WOR 5 kompakt
WOR 5 Die Küsten – ein wertvoller Lebensraum unter Druck | 2017

WOR 5 kompakt

> Der WOR 5 konzentriert sich auf den Lebensraum Küste und wie in Zukunft mit dem steigenden Druck auf diesen Lebensraum umgegangen werden kann. Ist das Auftreten von Naturkatastrophen wie Tsunamis und Erdbeben nur schwer zu beeinflussen, so hat der Mensch beim Klimawandel die Möglichkeit gegenzusteuern. Für eine schonende Nutzung und einen zukünftigen besseren Küstenschutz gibt es schon heute vielfältige Ansätze und Ideen. Wichtig dabei ist allerdings, nicht nur die verschiedenen Nutzungsinteressen zu berücksichtigen die heute existieren, sondern Maßnahmen zu ergreifen, die auf einen nachhaltigen Umgang mit unseren Küsten auch in der Zukunft abzielen.

Die Küsten – ein wertvoller Lebensraum unter Druck

Küsten sind ein besonderer Lebensraum. Sie sind der Übergangsbereich zwischen Land und Meer, werden von beiden Sphären beeinflusst und sind ausgesprochen vielgestaltig. Ist die Nordküste der französischen Bretagne durch Felsen geprägt und von zahlreichen Buchten eingeschnitten, erstrecken sich in Namibia die hohen Dünen der Wüste Namib bis an den Atlantik. In Sibirien wiederum besteht die flache Küste aus Permafrost, metertief gefrorenem Boden.
So unterschiedlich die Gestalt der Küsten ist, so viel­fältig sind die Leistungen, die sie für den Menschen erbringen. Sie bieten wichtige Transportwege und Industrie­stand­orte, sind ein bevorzugtes Erholungs- und Tourismusgebiet oder Rohstoffquelle für Mineralien und fossile Rohstoffe. Für den Menschen waren und sind Küsten deshalb als Siedlungsraum besonders beliebt. Seit Jahrzehnten nimmt die Bevölkerung in vielen Küstengebieten zu. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen leben heute rund 2,8 Milliarden Menschen in einem Abstand von maximal 100 Kilometern zur Küste. Von den weltweit 20 Megastädten mit jeweils mehr als 10 Millionen Menschen liegen 13 in Küstennähe. Dazu zählen die Städte beziehungs­weise Ballungs­zentren Mumbai (18,2), Dhaka (14,4 Millionen), Istanbul (14,4), Kalkutta (14,3) oder Peking (14,3). Nach Meinung vieler Experten wird die Verstädterung der Küsten­gebiete in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Man schätzt, dass 2060 etwa 1,4 Milliarden Menschen in den niedrig gelegenen Küsten­zonen leben werden, die nur bis zu maximal 10 Meter über dem Meeresspiegel liegen.
Küsten sind letztlich im Vergleich zur gesamten Landmasse nur ein schmaler Saum, in dem das Land auf das Meer trifft. In vielen Fällen berücksichtigt der Mensch bei der Besiedlung nicht, dass dieser Saum einem ständigen natürlichen Wandel unterworfen ist – und dass durch ­diese Veränderungen im Laufe der Zeit auch Siedlungs­gebiete des Menschen zerstört werden können. Dieser Wandel geht unterschiedlich schnell vonstatten: im Laufe von Jahrmillionen durch die Plattentektonik, durch die die Gestalt der Erdoberfläche und der Kontinente permanent verändert wird; im Rhythmus von mehreren Zehntausend Jahren durch den Wechsel von Warm- und Eiszeiten – und in den vergangenen Jahrhunderten insbesondere auch durch die Besiedlung durch den Menschen. In geologisch relativ kurzen Zeiträumen verändert vor allem die Schwan­kung des Meeresspiegels die Gestalt der Küsten stark.
