Das ungenutzte Klimaschutz- potenzial der Ökosysteme an Land
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WOR 8 Klimaretter Ozean? Wie das Meer (noch) mehr Kohlendioxid aufnehmen soll | 2024

Wälder, Wiesen und Böden als Kohlenstoffspeicher

Wälder, Wiesen und Böden als Kohlenstoffspeicher Abb. 3.12: Aleksandar Georgiev/Getty Images

Wälder, Wiesen und Böden als Kohlenstoffspeicher

> „Bäume pflanzen“ heißt es oft, wann immer gefragt wird, wie die Natur uns Menschen im Kampf gegen die Klimakrise helfen könnte. Die Antwort ist durchaus valide – nur ist sie nicht die einzige. Fachleute kennen mittlerweile Dutzende Verfahren, mit denen der Mensch der Landvegetation und ihren Böden helfen kann, mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufzunehmen. Voraussetzungen sind jedoch, dass wir sie am richtigen Ort einsetzen, der Natur ausreichend Platz lassen und die Böden schonend behandeln. Nichts davon geschieht bislang im notwendigen Umfang.

Bodenkohlenstoff
Als „Bodenkohlenstoff“ wird der messbare Kohlenstoffanteil der organischen Substanz im Boden bezeichnet. Er umfasst die lebende und tote Biomasse und macht etwa zwei bis zehn Prozent der Bodenmasse aus. Der Vorrat an Bodenkohlenstoff ist Grundlage für wichtige Leistungen des Bodens – etwa für das Speichern und Zurverfügungstellen von Wasser und Nährstoffen sowie für den Abbau von Schadstoffen.

Natürliche Klimalösungen

Obwohl die Kohlendioxidkonzentration in der Erdatmosphäre seit Jahrzehnten stetig steigt, macht das Kohlendioxid selbst nur einen sehr geringen Teil der Luft aus. Sein Volumenanteil liegt bei 0,04 Prozent. Wollte man der Atmosphäre einen Kubikmeter Kohlendioxid entnehmen, müsste man dafür mindestens 2500 Kubikmeter Luft filtern. Für eine Tonne Kohlendioxid wären es rund 1,27 Millionen Kubikmeter Luft, selbst wenn eine einhundertprozentige Filterleistung erreicht würde.
Technische Anlagen, die Kohlendioxid aus der Luft entfernen können, sind teuer und verbrauchen viel Energie. Aus diesem Grund setzen viele Fachleute auf sogenannte natürliche Klimalösungen (Natural Climate Solutions, NCS). Gemeint sind Maßnahmen, mit denen sich die natürliche Kohlendioxidaufnahme und Kohlenstoffeinlagerung des Ozeans, der Landflächen und ihrer jeweiligen Vegetation verstärken oder aber künftige Treibhausgasemissionen vermeiden lassen.
Die Bezeichnung „natürlich“ bedeutet dabei aber nicht automatisch, dass alle entsprechenden Maßnahmen langfristig nachhaltig oder umweltschonend sind. Ein Beispiel: Das großflächige Anpflanzen von Baumplantagen (Monokulturen) zählt durchaus zu den natürlichen Klimalösungen, geht aber zulasten der Artenvielfalt. Zudem speichern Plantagenwälder langfristig deutlich weniger Kohlenstoff als ein artenreicher, auf natürliche Weise gewachsener Mischwald. Aus diesem Grund verweisen Experten inzwischen mit großer Vehemenz darauf, dass jegliche Maßnahmen zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen oder Kohlendioxid-Entnahme aus der Atmosphäre auch auf ihre Auswirkungen auf die Natur und die betroffenen Menschen hin überprüft und mögliche Risiken gegen den potenziellen Nutzen abgewogen werden müssen. Bestenfalls profitieren alle drei – Klima, Natur und Menschheit.
Im Mittelpunkt der Diskussion über natürliche Klimalösungen standen bislang vor allem Wälder, Feuchtgebiete, Savannen und Graslandschaften der Erde, weil der Mensch durch die Art und Weise, wie er diese Ökosysteme nutzt, den Kohlenstoffkreislauf der Erde und somit auch das Klima maßgeblich beeinflusst.

