ist mit einem Prozent zwar relativ gering. Die Branche aber boomt und ist für die Touristikunternehmen längst zu einem lukrativen und wachsenden Geschäft geworden. Der Krise zum Trotz stellen die großen Werften nach wie vor immer größere und ausgefeiltere Schiffe fertig.  © maribus (nach TUI Cruises GmbH) Kreuzfahrtschiff

8.3 > Die Containerschifffahrt hat in den vergangenen Jahrzehnten erheblich an Bedeutung gewonnen. Einheitliche Containergrößen machen das Löschen der Ladung sowie das Umladen auf Lkw und Eisenbahnen unschlagbar schnell. Was die Tragfähigkeit betrifft, haben die Containerschiffe den Stückgutschiffen längst den Rang abgelaufen.  © maribus (nach Rickmers Holding GmbH & Cie. KG) Containerschiff

8.3 > Wie die Öltanker auch hatten Massengutfrachter im Jahr 2009 einen Anteil von 35 Prozent an der gesamten Tragfähigkeit der Welthandelsflotte. Die Schiffe transportieren Güter wie Erz, Kohle oder Getreide. Die Haupttransportwege der Erze führen von Südamerika nach Europa und Japan oder von Australien nach Japan. Die Hauptrouten für Kohle führen unter anderem von den wichtigsten Exporteuren Australien und Südafrika nach Westeuropa und Japan.  © maribus (nach Rickmers Holding GmbH & Cie. KG) Massengutfrachter

8.3 > Die Welthandelsflotte setzt sich zum größten Teil aus fünf Schiffstypen zusammen: den Stückgutschiffen wie etwa Schwerlast- und Mehrzweckschiffen, die Maschinenteile oder sogar Yachten transportieren; Öltankern, Massengutfrachtern (Bulk Carriers), die über Ladeluken beladen werden; Fahrgastschiffen wie etwa Kreuzfahrtschiffen sowie den Containerschiffen. Alle anderen Schiffstypen wie etwa Autotransporter machen insgesamt nur etwa 5 Prozent der Flotte aus.

Design: Das Design der Schiffe hat sich fundamental verändert – vom Holzschiff zum Stahlschiff und weiter zu Schiffen, die weitgehend aus Aluminium und Verbundmaterialien bestehen. Ziel der Designinnovationen war es, den Energieverbrauch und die Baukosten drastisch zu senken und gleichzeitig die Sicherheit zu erhöhen.

Spezialisierung: Spezialisierungen im Schiffbau haben den Weltseeverkehr stark verändert. Es wurden zunehmend spezielle Schiffe für verschiedene Ladungen gebaut:
  • Tanker für Rohöl, Ölprodukte, Chemikalien, Flüssiggas oder auch Fruchtsaftkonzentrat;
  • Massengutfrachter für Massenschüttgüter wie Erz, Kohle, Getreide (Bulk Carrier);
  • Massengutfracher für Massenstückgüter wie Kraftfahrzeuge und Eisen;
  • Kühlschiffe für Fruchttransporte aus Ländern der Südhalbkugel;
  • Stückgutschiffe (General Cargo Ships);
  • Containerschiffe, die auf längeren Strecken zunehmend die Aufgaben der Stückgutschiffe übernehmen;
  • Fährschiffe mit Lkw-Beförderung sowie Roll-on/Roll-off-Schiffe (Ro-Ro Ships), bei denen die Ladung mit Sattelschleppern an und von Bord gerollt wird – beide übernehmen die Aufgaben der Stückgutschiffe auf kürzeren Strecken.
Mit der Spezialisierung sanken beispielsweise durch be­­schl­eu­nigten Ladungsumschlag die Kosten je transportierter Einheit. Es wurden also dort, wo Spezialschiffe ausgelastet werden konnten, steigende Skalenerträge realisiert.

