Was das Meer zu leisten vermag
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WOR 4 Der nachhaltige Umgang mit unseren Meeren – von der Idee zur Strategie | 2015

Was das Meer zu leisten vermag

Was das Meer zu leisten vermag
> Viele Ökosystemleistungen, die das Meer bringt, sind heute durch Übernutzung, Um-weltverschmutzung und Treibhausgase bedroht. Wie stark die einzelnen Lebensräume geschädigt und die Ökosystemleistungen beeinträchtigt sind, ist aber vielfach nicht bekannt. Forscher versuchen daher, den Zustand der marinen Ökosysteme genau zu bestimmen. Eine solche Analyse ist wichtig, um konkrete Schutzmaßnahmen zu planen sowie Grenz- und Zielwerte zu definieren
Das Gute im Meer © Science Photo Library/Steve Gschmeissner/Getty Images

Das Gute im Meer

> Wir Menschen leben seit Ewigkeiten mit und von den Meeren. Sie stellen Nahrung, Bodenschätze, Transportwege und andere Dienstleistungen für uns bereit. Von fundamentaler Bedeutung sind die klimaregulierende Wirkung der Ozeane und die im Meer ablaufenden biochemischen Prozesse. Manche dieser Dienstleistungen sind heute bedroht, weshalb es an der Zeit ist, Konzepte für eine nachhaltigere Nutzung der Meere zu entwickeln.

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Der bedrohte Ozean © Natalie Fobes/Getty Images

Der bedrohte Ozean

> Seit Jahrzehnten schädigt der Mensch das Meer, indem er Schadstoffe einleitet, Küstenlebensräume zerstört oder Fischbestände übermäßig nutzt. Mit der Meereserwärmung und der Ozeanversauerung gesellen sich heute Bedrohungen von globalem Ausmaß hinzu. Vorausset- zung für eine nachhaltige Nutzung der Meere ist, ihren Zustand exakt zu analysieren, um künftig die richtigen umweltpolitischen Maßnahmen ergreifen zu können.

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Ökosystemleistungen des Meeres in Gefahr

Das Meer ist für den Menschen von elementarer Bedeutung, weil es sehr viele Ökosystemleistungen erbringt. Um einen Überblick über die Fülle dieser Leistungen zu bekommen, haben Meeresexperten sie in 4 Kategorien unterteilt: bereitstellende Dienst- leistungen, unterstützende Dienstleistungen, regu- lierende Dienstleistungen und kulturelle Dienstleis­tungen. Zu den bereitstellenden Dienstleistungen gehört insbesondere die Produktion von Meeres­fisch. Zu den kulturellen Dienstleistungen zählen un­ter anderem der Tourismus oder Traditionen, die mit dem Meer verbunden sind, wie etwa der handwerk­liche Bootsbau. Zu den unterstützenden Dienstleis­tungen wiederum zählt vor allem die Primärproduk­tion, der Aufbau von Biomasse durch das pflanzliche Plankton im Meer mithilfe der Photosynthese. Unter dem Schlagwort regulierende Dienstleistungen schließlich fassen die Wissenschaftler fundamentale biologische, chemische und physikalische Prozesse im Meer zusammen – bei­spiels­weise den Kreislauf des Stickstoffs oder des Kohlenstoffs und die Meeres- strömungen, die nicht zuletzt das Klima an Land beeinflussen. Auch der Abbau von Schadstoffen im Meer zählt zu den regulierenden Dienstleistungen. Viele dieser Dienstleistungen sind heute durch Übernutzung, Umweltverschmutzung oder den Aus­stoß von Treibhausgasen bedroht. Vor allem der Aus­stoß des Klimagases Kohlendioxid stellt heute eine weltumspannende Bedrohung für das Meer dar. Zum einen erwärmt sich mit dem Treibhauseffekt das Was­ser. Zum anderen löst sich das Kohlendioxid zu einem beträchtlichen Teil im Meer, was zu einer lang­samen Versauerung des Wassers führt. Als besonders belastet gelten heute die Küstenregionen, die zum Teil extrem stark besiedelt sind. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen leben heute mehr als 40 Pro­zent der Weltbevölkerung, rund 2,8 Milliarden Menschen, in einer Entfernung von maximal 100 Kilome­tern zur Küste. Von den weltweit 20 Megastädten mit jeweils mehr als 10 Millionen Menschen liegen 13 in Küstennähe. Entsprechend stark genutzt und damit auch beeinträchtigt sind viele Küstengebiete. Ein großes Problem ist die Überdüngung der Küstenmeere durch Nährstoffe aus der Landwirt­schaft, die zu starkem Algenwachstum und mit dem Verrotten der Algen zu Sauerstoffmangel im Wasser führt. Auch die direkte Zerstörung der küstennahen Lebensräume hält bis heute an. Betroffen sind Feuchtgebiete, Salzwiesen und Wattflächen, Koral­lenriffe und Mangrovenwälder. Ursachen sind insbe­sondere Baumaßnahmen, Eindeichungen oder die Einleitung von Schadstoffen. Um künftig eine nachhaltige Nutzung der Mee­reslebensräume zu erreichen, versuchen Forscher heute, zunächst zu klären, in welchem Zustand sie sich überhaupt befinden. Denn um gezielte Verbes- serungsmaßnahmen durchzuführen, muss im Detail bekannt sein, wie stark der Lebensraum gestört ist oder inwieweit er noch dem ursprünglichen, „guten“ Zustand ähnelt. US-Forscher haben zu diesem Zweck einen globalen Meeresgesundheitsindex entwickelt, mit dem sich der Zustand verschiedener Meeresle­bensräume vergleichen lässt. Dabei werden Umwelt­aspekte wie etwa die Artenvielfalt berücksichtigt, aber auch soziale Aspekte wie etwa der Wohlstand der Küstenbevölkerung. Für gezielte umweltpoli­tische Maßnahmen aber reicht das nicht aus. So bedarf es konkreter Mess- und Grenzwerte, um bei­spielsweise den Eintrag von Nährstoffen in ausrei­chendem Maße reduzieren zu können. In Europa werden derzeit mit der Meeresstrategie-Rahmen­richtlinie Umweltindikatoren und Zielwerte defi­niert. Diese Richtlinie hat das Ziel, künftig wieder einen guten Zustand der Meeresumwelt zu errei­chen, indem für sämtliche Bedrohungen klare Grenz­werte festgelegt werden, die als Grundlage für ent­sprechende politische Vorgaben dienen.