Landnutzungsänderungen beeinflussen das Klima global und lokal

Welche Auswirkungen Landnutzungsänderungen auf das Klima haben, ist mittlerweile sehr gut verstanden. Auf globaler Ebene rufen sie vor allem Veränderungen in der Bilanz wichtiger Treibhausgase wie Kohlendioxid, Lachgas und Methan hervor. Kohlendioxid beispielsweise wird in großen Mengen freigesetzt, wenn der Mensch Wälder (brand-)rodet, natürliche Graslandschaften und Feuchtgebiete in Ackerland umwandelt, Moore trockenlegt oder Weiden und Felder derart übernutzt, dass sie immer weniger in der Lage sind, Bodenkohlenstoff zu speichern und eine Vegetation auszubilden. Verstärkt wird die Kohlendioxidaufnahme der Landvegetation hingegen, wenn Wälder (wieder-)aufgeforstet werden, auf natürlichem Wege nachwachsen oder wenn die Beweidung natürlicher Graslandschaften aufgegeben wird und sich die heimische Tier- und Pflanzengemeinschaft erholen kann.
Methan- und Lachgasemissionen entstehen vor allem in der Landwirtschaft. Lachgas wird freigesetzt, wenn stickstoffhaltige Düngemittel zum Einsatz kommen, Bauern Gülle sammeln und auf den Feldern und Wiesen ausbringen oder Biomasse verbrennen. Methan hingegen entsteht hauptsächlich in der intensiven Nutztierhaltung, beim Reisanbau sowie bei der unvollständigen Verbrennung von Biomasse.
3.1 > Die in den Blättern, Ästen und Zweigen eines Waldes eingelagerten Kohlenstoffmengen sind sehr anfällig für Störungen. Oft reicht ein Waldbrand aus, um sie zu vernichten und in Form von Kohlendioxid oder Aschepartikel wieder freizusetzen.
Abb. 3.1 © Jo-Anne McArthur/We Animals/naturepl.com
Verändert der Mensch die Nutzung der Landvegetation, zieht ein solcher Wandel Veränderungen der physikalischen Oberflächeneigenschaften nach sich, wodurch sich das lokale Klima verändern kann – auf welche Weise, hängt allerdings vom jeweiligen Standort und der Vegetationsart ab. Wird in einer Region zum Beispiel der Wald abgeholzt, ändern sich dort nicht nur das Rückstrahlvermögen der Erdoberfläche und der Grad der Oberflächenrauheit; es sinkt auch die sogenannte „Blattfläche“, über die Wälder zur Verdunstung und Kühlung beitragen. Infolgedessen verändert sich die Strahlungsbilanz der Region und damit wichtige Klimaparameter wie die Oberflächentemperatur, die Verdunstungsrate, die Bodenfeuchtigkeit, die Luftzirkulation, Wärmeflüsse und vieles mehr.
Welches Ausmaß lokale Klimaveränderungen infolge einer veränderten Landnutzung haben können, zeigen die Rodungen im Amazonas-Regenwald. Dieser war aufgrund seiner riesigen Fläche und der hohen Verdunstung bislang in der Lage, sein eigenes niederschlagsreiches Klima auszubilden. Infolge großflächiger Abholzungen und Brandrodungen aber ist die ursprüngliche Waldfläche seit den 1980er-Jahren derart geschrumpft, dass die waldeigene Verdunstung nicht mehr ausreicht, genügend Niederschläge zu produzieren. Trockenheit und Dürre nehmen zu, die Waldbrandgefahr steigt, sodass der verbleibende Regenwald mittlerweile Gefahr läuft, sich in einen Trockenwald zu verwandeln. Dieser sequestriert dann nicht nur deutlich weniger Kohlenstoff als der bisherige Regenwald, er ist auch anfälliger für Feuer.
3.2 > Der Gesamt-Kohlendioxidausstoß infolge von Landnutzungsänderungen hat in den zurückliegenden Jahren leicht abgenommen. Die Rekordemissionen im Jahr 1997 waren auf Waldbrände in Indonesien zurückzuführen, ausgelöst durch Dürre und menschlichen Raubbau an Wald- und Feuchtgebieten.
Abb. 3.2 © nach Friedlingstein et al. 2022 (Global Carbon Project 2022)

 

3.3 > Kohlendioxidemissionen infolge von Abholzungen und Brandrodungen machten auch im Jahr 2021 den Großteil der Emissionen durch Landnutzungsänderungen aus. Sie konnten nur in etwa zur Hälfte durch (Wieder-)Aufforstungsmaßnahmen und eine nachhaltige Waldbewirtschaftung kompensiert werden.
Abb. 3.3 © nach Friedlingstein et al. 2022 (Global Carbon Project 2022)

 

3.4 > In allen Regionen der Welt, abgesehen von Europa, wurden im Zeitraum von 2000 bis 2018 Wälder vornehmlich gerodet, um Acker- oder Weideland zu gewinnen. In Europa hingegen überwogen sonstige Gründe wie etwa der Bau von Wohngebieten und Straßen.
Abb. 3.4 © nach FAO Forest Report 2022

 

3.5 > Nahezu 90 Prozent der im Zeitraum von 2000 bis 2018 gerodeten Waldflächen weltweit werden heute als Acker- oder Weideland genutzt. Die restlichen Flächen wurden in Bauland umgewandelt oder gingen verloren, weil zum Beispiel Staudämme oder Tagebaue angelegt wurden.
Abb. 3.5 © nach FAO Forest Report 2022

Die Landvegetation und ihre Böden als Kohlendioxidquelle und -senke

Forschende untersuchen die Auswirkungen von Landnutzungsänderungen auf die Treibhausgasbilanz der Erde mit einer Vielzahl von Methoden. Zu ihren wichtigsten Werkzeugen gehören Vegetations- und Klimamodelle sowie Vegetationsdaten aus Satellitenbeobachtungen. Erschwert wird ihre Arbeit jedoch dadurch, dass es bislang bei der Aufzeichnung globaler Beobachtungsdaten nicht gelingt, klar zwischen natürlichen und vom Menschen verursachten Veränderungsprozessen zu unterscheiden, weil diese oftmals zeitgleich ablaufen. Beobachten Fachleute auf Satellitendaten zum Beispiel einen Rückgang der Waldbedeckung in einer Region, kann dieser zum einen durch Abholzungen verursacht worden sein. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass die Bäume infolge eines Schädlingsbefalls oder aufgrund klimatischer Veränderungen abgestorben sind. Angaben zur globalen Kohlenstoffbilanz der Landvegetation und zu möglichen Veränderungen sind daher immer noch mit Unsicherheiten behaftet.
3.6 > Seit der Jahrtausendwende hat die Welt schon rund fünf Millionen Hektar Waldfläche pro Jahr verloren, die meisten Flächen davon in den Tropen. Rund 60 Prozent der Rodungen in tropischen Regenwäldern sind auf die Produktion von Rindfleisch, Palmöl und Soja zurückzuführen. Da diese Produkte im großen Stil exportiert werden, sind Bürger aus den Industrieländern für einen nicht unwesentlichen Teil der Abholzungen in den Tropen indirekt mitverantwortlich.
Abb. 3.6 © nach Hannah Ritchie/OurWorldinData.org, CC BY 4.0