Automatisierung: Im Schiffbau und Schiffsbetrieb wurden verschiedene Automatisierungstechnologien eingeführt: selbststeuernde Be- und Entladungssysteme, computergestützte Navigation und das Global Positioning System (GPS). Durch die Automatisierung konnte die erfor­derliche Mannschaftsstärke deutlich gesenkt werden. Zugleich erhöhten sich die Sicherheitsstandards erheblich. So ist nach Angaben des Datendienstleisters IHS Fairplay die Zahl der Totalverluste von Schiffen (beispielsweise durch Unfälle oder Untergang) seit Mitte der 1990er Jahre von mehr als 200 pro Jahr auf rund 150 gesunken – vor dem Hintergrund der stark gewachsenen Flotte also eine beachtliche Erhöhung der Sicherheit.
Der Seeverkehr boomte über viele Jahre. Im Jahr 2007 überschritt die über See beförderte Ladung erstmals die 8-Milliarden-Tonnen-Marke. Der Weltseeverkehr hatte sich damit gegenüber 1990 verdoppelt (jährliche durchschnittliche Zunahme gut 4 Prozent). Die Transportleis­tung in Tonnen-Seemeilen (tsm) verdoppelte sich im gleichen Zeitraum ebenfalls annähernd auf fast 33 Billionen tsm. Die Weltwirtschaftskrise 2008/2009 dämpfte den pros­perierenden Welthandel und damit den Weltseeverkehr enorm: Der Welthandel brach – nach einem bescheidenen Anstieg von knapp 3 Prozent im Jahr 2008 – 2009 um rund 14 Prozent ein. Die Frachtraten sanken auf vielen Teilmärkten auf historische Tiefststände. So lagen zu Beginn des Jahres 2009 beispielsweise weltweit rund 9 Prozent der Massengutfrachter beschäftigungslos in Häfen oder Buchten und kehren nun in 2010 nur langsam wieder auf den Transportmarkt zurück.

Zusatzinfo Die Container-Revolution

Was Schiffe laden – Öl, Container und Trockenfracht

Die Seeschifffahrt lässt sich grob in zwei Teilmärkte untergliedern: zum einen den Markt für Flüssigladungen wie Öl und Ölprodukte, zum anderen den Markt für trockene Ladungen. Die Trockenladungen wiederum setzen sich aus Massenschütt- und Massenstückgütern (englisch: bulks) zusammen, von denen die fünf wichtigsten Eisenerz, Kohle, Getreide, Phosphat und Bauxit sind. Die sons­tige Trockenladung besteht aus weiteren Schüttgütern wie etwa Nichteisen-Metallerzen, Futter- und Düngemitteln, darüber hinaus aber vor allem aus zu kleineren Transporteinheiten gebündelten Gütern aller Art. Letztere werden als Stückgüter bezeichnet und heute meist in Containern und regelmäßig in der Linienschifffahrt befördert, die feste Routen nach angekündigten Fahrplänen bedient. Sie bietet ihre Leistungen meist zu festen Konditionen an, die auf sogenannten Konferenzen zwischen Wettbewerbern vereinbart werden.
Das weltweit bedeutendste einzelne Transportgut ist Rohöl, das allein etwa ein Viertel der Ladungen aller Seetransporte ausmacht. Die wichtigsten Importeure sind die Europäische Union, die Vereinigten Staaten von Amerika und Japan. Alle drei werden aus dem Mittleren Osten, dem wichtigsten Ölfördergebiet, beliefert. Darüber hinaus bezieht Nordamerika noch Öl aus Westafrika und der Karibik. Europa wiederum importiert aus Nord- und Westafrika. Die Haupttransportrouten verlaufen daher vom Arabischen Golf westwärts um das Kap der Guten Hoffnung oder durch den Suezkanal sowie von Afrika nord- und westwärts nach Europa oder Nordamerika. Ferner verlaufen Transportrouten vom Arabischen Golf ostwärts nach Ostasien und von der Karibik zur Golfküste der Vereinig­ten Staaten.

