- Politik und Wirtschaft in den Polarregionen
- > Im Zuge des Klimawandels schwinden Eis und Kälte in den Polarregionen, vor allem in der Arktis. Schifffahrtswege öffnen sich, unberührte Rohstofflagerstätten rücken in greifbare Nähe, weshalb das Nordpolargebiet längst als interessanter Wirtschaftsstandort gilt. In der Antarktis verfolgt eine wachsende Zahl von Nationen und Unternehmen ebenfalls kommerzielle Interessen. Ihnen aber setzt das Gebot des Umweltschutzes bislang enge Grenzen.
Wachsendes Interesse an den Polarregionen
Die Wahrnehmung der Polargebiete hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten grundlegend geändert. Interessierten sich früher vornehmlich Robben- und Walfänger für die damals noch schwer zugänglichen Regionen, wächst im Zuge des Klimawandels das internationale Interesse, die Arktis und Antarktis zu erkunden und auf vielfältige Weise kommerziell zu nutzen. Infolgedessen steigen nicht nur die Mitgliederzahlen in den politischen Gremien und der erforderliche Regulierungs- und Abstimmungsbedarf; alte Polarnationen agieren zuweilen auch protektionistischer, was die Kompromissfindung sowohl in der Arktis als auch in der Antarktis erschwert.
In der von den Konsultativstaaten gemeinschaftlich verwalteten Antarktis steht im Mittelpunkt allen Handelns der Gedanke, mit der Antarktis die einzige Region der Welt zu erhalten und zu schützen, welche der friedlichen Kooperation und der Forschung gewidmet ist. Der Antarktisvertrag und die dazugehörigen Umweltschutzabkommen beschränken die Nutzung auf die Forschung, eine nachhaltige und mittlerweile streng kontrollierte Fischerei sowie auf den Tourismus.
In der Arktis dagegen liegt die Verwaltung der nördlichen Territorien in den Händen der einzelnen Anrainerstaaten. Deren legitimes Interesse ist es, diese bislang nur spärlich besiedelten Gebiete wirtschaftlich zu entwickeln. Die meisten Nationen, allen voran Russland, konzentrieren sich dabei in erster Linie auf den Abbau von Rohstoffen und auf die Schifffahrt, denn die Arktis gilt als rohstoffreiche Region. Einer Studie zufolge lagern allein 22 Prozent der bislang unentdeckten Erdöl- und Erdgasvorkommen der Welt nördlich des arktischen Polarkreises. Zudem gibt es große Mengen von Kohle, Eisenerz, Seltenen Erden und anderen mineralischen Rohstoffen. Diese in Zukunft abzubauen, wird lukrativer, weil die Nachfrage steigt und der Rückzug des Eises Menschen den Zugang in die nördlichen Regionen erleichtert.
Der Rohstoffreichtum führt aber auch zu Gebietsstreitigkeiten zwischen den arktischen Küstenstaaten, die bis heute nur teilweise geklärt sind. Gleichzeitig weckt er das Interesse arktisferner Staaten wie zum Beispiel China. Diese versuchen, sich ein Zugriffs- und Mitspracherecht zu sichern, indem sie bilaterale Kooperationen mit Arktisanrainern vereinbaren, in Anlagen zur Rohstoffförderung investieren und ihr Engagement im Arktischen Rat erheblich verstärken.
Im Zuge der Rohstoffausbeutung steigt der Schiffsverkehr in arktischen Küstengewässern. Zuwächse verzeichnet auch die Kreuzfahrtbranche. Um die damit einhergehende Havariegefahr zu minimieren, gelten für alle Schiffe in den Polarregionen die Auflagen des Polar Code. Das Regelwerk setzt auf Prävention. Schiffstransporte in den Polarregionen sind nämlich wegen der niedrigen Temperaturen und der sich schnell ändernden Eis- und Wetterverhältnisse mit einem hohen Risiko verbunden, und sollte ein Schiff in Seenot geraten, kann es vor allem in der Antarktis unter Umständen sehr lange dauern, bis Hilfe vor Ort ist.
Vorsicht und Nachhaltigkeit müssen aber auch in allen anderen Bereichen menschlichen Handelns in den Polarregionen der Maßstab sein. Die Arktis und in Teilen auch die Antarktis erleben im Zuge des Klimawandels grundlegende Veränderungen, welche die dort beheimateten Lebensgemeinschaften sowie die natürlichen Prozesse auf eine harte Probe stellen. Angesichts dessen sollte die Menschheit alles daransetzen, den eigenen Fußabdruck in diesen äußerst empfindlichen Gebieten zu minimieren und ihn nicht durch unbedachtes, gewinnorientiertes Handeln zu vergrößern.