 

Nichtsdestotrotz haben Forschende inzwischen eine klare Vorstellung davon, wie entscheidend die Landvegetation und die dazugehörigen Böden für den natürlichen Kohlenstoffkreislauf der Erde sind und welche Rolle sie bestenfalls im Kampf gegen den Klimawandel spielen können. Experten des internationalen Global Carbon Project bilanzieren mittlerweile im Jahresrhythmus, wie viel Kohlendioxid bisher durch die Verbrennung fossiler Rohstoffe sowie durch Landnutzungsänderungen freigesetzt wurde und welchen Anteil davon die Landvegetation und der Ozean auf natürliche Weise aufgenommen haben.
Abb. 3.7 © plainpicture/Emma Grann

 

3.7 > Wie dieser Küstenwald in Norwegen gehören rund 28 Prozent der weltweiten Wälder zum borealen Nadelwald – einem Ökosystem, welches vornehmlich aus Nadelbaumarten wie Kiefer, Fichte und Tanne besteht und sich über acht Staaten erstreckt: Kanada, China, Finnland, Japan, Norwegen, Russland, Schweden und die USA.
Ihren Angaben zufolge haben weltweite Landnutzungsänderungen im Jahr 2022 in der Summe zu einer Freisetzung von knapp 3,9 Milliarden Tonnen Kohlendioxid geführt. Damit machen Kohlendioxidemissionen durch Landnutzungsänderungen etwa ein Zehntel der vom Menschen verursachten Gesamt-Kohlendioxidemissionen aus. Als Ursache führen Fachleute vor allem die anhaltend hohen Waldrodungen und -brände an. Deren Kohlendioxid-Freisetzung (6,59 Milliarden Tonnen) konnte nur zur Hälfte durch die zusätzliche Kohlendioxidaufnahme neuer, wiederaufgeforsteter oder nunmehr nachhaltig bewirtschafteter Wälder (3,3 Milliarden Tonnen) kompensiert werden. Kohlendioxidemissionen, verursacht durch Torfbrände, Bodenübernutzung oder aber durch das Trockenlegen von Feuchtgebieten, spielten in der Gesamtbilanz nur eine untergeordnete Rolle.
Ungeachtet aller Landnutzungsänderungen fungieren Wälder, Feuchtgebiete, Graslandschaften und Felder dennoch als natürliche Kohlenstoffsenke und bremsen somit den Klimawandel. Das heißt, sie nehmen in der Summe mehr Kohlenstoff aus der Atmosphäre auf, als sie freisetzen. Nach Aussage des Global Carbon Project hat die globale Landvegetation seit dem Jahr 1850 rund 31 Prozent der vom Menschen verursachten Kohlendioxidemissionen aufgenommen und im Untergrund oder aber in ihrer Biomasse eingelagert. Den größten Anteil an dieser Kohlenstoff-Sequestrierung hatten Waldökosysteme einschließlich ihrer Böden. Im Zeitraum von 2012 bis 2021 belief sich die Kohlendioxidaufnahme der Landvegetation in der Summe auf 11,4 Milliarden Tonnen pro Jahr– 1,4 Milliarden Tonnen mehr als noch in den 2000er-Jahren. Für das Jahr 2022 deuten vorläufige Analyseergebnisse auf einen Anstieg auf 12,4 Milliarden Tonnen Kohlendioxid hin.