Zusatzinfo Die Last mit den Leerfahrten – unausgeglichene Ladungsbilanzen

Freilich wird nicht nur Rohöl per Schiff transportiert. So bringen kleinere, spezialisierte Schiffe (Produktentanker) weiter aufbereitete Ölprodukte wie etwa Benzin von bedeutenden peripheren Raffineriestandorten in die Verbrauchsgebiete Nordamerikas oder Japans. Im Jahr 2007 waren es weltweit etwa 815 Millionen Tonnen.
Unter den trockenen Massengütern haben Eisenerz und Kohle rein mengenmäßig eine besondere Bedeutung. Eisenerz wird in sehr großen Schiffen über längere Strecken hauptsächlich von Brasilien nach Westeuropa und Japan sowie von Australien nach Japan transportiert. Die bedeutendsten Transportwege der Kohle verlaufen von den beiden Hauptexportländern Australien und Südafrika nach Westeuropa und Japan, ferner von Kolumbien und der US-Ostküste nach Westeuropa sowie von Indonesien und der US-Westküste nach Japan.
Der größere Teil der transportierten Kohle wird als Kesselkohle zur Energieerzeugung in Kraftwerken verwendet. Ein Drittel der weltweit verschifften Kohle wird als Kokskohle zur Verhüttung in der Eisen- und Stahlindustrie eingesetzt.
Zu den trockenen Massengütern rechnet man auch die Getreide und Ölsaaten (Weizen, Gerste, Roggen, Hafer, Sorghum oder Sojabohnen). Hier schwanken die Mengen und Richtungen der Transporte allerdings je nach Erntezeiten und -ergebnissen sehr viel stärker als bei den anderen wichtigen Massengütern. Vor allem die USA, Kanada, Argentinien, Australien oder auch Frankreich sind Getreideexporteure. Wichtige Importgebiete sind infolge häufiger lokaler Mangelsituationen vor allem Afrika und Ost­asien. Zwar verbrauchen die Hauptgetreideproduzenten (Vereinigte Staaten, Russland, China, Indien) ihre Produktion zum größten Teil oder sogar gänzlich im eigenen Land. Dennoch sind die verbleibenden weltweit gehandelten Getreidemengen so groß, dass Getreide zu den Massenschüttgütern gezählt wird.
8.4 > In den kommenden Jahren werden weitere riesige Containerschiffe vom Stapel laufen und in Dienst gestellt. Vermutlich wird dadurch die Gesamtkapazität der Handelsflotte die Nachfrage für längere Zeit übersteigen. © Thomas Grimm/ plainpicture 8.4 > In den kommenden Jahren werden weitere riesige Containerschiffe vom Stapel laufen und in Dienst gestellt. Vermutlich wird dadurch die Gesamtkapazität der Handelsflotte die Nachfrage für längere Zeit übersteigen.
Die intensivierte internationale Arbeitsteilung, beispiels­weise in der Automobilproduktion, hat dazu geführt, dass auch Stückgüter wie etwa Autos oder Autoteile als Massenstückgüter in so großen Mengen anfallen, dass sie in ganzen Schiffsladungen außerhalb der Linienschifffahrt mit entsprechend spezialisierten Schiffen befördert werden können. Zu diesem auch als Spezialschifffahrt bezeichneten Zweig gehören beispielsweise große Autotrans­porter oder Spezialtanker für Chemikalien oder Fruchtsaftkonzentrat, die heute auf Kontraktbasis linienartig verkehren.
Die sonstigen Trockenladungen werden heute vor allem mit Containern transportiert. Diese standardisierten Boxen haben eine Flut von technischen Innovationen an der Transporthardware (zum Beispiel Spezialkräne an den Umschlagstellen) und grundlegenden organisatorischen Innovationen mit sich gebracht. Da die Boxen standardisiert sind, können sie mit jedem beliebigen Transportmittel befördert und zügig auf Lastwagen oder Eisenbahnwaggons umgeladen werden, die über die entsprechenden Halterungen verfügen. Aus ökonomischer Sicht brachte dies eine dramatische Senkung der Transportkosten mit sich, vor allem durch das beschleunigte Be- und Entladen. Für einen effizienten Einsatz der Container waren Investitionen entlang der ganzen Transportkette erforderlich, die Kapitalintensität nahm dadurch deutlich zu. Die Arbeitsintensität wurde hingegen nachhaltig vermindert, da relativ weniger Schauerleute zum Be- und Entladen gebraucht wurden.
Der weltweite Gütertransport in Containern auf See hat seit 1985 jährlich um rund 10 Prozent auf 1,3 Milliarden Tonnen (2008) zugenommen. Sein Anteil an der Beförderung aller Trockenladungen stieg dabei von 7,4 Prozent auf 25 Prozent. Im Jahr 2008 wurden 137 Millionen Container, gemessen in TEU, über die Meere befördert. Im Jahr 2009 ging die Zahl dann allerdings um ungefähr 10 Prozent zurück.
Die typischen Kosten für den Transport eines TEU von Asien nach Europa, der mehr als 20 Tonnen Fracht enthält, entsprechen grob gerechnet den Kosten eines einfachen Fluges in der Economy Class auf derselben Route. Heruntergebrochen auf typische Güter des täglichen Bedarfs wie etwa Elektrogeräte, machen die Transportkos­ten zumeist weniger als 1 Prozent des Verkaufspreises aus.

