- Was das Meer zu leisten vermag
- > Viele Ökosystemleistungen, die das Meer bringt, sind heute durch Übernutzung, Um-weltverschmutzung und Treibhausgase bedroht. Wie stark die einzelnen Lebensräume geschädigt und die Ökosystemleistungen beeinträchtigt sind, ist aber vielfach nicht bekannt. Forscher versuchen daher, den Zustand der marinen Ökosysteme genau zu bestimmen. Eine solche Analyse ist wichtig, um konkrete Schutzmaßnahmen zu planen sowie Grenz- und Zielwerte zu definieren
Ökosystemleistungen des Meeres in Gefahr
Das Meer ist für den Menschen von elementarer Bedeutung, weil es sehr viele Ökosystemleistungen erbringt. Um einen Überblick über die Fülle dieser Leistungen zu bekommen, haben Meeresexperten sie in 4 Kategorien unterteilt: bereitstellende Dienst- leistungen, unterstützende Dienstleistungen, regu- lierende Dienstleistungen und kulturelle Dienstleistungen. Zu den bereitstellenden Dienstleistungen gehört insbesondere die Produktion von Meeresfisch. Zu den kulturellen Dienstleistungen zählen unter anderem der Tourismus oder Traditionen, die mit dem Meer verbunden sind, wie etwa der handwerkliche Bootsbau. Zu den unterstützenden Dienstleistungen wiederum zählt vor allem die Primärproduktion, der Aufbau von Biomasse durch das pflanzliche Plankton im Meer mithilfe der Photosynthese. Unter dem Schlagwort regulierende Dienstleistungen schließlich fassen die Wissenschaftler fundamentale biologische, chemische und physikalische Prozesse im Meer zusammen – beispielsweise den Kreislauf des Stickstoffs oder des Kohlenstoffs und die Meeres- strömungen, die nicht zuletzt das Klima an Land beeinflussen. Auch der Abbau von Schadstoffen im Meer zählt zu den regulierenden Dienstleistungen. Viele dieser Dienstleistungen sind heute durch Übernutzung, Umweltverschmutzung oder den Ausstoß von Treibhausgasen bedroht. Vor allem der Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid stellt heute eine weltumspannende Bedrohung für das Meer dar. Zum einen erwärmt sich mit dem Treibhauseffekt das Wasser. Zum anderen löst sich das Kohlendioxid zu einem beträchtlichen Teil im Meer, was zu einer langsamen Versauerung des Wassers führt. Als besonders belastet gelten heute die Küstenregionen, die zum Teil extrem stark besiedelt sind. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen leben heute mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung, rund 2,8 Milliarden Menschen, in einer Entfernung von maximal 100 Kilometern zur Küste. Von den weltweit 20 Megastädten mit jeweils mehr als 10 Millionen Menschen liegen 13 in Küstennähe. Entsprechend stark genutzt und damit auch beeinträchtigt sind viele Küstengebiete. Ein großes Problem ist die Überdüngung der Küstenmeere durch Nährstoffe aus der Landwirtschaft, die zu starkem Algenwachstum und mit dem Verrotten der Algen zu Sauerstoffmangel im Wasser führt. Auch die direkte Zerstörung der küstennahen Lebensräume hält bis heute an. Betroffen sind Feuchtgebiete, Salzwiesen und Wattflächen, Korallenriffe und Mangrovenwälder. Ursachen sind insbesondere Baumaßnahmen, Eindeichungen oder die Einleitung von Schadstoffen. Um künftig eine nachhaltige Nutzung der Meereslebensräume zu erreichen, versuchen Forscher heute, zunächst zu klären, in welchem Zustand sie sich überhaupt befinden. Denn um gezielte Verbes- serungsmaßnahmen durchzuführen, muss im Detail bekannt sein, wie stark der Lebensraum gestört ist oder inwieweit er noch dem ursprünglichen, „guten“ Zustand ähnelt. US-Forscher haben zu diesem Zweck einen globalen Meeresgesundheitsindex entwickelt, mit dem sich der Zustand verschiedener Meereslebensräume vergleichen lässt. Dabei werden Umweltaspekte wie etwa die Artenvielfalt berücksichtigt, aber auch soziale Aspekte wie etwa der Wohlstand der Küstenbevölkerung. Für gezielte umweltpolitische Maßnahmen aber reicht das nicht aus. So bedarf es konkreter Mess- und Grenzwerte, um beispielsweise den Eintrag von Nährstoffen in ausreichendem Maße reduzieren zu können. In Europa werden derzeit mit der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie Umweltindikatoren und Zielwerte definiert. Diese Richtlinie hat das Ziel, künftig wieder einen guten Zustand der Meeresumwelt zu erreichen, indem für sämtliche Bedrohungen klare Grenzwerte festgelegt werden, die als Grundlage für entsprechende politische Vorgaben dienen.