Der Düngeeffekt einer steigenden Kohlendioxidkonzentration

Überrascht hat die steigende Kohlendioxidaufnahme keinen der Experten. Im Gegenteil, sie bestätigt einen Langfristtrend. Die Pflanzengemeinschaften an Land haben in den zurückliegenden 60 Jahren stetig mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufgenommen und den enthaltenen Kohlenstoff in ihrer Biomasse eingebaut oder, vereinfacht gesagt: Die Pflanzen sind besser gewachsen. Der Grund dafür ist der sogenannte Düngeeffekt der steigenden atmosphärischen Kohlendioxidkonzentration auf die Landvegetation, der sich nach Angaben des Weltklimarates seit den 1980er-Jahren im globalen Kohlenstoffkreislauf nachweisen lässt. In einfachen Worten beschrieben, erleichtert die höhere Kohlendioxidkonzentration in der Erdatmosphäre den Pflanzen die Fotosynthese. Ihre Syntheserate steigt, die Pflanzen wachsen demzufolge besser. Gleichzeitig reduziert sich durch die effizientere Fotosynthese die Wassermenge, die für die Produktion einer bestimmen Menge Biomasse benötigt wird. Die Pflanzen müssen nämlich ihre Blatt-Spaltöffnungen weniger weit öffnen, um ausreichend Kohlendioxid aus der Luft aufzunehmen. Durch die kleineren Spaltöffnungen wiederum verdunstet automatisch weniger Wasser als bei weit geöffneten Spaltöffnungen, weshalb die Pflanzen ihre Wasserreserven effizienter einsetzen können. Aufgrund der globalen Erwärmung hat sich zudem die Wachstumsperiode vor allem in der nördlichen Hemisphäre verlängert, wodurch die Kohlendioxidaufnahme der Landvegetation abermals gestiegen ist.
Ob diese Entwicklung jedoch andauert, ist fraglich, denn das Pflanzenwachstum hängt nicht nur allein von der Fotosynthese ab. Entscheidend sind außerdem die verfügbaren Wasser- und Nährstoffmengen, die Temperatur und eine Reihe anderer Umweltfaktoren. Neue Forschung zeigt zudem, dass eine Zunahme der Fotosynthese nicht automatisch bedeutet, dass zum Beispiel Bäume den im Kohlendioxid enthaltenen Kohlenstoff auch wirklich umfassend in ihre Biomasse (Blätter, Zweige, Stamm, Wurzelwerk) einbauen und somit der Atmosphäre für längere Zeit entziehen. Die Prozesse und Wirkungszusammenhänge scheinen viel komplizierter zu sein, als man bislang dachte.

Emissionsreduktion von Treibhausgasen oder Entnahme von Kohlendioxid – ein entscheidender Unterschied

Drei Viertel der eisfreien Landflächen unserer Erde werden mittlerweile vom Menschen genutzt und gestaltet. Das heißt, ihre ursprüngliche Vegetation wurde verändert, indem der Mensch Urwälder rodete, Moore trockenlegte und Graslandschaften umbrach oder sie fortan als Bauland oder als Weiden für Rinder, Ziegen und Schafe nutzte.
85 Prozent aller einstigen Feuchtgebiete gelten heutzutage als zerstört. Durch diese flächendeckende Veränderung der Landoberfläche und ihrer Vegetation hat der Mensch die natürlichen Kohlenstofflagerstätten der terrestrischen Ökosysteme im Laufe seiner Geschichte mehr als halbiert. Sie sind von ursprünglich etwa 916 Milliarden Tonnen Kohlenstoff auf aktuell 450 Milliarden Tonnen geschrumpft.
Um das Ziel der Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2050 zu erreichen, müssen die natürlichen Kohlenstoffspeicher der Landvegetation wieder massiv anwachsen. Das heißt, es bedarf einer Landnutzung, die künftige Emissionen aus der Land- und Forstwirtschaft verhindert und gleichzeitig sicherstellt, dass die Landvegetation zusätzliches Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen kann. In der öffentlichen Debatte wird an dieser Stelle oft nicht klar getrennt und selbst Fachleute werfen Maßnahmen zur Emissionsreduktion von Treibhausgasen mit Verfahren zur Kohlendioxid-Entnahme häufig in einen Topf – meist unter der englischen Bezeichnung „mitigation options“ (Maßnahmen zur Klimawandel-Minderung).
Zur Erinnerung: Als Maßnahmen zur Kohlendioxid-Entnahme (Carbon Dioxide Removal, CDR) gelten per Definition nur Handlungen des Menschen, die zu einer verstärkten Kohlendioxidaufnahme aus der Atmosphäre führen. Die Vermeidung künftiger Emissionen hat für den Klimaschutz jedoch eine noch sehr viel höhere Priorität, denn je mehr Emissionen wir vermeiden, desto weniger Kohlendioxid müssen wir wiederum am Ende der Atmosphäre entnehmen.
3.8 > Rund 120 000 Rinder leben in der größten Rinder-mastanlage der Welt. Sie wird von der US-amerikanischen Firma Monfort Beef im US-Bundesstaat Colorado betrieben.
Abb. 3.8 © Glowimages/Getty Images
Die effektivste und kostengünstigste Methode, Emissionen durch Landnutzungsänderungen zu vermeiden, sind der Schutz existierender Wälder, Graslandschaften, Feuchtgebiete und kohlenstoffreicher Böden vor Zerstörung, Übernutzung und Feuer. Soll parallel dazu eine verstärkte Kohlenstoffaufnahme und -einlagerung erzielt werden, muss der Mensch obendrein zerstörte, geschädigte oder übernutzte Landökosysteme wiederherstellen und langfristig nachhaltig nutzen. Richtig umgesetzt, so der Weltklimarat, ließen sich durch nachhaltige Land- und Forstwirtschaft, durch Maßnahmen zur Kohlenstoffanreicherung im Boden sowie durch ein verändertes Konsumverhalten etwa 20 bis 30 Prozent jener Treibhausgas-Emissionseinsparungen und Kohlendioxid-Entnahmen erreichen, die bis zum Jahr 2050 benötigt werden, um die globale Erwärmung langfristig auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.
Eine nachhaltige Landnutzung und der fachgerechte Einsatz landbasierter CDR-Verfahren brächte in vielen Fällen weitere Vorteile für Natur und Mensch: Durch den Schutz und die Wiederherstellung natürlicher Ökosysteme stärkt der Mensch die globale Artenvielfalt und die Gesundheit der Wälder, Graslandschaften und Feucht­gebiete. Es stünden mehr sauberes Wasser und Nahrungsmittel zur Verfügung, die Boden- und Luftqualität würde zunehmen. Im Endeffekt würden wir Menschen in einer gesünderen Umwelt leben und wären obendrein besser in der Lage, uns an die Folgen des Klimawandels anzupassen. Für den Einsatz landbasierter CDR-Verfahren spricht zudem, dass:
  • einige Methoden bereits gut erforscht sind und seit Jahrhunderten für andere Zwecke in der Land- und Forstwirtschaft angewandt werden (zum Beispiel Wiederaufforstung, Maßnahmen zur Erhöhung des Bodenkohlenstoffgehalts etc.);
  • das Klimawandel-Minderungspotenzial der globalen Landvegetation und ihrer Böden hoch ist. Wissenschaftlichen Studien zufolge können durch eine nachhaltige Landnutzung und durch den richtigen Einsatz landbasierter CDR-Methoden bis zum Jahr 2050 jährlich Treibhausgas-Emissionseinsparungen und Kohlendioxid-Entnahmen in Höhe von acht bis 14 Milliarden Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente erreicht werden;
  • viele Methoden kostengünstig umsetzbar wären;
  • die Speicherung von Kohlenstoff in Vegetation und Boden von der Öffentlichkeit häufig als naturnah und damit risikoärmer wahrgenommen wird als technische Lösungen.