8.5 > Die Containerisierung der Seefahrt hat das Löschen der Ladung enorm beschleunigt. © Cultura/plainpicture 8.5 > Die Containerisierung der Seefahrt hat das Löschen der Ladung enorm beschleunigt.

Die wichtigsten Routen des Weltseeverkehrs

Fasst man alle Handelsgüter zusammen, dann ergeben sich relativ wenige Hauptverkehrsrouten, die sich durch wenige Teilgebiete der Weltmeere ziehen. Am dichtesten befahren sind weltweit die Zufahrten zu den Häfen Europas und Ostasiens, insbesondere zu den japanischen Häfen, nach Shanghai, Singapur und Hongkong, und den Vereinigten Staaten. Vor allem die US-Ostküste ist Hauptempfänger und -versender von Ladungen. Meerengen führen zu einer zusätzlichen Konzentration des Schiffsverkehrs. Neuralgische Punkte sind die Straßen von Dover, Gibraltar, Malakka, Lombok und Hormus, aber auch das Kap der Guten Hoffnung an der Südküste Afrikas. In diesen Meerengen ballt sich der Verkehr, und das macht ihn auch anfällig für Störungen wie zum Beispiel Übergriffe durch Piraten.
8.6 > Die Hauptrouten des weltweiten Containerverkehrs über die Meere. Die Zahlen geben die Menge der 2007 transportierten TEUs in Millionen Stück an
8.6 > Die Hauptrouten des weltweiten Containerverkehrs über die Meere. Die Zahlen geben die Menge der 2007 transportierten TEUs in Millionen Stück an. © maribus (nach UNCTAD, 2008)
Für den Verkehr mit Asien sind – entsprechend den Handelsbilanzen – unausgeglichene Ladungsbilanzen kennzeichnend. Dabei ist das aus Asien stammende Ladungsaufkommen größer als das der Gegenrichtung. Auf der Pazifikroute war das Ungleichgewicht mit fast 10 Millionen TEU (2007) besonders ausgeprägt. Von Asien nach Europa betrug es fast 8 Millionen TEU. Im Nordatlantikverkehr zwischen den hoch entwickelten Volkswirtschaften Nordamerikas und Europas war das Ungleichgewicht mit knapp 2 Millionen TEU deutlich geringer. Grund für diese Verteilung der Transporte ist die Tatsache, dass seit Mitte der 1980er Jahre viele Fertigungsprozesse aus den traditionellen Industrieländern in die aufstrebenden Entwicklungs- und Schwellenländer verlagert wurden, insbesondere nach China und in die südostasiatischen Länder. Bei den herrschenden Wechselkursen hat sich vor allem China zur kostengünstigen Werkbank der Welt entwickelt. Dieser Prozess ist durch die Einführung des Containers und die damit verbundene erhebliche Produktivitätssteigerung im Seetransport gefördert worden. Die Kosten für den Transport zwischen dem Ort der Herstellung und des Verbrauchs der Waren wurden damit entscheidend reduziert. Zum Wachstum des Containerverkehrs hat außerdem beigetragen, dass bislang noch kon­­ventionell transportierte Trockenladungen wie zum Beispiel Auto- und Maschinenteile zunehmend containerisiert wurden. Bis zum Ausbruch der Weltwirtschaftskrise war die Nachfrage nach neuen Schiffen groß gewesen. Mit der Krise aber wendete sich das Blatt, viele Unternehmen stornierten ihre Aufträge zum Bau neuer Schiffe. Dennoch ist davon auszugehen, dass das Angebot an Seetransportkapazität durch die Auslieferung fertiggestellter Schiffe in naher Zukunft weiter zunehmen und die Nachfrage übersteigen wird. Das dürfte eine rasche Erhöhung der Frachtraten von den gegenwärtigen Tiefstständen vermutlich spürbar hemmen. Textende