Künstlicher Auftrieb: Die Idee von der Begrünung des Ozeans
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WOR 8 Klimaretter Ozean? Wie das Meer (noch) mehr Kohlendioxid aufnehmen soll | 2024

Künstlicher Auftrieb: Die Idee von der Begrünung des Ozeans

Künstlicher Auftrieb: Die Idee von der Begrünung des Ozeans
> Algen, Zooplankton und Fische gehören zu den Schlüsselakteuren der biologischen Kohlenstoffpumpe. Damit diese allerdings optimal funktioniert, braucht es Nährstoffe, die vielerorts fehlen, zumindest im lichtdurchfluteten Oberflächenwasser. Durch das Heraufpumpen nährstoffreichen Tiefenwassers könnte dieser Nährstoffmangel behoben werden. Ob ein solcher Schritt die natürliche Aufnahme von Kohlenstoff durch das Meer tatsächlich steigern würde, ist ungewiss.
Eine Anschubhilfe für die biologische Kohlenstoffpumpe Abb. 6.7: mauritius images/Andrey Armyagov/Alamy Stock Photos

Eine Anschubhilfe für die biologische Kohlenstoffpumpe

> Auf etwa 75 Prozent der Ozeanfläche ist das Wachstum von Phytoplankton begrenzt, weil in diesen Regionen das lichtdurchflutete Oberflächenwasser nicht genügend Nährstoffe enthält. Im Tiefenwasser dagegen stehen ausreichend Nährstoffe zur Verfügung. Auf Grundlage dieses Wissens entstand die Idee, nährstoffreiches Wasser aus mehreren Hundert Meter Tiefe an die Meeresoberfläche zu pumpen, um dort das Algenwachstum zu verstärken und mit ihm die Leistung der biologischen Kohlenstoffpumpe. Ob dieses Konzept am Ende aufgeht, ist fraglich, denn die Forschung zu künstlichem Auftrieb stellt die Wissenschaft vor außergewöhnliche technische Herausforderungen.

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Künstlicher Auftrieb – Prädikat: „nur bedingt nützlich“

Als künstlicher Auftrieb werden Verfahren bezeichnet, die darauf abzielen, nährstoffreiches Tiefenwasser an die Meeresoberfläche zu transportieren, um dort das Wachstum mikroskopisch kleiner Algen und somit die biologische Kohlenstoffpumpe des Ozeans zu verstärken. Diese würde einen gewissen Anteil der nun neu gebildeten Biomasse in den Tiefen des Ozeans einlagern und den darin enthaltenen Kohlenstoff für einige Jahrzehnte bis Jahrhunderte wegschließen.
Dieses Konzept geht jedoch nur dann auf, wenn durch die zusätzliche Biomasseproduktion mehr Kohlendioxid gebunden und in die Tiefe verlagert wird, als durch das Emporpumpen des zumeist kohlendioxidreichen Tiefenwassers an die Meeresoberfläche in die Atmosphäre entweicht – eine Anforderung, die vermutlich nur unter ganz bestimmten Bedingungen erfüllt werden kann, weshalb das Potenzial einer zusätzlichen Kohlendioxid-Entnahme eher gering ist.
Ein hohes Maß an Ungewissheit gibt es zudem auch darüber, mit welchen technischen Mitteln künstlicher Auftrieb in einem klimarelevanten Maßstab erzeugt werden kann, welche Risiken die Verfahren für die Meeresumwelt mit sich bringen – hier vor allem für die zahlreichen Lebensgemeinschaften in mittlerer und großer Tiefe des Ozeans – sowie welche regulatorischen Rahmenbedingungen für einen großflächigen Einsatz benötigt werden würden, gerade weil der Einsatz vieler Pumpen andere Formen der Meeresnutzung vermutlich stark einschränken würde.
Sinnvoll und wirtschaftlich lohnenswert er-scheint ein Einsatz von künstlichem Auftrieb bislang nur als Hilfsmittel in der Großalgenzucht. Der künstlich erzeugte Nährstoffeintrag aus der Tiefe steigert dabei das Wachstum der Großalgen und trägt dazu bei, dass diese mehr Kohlendioxid aufnehmen und mehr Kohlenstoff in ihrer Biomasse binden.