Die Risiken landgestützter CDR-Methoden

Der Einsatz landbasierter CDR-Verfahren birgt jedoch auch eine Reihe von Risiken für Mensch und Natur. Unsachgemäß geplant und umgesetzt, ziehen bestimmte Methoden einen Rückgang der Artenvielfalt nach sich und gefährden die Funktionsweise der natürlichen Ökosysteme. Wichtige Dienstleistungen der Landvegetation fallen weg, worunter in erster Linie jene Menschen leiden, deren Nahrungs- oder Einkommenserwerb direkt von der Natur abhängen. Oftmals handelt es sich dabei um die lokale Bevölkerung.
3.9 > Infolge der zunehmenden Nutztierhaltung steigt der Methanausstoß in der Landwirtschaft (enterische Fermentation) seit Jahrzehnten an. Er machte im Jahr 2019 rund 23 Prozent der Gesamtemissionen dieses Wirtschaftszweiges aus. Gut zu erkennen: In Afrika, Südamerika und Südostasien sind die Emissionen durch Land- und Forstwirtschaft besonders hoch.
Abb. 3.9 © nach IPCC, 2022, Climate Change 2022: Mitigation of Climate Change. doi:10.1017/9781009157926, Figure 7.3
Drei plakative Beispiele für fehlgeleitete Maßnahmen zur Verstärkung der natürlichen Kohlenstoffsenken an Land sind:
  • die Wiederaufforstung mit Monokulturen (Sie führt in der Regel zu akuter Artenarmut und macht die neuen Wälder anfällig für Krankheiten und Schädlinge. Durch das Anpflanzen ortsfremder Arten, zum Beispiel Eukalyptus in Südeuropa, kann zudem der Wasserbedarf der Vegetation über das gewohnte Maß hinaus steigen, wodurch die Grundwasservorkommen gefährdet werden);
  • die Aufforstung natürlicher Graslandschaften und Savannen (Solche Eingriffe zerstören den Lebensraum vieler speziell angepasster Tier- und Pflanzenarten; sie verändern den lokalen Wasserkreislauf und können den Abbau der großen, im Boden gespeicherten Kohlenstoffmengen beschleunigen);
  • der flächendeckende Anbau von Bioenergiepflanzen wie Mais, ebenfalls in Monokultur und mithilfe großer Mengen Pflanzenschutzmittel (Auch auf diesen Flächen schrumpft die Artenvielfalt auf ein Minimum; die Bodenqualität sinkt und der globale Wettbewerb um produktive Ackerflächen verschärft sich).
Vermeiden lassen sich solche Fehler, indem nachhaltige, vielfaltsfördernde CDR-Maßnahmen favorisiert werden, ihr Einsatz wissenschaftsbasiert geplant wird, dabei alle lokalen Gegebenheiten und deren mögliche Veränderungen (zum Beispiel durch den Klimawandel) berücksichtigt werden. Zudem sollten dem Umwelt-, Arten- und Wasserschutz sowie allen anderen UN-Nachhaltigkeitszielen eine hohe Priorität eingeräumt und Interessenvertreter sowie Experten aus der lokalen Bevölkerung von Anfang an gehört und in alle Entscheidungsprozesse mit eingebunden werden. Man weiß nämlich längst, dass es nicht die eine Lösung für alle Regionen gibt: CDR-Verfahren, die an einem Ort gut funktionierten und die gewünschten Resultate erzeugen, können anderswo Mensch und Umwelt in Mitleidenschaft ziehen. Aus diesem Grund sind eine transparente und faktenbasierte Planung und Entscheidungsfindung so wichtig.

Besteht eine Gefahr für unsere Ernährungssicherheit?