Da während einer Eiszeit viel Wasser in Form von Eis und Schnee an Land gebunden ist und nur wenig Wasser vom Land ins Meer abfließt, sinkt der Meeresspiegel. Während der letzten Eiszeit vor rund 20 000 Jahren lag er um etwa 120 Meter tiefer als heute. Viele Gebiete, die heute überflutet sind, lagen damals trocken, und die aus dem Wasser ragende Landmasse war insgesamt etwa 20 Millionen Quadratkilometer größer als heute. Seit etwa 6000 Jahren hat sich der Meeresspiegel kaum verändert. Durch den vom Menschen verursachten Treibhauseffekt aber steigt er seit mehreren Jahrzehnten wieder stärker an, zuletzt um durchschnittlich 3 Millimeter pro Jahr. Es droht die Gefahr, dass ganze Inselstaaten oder tief liegende Küstengebiete künftig überflutet werden – beispielsweise in Bangladesch, das nur knapp über dem heutigen Meeresspiegel liegt.
Je nach Gestalt der Küste haben sich im Laufe der Zeit ganz unterschiedliche Lebensräume entwickelt. Wo Flüsse große Mengen an Nährstoffen und Sediment in die Küstengewässer tragen, gibt es heute je nach klimatischen Bedingungen und vorherrschender Strömung ausgedehnte Flussdeltas mit weiten Sandbänken, Wattengebiete oder Salzmarschen. Solche Küstengebiete sind wegen des starken Eintrags an Nährstoffen oftmals besonders produktiv und reich an Fischen. Zu den Flüssen, die besonders viel Sediment ins Meer tragen, gehört unter anderem der Mississippi, in dessen Mündungsbereich sich ein großes Delta entwickelt hat. Rekordhalter aber ist der Ganges: Rund 3,2 Milliarden Tonnen Material trägt dieser jährlich aus dem Himalajahochland ins Meer. Andere Küsten hingegen sind eher karg und felsig, etwa die Kalksteinküste Kroatiens. Dort gelangen nur wenige Nährstoffe ins Meer. Auch tropische Korallenriffe findet man vor allem dort, wo von Landseite aus kaum Nährstoffe und Sediment ins Meer fließen.
Die Küstengebiete der Welt werden heute intensiv genutzt. Sie liefern einen Großteil des weltweit wild gefangenen Fischs. So finden 90 Prozent der globalen Fischerei in Küstengewässern statt. Von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist auch die Förderung von Erdgas und Erdöl in küstennahen Gebieten. Obwohl beide Rohstoffe heute noch vor allem an Land gefördert werden, ist der Anteil aus dem Meer (Offshore-Gas und
-Öl) beachtlich. So trägt Offshore-Öl mit etwa 40 Prozent und Offshore-Gas zu etwa 30 Prozent zur jeweiligen globalen Förderung bei.
Die Küstengewässer sind in den vergangenen Jahren verstärkt für die Erzeugung von Strom aus Windenergie interessant geworden. Die Zahl der Offshore-Windräder hat sich deutlich erhöht, sodass weltweit Ende 2015 Offshore-Windräder mit einer Gesamt­leistung von gut 12 000 Megawatt in Betrieb waren, was in etwa der Leistung von 24 Atomreaktoren entspricht. Eine weitere Ressource, die die Küsten liefern, sind die mineralischen Rohstoffe, zu denen vor allem Sand und Kies zählen. Sie werden für die Betonherstellung, als Füllsand auf Baustellen oder zum Aufspülen neuer Hafen- und Wirtschaftsflächen an der Küste genutzt. Das größte Sandabbaugebiet befindet sich an der Küste von Marokko. Dünen werden dort in großem Stil mit Radladern abgebaggert, sodass die Küste in manchen Regionen einer Mondlandschaft gleicht.
Vielerorts nutzt der Mensch die Küsten heute über deren Belastungsgrenzen hinaus, wobei der Druck auf diese Lebensräume mannigfaltig ist. Aus ungeklärten Abwässern, aus intensiv gedüngten Agrargebieten oder aus der Aquakultur gelangen sehr viele Nährstoffe ins Meer, es kommt zur Eutrophierung und zu starken Algenblüten. Auch Schadstoffe, die aus industriellen Prozessen in die Küsten­gewässer gelangen, stellen eine Bedrohung dar. Dazu zählen schwermetallhaltige Verbindungen oder langlebige ­chemische Substanzen, die sich in der Nahrungskette an­reichern und Krankheiten wie Krebs auslösen können. Ein Beispiel sind die polyfluorierten Verbindungen, die seit Jahren für alltägliche Produkte wie Outdoorbekleidung oder Pfannenbeschichtungen verwendet werden. Auch der Plastik­abfall, der auf vielen verschiedenen Wegen ins Meer gelangt, stellt ein Problem dar, das aktuell stark diskutiert wird. Meerestiere oder Seevögel verschlucken die Plastikteile und sterben daran. Darüber hinaus zerfällt das Plastik in mikroskopisch kleine Bruchstücke, das Mikroplastik, das sich mittlerweile weltweit in den Meeren nachweisen lässt. Inwieweit Tiere es aufnehmen und wie gefährlich es ist, wird derzeit wissenschaftlich untersucht. Die globale Plastik­pro­duk­tion nimmt seit Jahren zu. Allein zwischen 2005 und 2015 stieg sie um über 90 Millionen Tonnen von 230 auf mehr als 320 Mil­lionen Tonnen.
