Die Polargebiete als Teil des globalen Klimasystems
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WOR 6 Arktis und Antarktis – extrem, klimarelevant, gefährdet | 2019

Die Polargebiete als Teil des globalen Klimasystems

Die Polargebiete als Teil des globalen Klimasystems
> Die Arktis und Antarktis sind die Kältekammern unseres Planeten. Mit Sonnenstrahlung unterversorgt, ziehen sie warme Luft- und Meeresströmungen aus den Tropen an, kühlen diese ab und schicken sie als Eispackung zurück Richtung Äquator. Auf diese Weise regulieren die Polargebiete die Wärmeverteilung auf der Erde – ein Mechanismus, der allerdings nur dann reibungslos funktioniert, wenn sich das Zusammenspiel von Meereis, Gletscher, Ozean und Atmosphäre nicht verändert.
Warum es in den Polarregionen so kalt wird © [M] mare, Foto © Jacob Aue Sobol/Magnum Photos/Agentur Focus

Warum es in den Polarregionen so kalt wird

> Das Klima der Polargebiete ist das Ergebnis eines sich selbst verstärkenden ­Prozesses. Wo wenig Sonnenwärme ankommt, gefriert Wasser zu Eis, das wie ein Spiegel jede weitere Einstrahlung reflektiert. Ein vielschichtiges, komplexes Windsystem, das maßgeblich mitverantwortlich ist für das Wetter- und Klimageschehen auf unserer Erde, wird von Temperatur- und Druckunterschieden angetrieben, die zwischen warmen und eisigen Regionen herrschen.

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Eisschollen, Eisschilde und das Meer © Michelle Theall/Aurora/laif

Eisschollen, Eisschilde und das Meer

> Wasser kommt in großen Teilen der Polarregionen vor allem in seiner gefrorenen Form vor. Es fällt entweder als Schnee und lässt Eisschilde und Gletscher wachsen – oder aber es treibt in Form von Eisschollen über das Meer. In beiden Fällen hängt das Schicksal des polaren Eises maßgeblich vom Ozean und seinen Ström­un­gen ab. Die Wassermassen bieten nämlich Schutz oder führen zur Schmelze – je nachdem, welchen Weg die Wärme nimmt.

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Eine Kettenreaktion mit frostigem Ende

Dass es in den Polargebieten so kalt ist, ist das Resultat eines sich selbst verstärkenden Prozesses, in dem verschiedene Faktoren ineinandergreifen. Ausgangsbasis ist, dass in den Polarregionen deutlich weniger Sonnenenergie die Erdoberfläche erreicht als beispielsweise in Mitteleuropa oder am Äquator. Gründe dafür sind der flache Einfallswinkel des Sonnenlichts, die Neigung der Erdachse sowie die Rotation unseres Planeten um die Sonne. Zusammengenommen führen die Faktoren dazu, dass beide Polarregionen im Vergleich zur restlichen Welt energetisch unterversorgt sind und in der Zeit der Polarnacht ganz von der Wärmequelle Sonne abgeschnitten werden.
Während die Polargebiete wenig Sonnenstrahlung abbekommen, erhalten die Tropen viel, was zu einem deutlichen Temperaturgegensatz zwischen den Regionen führt. Um diese Divergenz auszugleichen, entstehen die uns heute bekannten großen Luft- und Meeresströmungen. Sie verteilen die Wärme aus den Tropen über den Globus und bestimmen auf diese Weise die Wetterabläufe rund um den Erdball. Ohne die Kühlkammern im hohen Norden und tiefen Süden gäbe es die globalen Kreisläufe von Luft- und Wassermassen nicht. Außerdem fällt auf, dass sich in beiden Hemisphären starke Windbänder bilden, die wie Schutzwälle verhindern, dass Wärme aus den Tropen bis weit in die Polargebiete vorstoßen kann.
Die Eiseskälte in der Arktis und Antarktis hat allerdings auch zur Folge, dass der Niederschlag in beiden Regionen vor allem in Form von Schnee fällt und das Oberflächenwasser der Polarmeere im Winter großflächig zu Eis gefriert. Da die hellen Schnee- und Eisdecken ein hohes Rückstrahlvermögen be­sitzen, die sogenannte Albedo, spiegeln sie einen Großteil der Strahlung der Sonne zurück, sodass diese nicht in der Lage ist, die Erdoberfläche zu erwärmen. Auf diese Weise verstärken die Schnee- und Eisflächen die Auskühlung der Polargebiete. Wissenschaftler nennen diesen Effekt eine positive Rückkopplung.
Ein weiterer Grund für die niedrigen Temperaturen ist die Tatsache, dass kalte Luft nur wenig Wasserdampf aufnehmen kann. Vor allem den Luftmassen über der zentralen Antarktis fehlen deshalb ein wichtiger Wärmespeicher und die Möglichkeit, eine dicke Wolkendecke auszubilden. Diese könnte die Auskühlung begrenzen. Stattdessen aber verstärkt die trockene Luft den Kälteeffekt und schafft im Zusammenspiel mit den anderen Faktoren beste Voraussetzungen für die Entstehung riesiger Eisschilde, Gletscher und Meereisflächen.
Die verschiedenen Formen des polaren Eises und ihre hohe Albedo sind elementare Komponenten im Kühl- und Klimasystem unserer Erde. Sie regulieren chemische und biologische Kreisläufe und stehen in enger Wechselwirkung mit dem Ozean, der Atmosphäre und dem Land, wobei es vielerlei geografisch bedingte Unterschiede zwischen Arktis und Antarktis gibt. Im Arktischen Ozean mit seinen flachen Schelfmeeren zum Beispiel zirkulieren die Wassermassen auf ganz andere Weise als im Südpolarmeer, welches als Ringozean einen großen Kontinent umgibt. Solche regionalen Besonderheiten wirken sich auch auf die polaren Eismassen aus. In der Antarktis führen sie unter anderem dazu, dass die Meereisdecke des Südpolarmeers im Sommer großflächig schmilzt. In der Arktis dagegen übersteht etwas weniger als die Hälfte des Meereises den Sommer, sodass Forscher von einer dauerhaften Meereisdecke sprechen. Verschieden sind auch die Niederschlagsmengen in der Arktis und Antarktis, sodass die Eisschilde Grönlands und der Antarktis in unterschiedlichem Tempo wachsen. Eines aber haben die Eismassen beider Regionen auf jeden Fall gemein: Sie reagieren ausgesprochen empfindlich auf steigende Temperaturen.