In der öffentlichen Diskussion um den Einsatz von Verfahren zur verstärkten Kohlenstoffaufnahme der Landvegetation geben Fachleute immer wieder zu bedenken, dass der große Flächenbedarf für die benötigte Wiederaufforstung und den Anbau von Energiepflanzen die landwirtschaftliche Lebensmittelproduktion gefährden könnte. In Deutschland beispielsweise müsste Schätzungen zufolge etwa ein Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche aufgeforstet werden, um die schwer vermeidbaren Emissionen des Landes auszugleichen. Global betrachtet würde bis zum Jahr 2050 eine Landfläche so groß wie Indien benötigt, um so viele Wälder zu pflanzen, dass diese der Atmosphäre ausreichend Kohlendioxid entnehmen könnten, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Hinzu kämen bis zum Jahr 2100 dann allerdings noch Flächen für den Anbau von Bioenergiepflanzen – im Größenmaßstab Mexikos. So zumindest lauten die Annahmen in einer Vielzahl wissenschaftlicher Klimaszenarien, in denen das 1,5-Grad-Ziel am Ende erreicht wird. Flächendeckende Renaturierungen müssten vor allem in den tropischen und subtropischen Regionen der Erde stattfinden, weil deren Regenwälder und Feuchtgebiete besonders viel Kohlenstoff binden und speichern. Würde man die erforderlichen Maßnahmen umsetzen, gingen Berechnungen zufolge in Südostasien, Zentralafrika, in der Karibik sowie in Mittelamerika etwa die Hälfte aller heute noch genutzten landwirtschaftlichen Flächen verloren. Infolgedessen würden in den betroffenen Regionen die Konkurrenz um Land und langfristig auch die Lebensmittelpreise steigen. Beides träfe vor allem die Ernährungssicherheit der ärmeren Bevölkerungsgruppen in diesen Regionen.
3.10 > Die Produktion tierischer Lebensmittel wie Rindfleisch, Käse und Milch verursacht besonders hohe Treibhausgasemissionen. Eine fleischarme Ernährung zählt deshalb zu den einfachsten und wirkungsvollsten Methoden, den eigenen Kohlendioxid-Fußabdruck zu verkleinern.
Abb. 3.10 © nach Hannah Ritchie/OurWorldInData.org/environmental-impacts-of-food, CC BY 4.0
Betrachtet man die Frage der Flächennutzung aus der globalen Perspektive, fällt die Antwort nicht ganz so eindeutig aus. In einer großen Metastudie aus dem Jahr 2018 kommen Forschende zu dem Ergebnis, dass für die Produktion von Fleisch, Eiern, Milch und Fisch aus der Aquakulturhaltung etwa 83 Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Flächen in Anspruch genommen werden (Tierhaltung und vor allem Tierfutterproduktion). Würden der weltweite Fleisch- und Milchkonsum drastisch sinken, würden demzufolge große Flächen frei und stünden für Wiederaufforstungs- und Renaturierungsprojekte sowie für den nachhaltigen Anbau von Bioenergiepflanzen zur Verfügung – selbst wenn zur selben Zeit mehr Nutzpflanzen angebaut werden müssten, um den steigenden Bedarf an pflanzlichen Nahrungsmitteln zu decken. Andere Studien deuten darauf hin, dass bei einem gleichbleibenden fleischreichen Ernährungsverhalten und einem unveränderten Landmanagement vor allem der flächendeckende Anbau von Energiepflanzen die langfristige Versorgung der wachsenden Weltbevölkerung mit ausreichend Nahrungsmitteln gefährden könnte.
3.11 > In Untersuchungen aus dem Jahre 2018 zeigte sich, dass bei der Produktion der meisten Nahrungsmittel die höchsten Treibhausgasemissionen durch Landnutzungsänderungen und Hofbewirtschaftung entstanden.
Abb. 3.11 © nach Hannah Ritchie/OurWorldInData.org/food-choice-vs-eating-local, CC-BY 4.0

Die 20 wichtigsten landbasierten Methoden zur Klimawandel-Minderung

Der Weltklimarat unterteilt Verfahren zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen sowie zur verstärkten Kohlendioxidaufnahme der Ökosysteme an Land in vier Kategorien. Sie betreffen (1) Wälder und andere Ökosysteme, (2) die Landwirtschaft, (3) die Biomasseproduktion für Produkte und die Energiegewinnung aus Biomasse sowie (4) Veränderungen des Konsumverhaltens.

Zu den Verfahren für Wälder und Ökosysteme zählen:
  • der Schutz existierender Wälder, (Küsten-)Feuchtgebiete, Moore, Graslandschaften und Savannen vor Übernutzung, Abholzung oder Zerstörung infolge von Landgewinnung, Städtewachstum, Rohstoffabbau, Feuer, Krankheiten oder Schädlingsbefall. Besonderes Augenmerk gilt hier vor allem den tropischen Regenwäldern und Savannen;
  • die Wiederaufforstung geschädigter Wälder sowie eine verbesserte nachhaltige Waldbewirtschaftung mit einem Fokus auf Artenvielfalt und einer verstärkten Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und die Folgen des Klimawandels;
  • die Wiederherstellung geschädigter (Küsten-)Feuchtgebiete, Moore, Graslandschaften und Savannen, beispielsweise durch eine Wiedervernässung und Renaturierung einstmals trockengelegter Flächen oder aber auch durch das Pflanzen neuer Mangrovenwälder und Salzwiesen;
  • ein verbessertes Brandschutzmanagement in Wäldern, Graslandschaften und Savannen, unter anderem durch kontrolliertes Abbrennen des Unterwuchses.