Da die Küstengewässer besonders produktiv sind, wird hier intensiv Fisch gefangen. Das hat zur Überfischung vieler Bestände geführt. Darüber hinaus werden durch die Fischerei vielerorts Lebensräume am Meeresboden zerstört – beispielsweise Korallen­riffe. In manchen Regionen, die reich an Korallen sind, führt die intensive Fischerei dazu, dass nach und nach Meeresorganismen überfischt werden. Verschwin­det eine Art, wird die nächste bejagt. Durch die nicht nachhaltige Fischerei verarmen mit der Zeit die Lebensräume der Korallenriffe. Die Existenzgrundlage vieler Menschen steht somit auf dem Spiel.
Besonders unter Druck stehen heute die küstennahen Megacitys mit mehr als 10 Mil­lionen Einwohnern. Diese Regionen zeichnen sich durch eine hohe Bevölkerungs- und Bebauungsdichte aus. Viele Menschen müssen zeitgleich mit Frischwasser, Nahrungs­mitteln und Strom versorgt werden, was hohe Anforderungen an Infra­struk­tur, Logistik und Abfallentsorgung stellt. Weil permanent Menschen aus armen, ländlichen Regionen im Binnenland in die Küstenmetropolen ziehen, um dort Arbeit oder eine Ausbildung zu finden, werden diese Gebiete auch in Zukunft weiter wachsen – vor allem in Afrika, Südamerika und Südostasien. Durch dieses Wachstum wird die Landschaft zersiedelt. Naturgebiete wie Auen, Mangrovenwälder oder Salzwiesen gehen in kürzester Zeit verloren. Regionale Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht. Hinzu kommt, dass durch die Zerstörung von Mangroven, die normalerweise als natürliche Wellenbrecher fungieren, heute viele Küsten­ab­schnitte besonders überflutungsgefährdet sind. Die Überflutungen haben sich in manchen Megacitys überdies noch verschärft, da sich die dicht bebauten Stadtgebiete langsam absenken. Das liegt insbesondere an der Entnahme von Grundwasser zur Trink­was­ser­gewinnung, das normalerweise wie ein Widerlager der schweren Bebauung entgegenwirkt. Zudem trägt auch die Verdichtung des Bodens zum Absinken bei. Die derzeit am schnellsten versinkende Stadt ist die indonesische Hauptstadt Jakarta, deren Stadtzentrum jährlich um etwa 10 Zentimeter absackt.
Zu diesen durch den Menschen lokal oder regional verursachten Problemen in den Küstengebieten kommen jene hinzu, die durch den weltweit wirkenden Klimawandel ausgelöst werden: die Meereserwärmung, die Versauerung des Meeres und der Meeresspiegelanstieg. Wie stark diese Folgen des Klimawandels für die Küsten­lebens­räume ausfallen werden, hängt in hohem Maße davon ab, wie viel Kohlen­dioxid (CO2) künftig in die Erdatmosphäre gelangt. Die direkte Folge des starken CO2-Aus­stoßes ist die langsame Erwärmung der Atmosphäre, die eine Erwärmung ins­be­sondere des Ober­flächen­wassers nach sich zieht, welches sich dann schlechter mit dem darunter liegenden kühleren und schwereren Wasser mischen kann. In der Folge gelangt weniger sauerstoffreiches Wasser in die Tiefe, was dort zu einem Sauer­stoff­mangel führen kann. Höhere Tiere wie Krebse, Muscheln oder Fische können in solchen Gebieten kaum mehr leben. Von der Erwärmung sind auch tro­pische Korallen­arten betroffen. Derzeit geht man davon aus, dass etwa 20 Prozent der tropischen Korallenriffe durch die Erwärmung und andere Stressfaktoren wie etwa die Meeres­ver­schmutzung unwiederbringlich zerstört und mindestens weitere 30 Prozent stark geschädigt sind. Bei anderen Meeresorganismen reagieren vor allem Eier und Larven empfindlich auf die Erwärmung des Wassers. Beim Kabeljau im Nord­ostatlantik etwa führt sie zum frühen Absterben. Modellrechnungen zeigen, dass dadurch künftig die Erträge der Kabeljaufischerei in der Barentssee nördlich von Nor­wegen stark zurück­gehen könnten.