Abb. 3.12 © Aleksandar Georgiev/Getty Images

 

3.12 > Durch intelligente Bewässerungsverfahren und einen gezielten Düngemitteleinsatz lässt sich der Ausstoß von Methan und Lachgas beim Anbau von Reis deutlich reduzieren.
In der Kategorie Landwirtschaft werden gelistet:
  • eine verbesserte Bodenbehandlung auf Ackerflächen zur Sicherung oder Steigerung des Bodenkohlenstoffgehalts. Benötigt werden dafür zum Beispiel eine verbesserte artenreiche Fruchtfolge, die den Anbau von Zwischenfrüchten mit einschließt; der weitgehende Verzicht von Bodenbearbeitungen wie Pflügen und Eggen und die Düngung mit organischen Düngemitteln wie Mist;
  • eine verbesserte Bewirtschaftung von Grünflächen zur Sicherung oder Steigerung des Bodenkohlenstoffgehalts, insbesondere direkt unter der Grasnarbe. Lösungsansätze schließen unter anderem eine extensive Beweidung sowie die Aussaat tiefwurzelnder Gräser mit ein;
  • der zunehmende Einsatz agroforstwirtschaftlicher Landnutzungsformen. Dabei pflanzen Landwirte Bäume, Sträucher und Nutzpflanzen gemeinsam auf demselben Stück Land an, sodass sich im Idealfall verschiedene Synergien ergeben. Die Vorteile in Kürze: Bäume und Sträucher reichern Kohlenstoff in ihrer Biomasse sowie im Erdreich an, verhindern Bodenerosion und verbessern die Wasserqualität. Außerdem spenden sie Schatten, in dem sowohl Nutzpflanzen als auch Herdentiere vor extrem heißen Temperaturen geschützt sind;
  • das Ausbringen von Biokohle aus pflanzlicher Biomasse. Biokohle wird aus Abfällen wie Holzresten, Sägespänen, Stroh und anderer pflanzlicher Biomasse hergestellt – unter Sauerstoffabschluss und bei Temperaturen von 450 bis 550 Grad Celsius. Die kohlenstoffhaltige Biokohle gilt als Bodenverbesserer. Durch sie steigt zum Beispiel die Wasser- und Nährstoffbindung des Erdreiches und wird im Boden gespeicherter Kohlenstoff langsamer abgebaut. Mit Biokohle behandelte Reisfelder emittieren zum Beispiel weniger Lachgas. Einmal auf dem Feld verteilt, erfüllt Biokohle jahrzehntelang, mitunter sogar jahrtausendelang diese wichtigen Funktionen. Der Erfolg ihres Einsatzes hängt dabei allerdings stark von den Bodenverhältnissen sowie vom Ausgangsmaterial ab, aus dem die Biokohle hergestellt wurde;
  • eine Verringerung der enterischen Fermentation. Dahinter verbergen sich Maßnahmen, die den Verdauungsprozess von wiederkäuenden Nutztieren derart beeinflussen, dass weniger Methan entsteht. Dazu gehören zum Beispiel das Verfüttern von Zusatzstoffen oder eine gezielte Zucht von Tieren, die weniger Methan produzieren;
  • eine verbesserte Güllewirtschaft. Sie zielt darauf ab, durch einen verbesserten Umgang mit Gülle die entstehenden Methan- und Lachgasemissionen zu minimieren. Dazu gehören zum Beispiel der Einsatz spezieller Futtermittel, verbesserte Weidehaltung, eine Behandlung der Gülle mit gärungshemmenden Mitteln und optimierte Lagerungsverfahren;
  • eine verbesserte Nährstoffversorgung für Nutzpflanzen. Durch sie können die Emissionen von Lachgas beim Ackerbau reduziert werden. Der Maßnahmenkatalog umfasst verschiedene nachhaltige Düngetechniken sowie den Einsatz unterschiedlicher Düngemittel, darunter auch organischer Dünger wie Kompost oder Mist;
  • ein optimierter Reisanbau, wodurch weniger Methan und Lachgas in die Atmosphäre entweichen. Möglich wird dies unter anderem, indem Bewässerungsverfahren verbessert und Düngemittel gezielter eingesetzt werden.
Kategorie 3 enthält einzig und allein Verfahren, die unter dem Akronym BECCS (Bioenergy with Carbon Capture and Storage) zusammengefasst werden. Gemeint sind Methoden zur Energiegewinnung aus pflanzlicher Biomasse, einschließlich Holz- und Ernterückständen, organischen Abfällen und Biomasse aus herkömmlichen Lebens- und Futtermitteln wie Mais. Diese können zur Emissionsminderung beitragen, wenn erstens die gewonnene Energie für den Antrieb von Motoren (Biotreibstoffe) oder aber für die Wärme- und Stromproduktion genutzt wird und dabei Energie aus fossilen Brennstoffen ersetzt. Zweitens müssen die bei der Verbrennung entstehenden Kohlendioxidemissionen abgeschieden und anschließend sicher und dauerhaft eingelagert werden. Drittens sollte die Biomasse auf eine Art und Weise angebaut oder erzeugt werden, die keine zusätzlichen Treibhausgasemissionen verursacht und keine anderen negativen Auswirkungen auf Menschen und Natur nach sich zieht.

Verfahren für Veränderungen des Konsumverhaltens sind:
  • eine drastische Reduktion der Lebensmittelverluste und -abfälle – etwa ein Drittel aller weltweit erzeugten Lebensmittel verderben auf dem Weg vom Feld oder Stall zu den Kunden oder werden nach dem Kauf von diesen ungenutzt entsorgt;
  • eine grundlegende Veränderung der Ernährungsweise vieler Menschen – hin zu einer nachhaltig produzierten, überwiegend pflanzenbasierten Ernährung. Dies ist in vielen, aber nicht allen Regionen der Welt möglich;
  • eine zunehmende und verbesserte Nutzung von Holzprodukten. Wenn Holz als Baumaterial oder aber in langlebigen Produkten verarbeitet wird, bleibt der in ihm enthaltene Kohlenstoff für lange Zeit gebunden. Emissionsmindernd wirkt die Nutzung von Holz zum Beispiel, wenn es aus nachhaltiger Waldwirtschaft stammt und andere, emissionsreiche Baumaterialien ersetzt.

Hürden und fehlende Rahmenbedingungen

Trotz ihres großen Potenzials haben Maßnahmen zur Einsparung von Treibhausgasemissionen oder zur verstärkten Kohlenstoff-Sequestrierung der Landvegetation bislang nur im geringen Maß zur Minderung des Klimawandels beigetragen. Die Erklärung dafür lautet: Sie werden bislang in einem viel zu kleinen Rahmen umgesetzt. Der Weltklimarat führt diese Entwicklung vornehmlich auf fehlende Investitionen zurück sowie auf mangelnde politische, institutionelle und gesellschaftliche Unterstützung.
3.13 > Eine nachhaltige Landnutzung sowie der fachgerechte Einsatz landbasierter Verfahren zur Kohlendioxid-Entnahme brächte Vorteile für Klima, Mensch und Natur. Diese Übersicht zeigt, in welchem Umfang Treibhausgasemissionen mithilfe 21 ausgewählter landbasierter Verfahren verhindert oder kompensiert werden könnten und wie groß der jeweilige Anteil wäre, der sich zu einem Preis von 100 US-Dollar pro Tonne Kohlendioxid-Äquivalente umsetzen ließe. Die runden Icons signalisieren, mit welchen Vorteilen und Risiken bei einem Einsatz des jeweiligen Verfahrens zu rechnen ist. Augenfällig ist, dass das Minderungspotenzial in Asien und dem sich entwickelnden Pazifikraum am größten ist.
Abb. 3.13 © nach IPCC, 2022, Climate Change 2022: Mitigation of Climate Change. doi:10.1017/9781009157926, Figure 7.11

Zusatzinfo Zwei weitere Optionen für eine verstärkte Kohlendioxid-Entnahme an Land Zusatzinfo öffnen

So schaffen es politische Entscheidungsträger vielerorts nicht, Subventionen für intensive Landwirtschaft abzuschaffen und die frei werdenden Gelder stattdessen in nachhaltigen Ackerbau und Viehzucht zu investieren. Außerdem fehlen noch immer vielen armen Menschen, die im ländlichen Raum von Ackerbau oder Holzhandel (häufig illegale Rodungen) leben, alternative Einnahmequellen. Bis zum Jahr 2020 gab die internationale Staatengemeinschaft gerade einmal 700 Millionen US-Dollar jährlich für Maßnahmen zur emissionsmindernden Landnutzung aus. Bis zum Jahr 2030 werden aber allein in der globalen Waldwirtschaft Investitionen in Höhe von 178 Milliarden US-Dollar pro Jahr erforderlich sein, wenn Kohlendioxidemissionen in Höhe von fünf Milliarden Tonnen pro Jahr vermieden oder aber zusätzlich sequestriert werden sollen – also das 254-Fache. Zur Einordnung: Fünf Milliarden Tonnen Kohlendioxid entsprechen knapp der Hälfte jener Menge Kohlendioxid, welche die Landvegetation pro Jahr auf natürliche Weise aufnimmt.
Internationale Programme zum Schutz der tropischen Regenwälder und Feuchtgebiete vermelden sowohl Erfolge als auch Misserfolge, abhängig von der jeweiligen Nation. In Ländern, in denen Viehzüchter große bewaldete und unbewaldete Flächen kontrollieren (so wie etwa in Brasilien), sind die Anreize gering, die Herdengröße zugunsten einer Wiederaufforstung zu reduzieren. In Deutschland und anderen Ländern erschweren komplexe Zuständigkeiten und Eigentumsverhältnisse Wiederaufforstungen und nachhaltige Forstwirtschaft im großen Maßstab. Dabei werden beide dringend benötigt, insbesondere nach dem Waldsterben in Mitteleuropa infolge der Dürresommer 2018 bis 2022.
Zu guter Letzt erfordert der Wechsel von der herkömmlichen zur nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft Investitionen in neue oder andere Technologien. Das damit verbundene finanzielle Risiko ist vielen Land- und Forstwirten zu hoch – auch weil sie für die verstärkte Kohlenstoffaufnahme ihrer Flächen nur selten entlohnt werden. Hier bedarf es neuer Verfahren im nationalen und internationalen Handel für Emissionszertifikate und mehr Forschung, deren Ergebnisse die lokale Bevölkerung und Entscheidungsträger über die Kosten und den Nutzen einer nachhaltigen Landnutzung aufklären. Textende
3.14 > Drei Viertel der eisfreien Landflächen unserer Erde werden mittlerweile vom Menschen genutzt und gestaltet und, wie zum Beispiel hier durch Weizenanbau in Tibet, außerdem zur Nahrungsmittelproduktion genutzt. Das heißt aber auch, sie sind nicht mehr in ihrem ursprünglichen, natürlichen Zustand.
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