Eine weitere Folge des Klimawandels ist die Versauerung der Meere. Dazu kommt es, weil sich zunehmend Kohlendioxid im Meerwasser löst, wodurch sich, vereinfacht ausgedrückt, Säure bildet. Betroffen sind vor allem jene Meeresorganismen, die Kalk­schalen oder skelette bilden. Bei Korallen, Muscheln und Schnecken nimmt die Kalkbildung in versauertem Wasser je nach untersuchter Tier­gruppe um 22 bis 39 Prozent ab. Andererseits wurden inzwischen Studien veröffentlicht, die zeigen, dass sich einige Meeresorganismen im Laufe von mehreren Genera­tionen durchaus an die Versau­erung anpassen können. Wie stark die künftigen Auswirkungen der Versau­erung sein werden, lässt sich daher heute noch nicht genau absehen.
Eine direkte Gefahr für den Menschen stellt der durch den Klimawandel verursachte Anstieg des Meeresspiegels dar. Derzeit steigt der Meeresspiegel um etwa 3 Mil­limeter pro Jahr, wobei sich der Anstieg noch verschärfen wird, sollten weiter Treib­haus­gase in großen Mengen durch die Verbrennung fossiler Rohstoffe emittiert werden. Da die Entwicklung nicht genau vorhersehbar ist, geht der Welt­klimarat (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen, Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) von vier Szenarien aus, die sich in der Annahme unter­scheiden, wie hoch die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre künftig sein könnte. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts könnte der Meeresspiegel weltweit nach dem extremen Szenario durchschnittlich um etwa 1 Meter steigen. Bis zum Jahr 2500 ist gar ein Anstieg um mehr als 6 Meter denkbar. Unter diesen Bedingungen wird der Küstenschutz immer mehr zu einer überlebenswichtigen Aufgabe.
Über Jahrhunderte konnte der Mensch sich an Sturmfluten und Überflutungen anpassen und entsprechende Schutzbauten entwickeln. Der künftige Verlauf des Meeresspiegelanstiegs aber ist nicht exakt vorhersehbar. Der Küstenschutz muss deshalb flexibler werden, um trotz der Ungewissheit Menschen und materielle Werte zu schützen. Setzte man bisher auf starren Küstenschutz in Form von Deichen und Sperrwerken, so dürfte man künftig vermehrt zu einem adaptiven Küstenschutz über­gehen, der verschiedene aufeinander aufbauende Maßnahmen vorsieht und mit dem Fortschreiten des Meeresspiegels mitwächst. Entscheidend dabei ist, dass die verschiedenen Maßnahmen frühzeitig geplant und in einen Fahrplan eingeordnet werden, um jederzeit mit dem Meeresspiegelanstieg Schritt halten zu können. In den Niederlanden gibt es bereits derartige Großprojekte, und auch für den Schutz Londons und der Themsemündung wurde ein Maßnahmenkatalog zum adaptiven Küstenschutz entwickelt. Darüber hinaus fordern Küsten­ingenieure heute verstärkt ein „Bauen mit der Natur“. Dabei will man das Potenzial der Küsten selbst nutzen – etwa durch die Ansiedlung von Austernriffen oder Seegraswiesen oder den Bau von Poldern, in denen sich artenreiche Salzwiesen entwickeln können. Auch gilt die Devise, dass man lernen muss, mit dem steigenden Wasser zu leben – etwa indem man schwimmende Häuser errichtet. Küstenschutz kann zudem mit anderen Funktionen kombiniert werden und sich zugleich naturnah gestalten lassen. So werden in den Niederlanden bereits Parkhäuser entlang der Küste gebaut, die man anschließend mit Sand bedeckt und bepflanzt, um so künstliche Schutzdünen zu schaffen. Trotz aller Maßnahmen wird man künftig bei steigendem Meeresspiegel nicht alle Küsten weltweit retten können. Die Regierungen von Inselstaaten wie etwa Kiribati versuchen daher schon heute, einen geordneten Rückzug vorzubereiten – etwa durch Bildungsprogramme, die die Bevölkerung in die Lage versetzen soll, auch für ausländische Arbeitsmärkte inter­es­sant zu sein. Dadurch hätten die Menschen die Möglichkeit, sich in anderen Ländern eine Existenz aufzubauen, ehe sie zu mittellosen Klimaflüchtlingen werden.
Zu allen durch menschliche Übernutzung und durch Klimaerwärmung verursachten Belastungen kommen Naturgefahren wie etwa Erdbeben, Hangrutschungen oder Tsunamis hinzu. Zwar gab es diese Bedrohungen schon früher, da die Küsten heute aber dichter denn je besiedelt sind, ist das Schadensausmaß deutlich größer als zuvor. Daher versucht man heute, mithilfe ausgeklügelter Frühwarnsysteme die Menschen vor diesen Naturgefahren zu schützen. Besonders die USA und Japan haben diesbezüglich seit Mitte des vorigen Jahrhunderts eine Vor­reiter­rolle über­nommen. Die schweren Tsunamis von 2004 im Indischen Ozean und 2011 in Japan führten dazu, dass die Tsunamiforschung und frühwarnung noch stärker ausgebaut wurden, sodass heute in allen besonders gefährdeten Meeresgebieten leistungs­fähige Warnsysteme vorliegen. Einen hundertprozentigen Schutz vor diesen Naturgefahren aber kann es nicht geben.
Die Küsten der Welt sind vielfach bedroht – heute am stärksten durch die Übernutzung durch den Menschen. Damit stellt sich die Frage, wie es künftig gelingen kann, ein schonendes Management der Küsten zu erreichen und Nutzungskonflikte, die sich durch entgegenstehende Interessen ergeben, von vornherein zu vermeiden. Ein wichtiger Lösungsansatz ist dabei das Integrierte Küstenzonenmanagement (Integrated Coastal Zone Management, ICZM), für das es auf regionaler Ebene durchaus schon erfolgreiche Beispiele gibt. So gibt es ICZM-Prozesse, in denen etwa Konflikte zwischen Naturschutz und Tourismus vermieden oder nachhaltige Küsten­fischer­eien etabliert werden konnten. Bekannt sind Fälle, in denen Meeres­gebiete von Behörden unter Schutz gestellt wurden, ohne vorher die vor Ort ansässigen Fischer in den Entscheidungs­prozess einzubeziehen. Die betroffenen Fischer wiederum akzeptierten die Fischereiverbote in ihren Revieren vielfach nicht und fischten weiter. In ICZM-Prozessen aber finden die Fischer Gehör, zudem können sie eigene Vorschläge einbringen.
So wurden beispielsweise im indopazifischen Raum Schutzgebiete etabliert, in denen der Fischfang in Teilbereichen erlaubt ist oder vor Ort durch die Fischer selbst schonend organisiert wird, in sogenannten lokal verwalteten Meeresgebieten. Erstrecken sich wichtige Küstengebiete über Staatsgrenzen, werden zusätzlich internationale Abstimmungen nötig, wie etwa bei den Large Marine Ecosystems (LMEs,) großen küstennahen Meeresökosystemen, die sich durch eine typische Flora und Fauna auszeichnen. So ist es zum Beispiel den Anrainern des LME im Golf von Bengalen gelungen, gemeinsame Maßnahmen zur Bekäm­pfung der Überfischung und der Meeresverschmutzung zu verabschieden.
Nicht zuletzt spielen die Küsten der Welt auch in kultureller und ästhetischer Hinsicht eine besondere Rolle. Sie sind Orte der Erholung und bedeutende Reiseziele. Für viele Menschen und Kulturen haben sie bis heute nicht nur einen direkten Nutzen, sondern auch einen spirituellen Wert. Eine rein ökonomische Betrachtung der Küsten und ihrer Öko­systemleistungen, die sie für den Menschen erbringen, wird der tatsäch­lichen Bedeutung der Küsten daher nicht immer gerecht. Textende