- Die Politik und das Meer
- > Die Meere lassen sich nur schützen, wenn alle Interessengruppen an einem Strang ziehen. Für eine gute Verwaltung der Meere bedarf es daher der Beteiligung der unmittelbar Betroffenen vor Ort sowie der Wirtschaft und Politik. Nationale wie auch internationale Abkommen sollen gewährleisten, dass ein umfassender Meeresschutz gesetzlich verankert ist. Allerdings müssen die festgelegten Spielregeln auch tatsächlich eingehalten werden.
Das Ideal der guten Meerespolitik
Der Schutz und die nachhaltige Nutzung des Meeres sind vor allem eine politische Aufgabe. Man muss beide sowohl in internationalen Übereinkünften als auch in nationalen Gesetzen verankern und dafür sorgen, dass diese auch eingehalten werden. Eine solche „gute Verwaltung des Meeres“ (Good Ocean Governance) ist deshalb schwierig, weil eine Vielzahl verschiedener Institutionen für das Meer und dessen Schutz zuständig sind und das Meer darüber hinaus in einzelne Zonen unterteilt wird. So gibt es im Seerechtsübereinkommen das Küstenmeer, das zum Hoheitsgebiet eines Staates gehört, die Ausschließliche Wirtschaftszone, in der ein Küstenstaat Ressourcen und Fischbestände exklusiv ausbeuten darf, und die Hohe See, die mit gewissen Einschränkungen allen Staaten für eine Nutzung offensteht. Diese Zonierung steht im Grunde im Widerspruch zu einer umfassenden nachhaltigen Governance des Meeres. Fischbestände bewegen sich über weite Strecken, Giftstoffe wandern mit den Meeresströmungen über Staatsgrenzen hinweg, und mit der Ozeanversauerung und -erwärmung existieren Bedrohungen, die alle Meeresgebiete gleichermaßen betreffen. Dass für verschiedene Arten und Sektoren der Meeresnutzung jeweils andere Institutionen zuständig sind, verkompliziert eine nachhaltige Governance zusätzlich. Auf der höchsten politischen Ebene befassen sich gleich mehrere verschiedene Einrichtungen der Vereinten Nationen mit den unterschiedlichen Meeresaspekten. So gibt etwa die Internationale Seeschifffahrts-Organisation IMO die Regeln für die internationale Handelsschifffahrt vor, und die Internationale Meeresbodenbehörde ISA verwaltet ausschließlich die Bodenschätze in den Gebieten der Hohen See. Hinzu kommen große UN-Behörden, zu deren Aufgaben bestimmte Meeresaspekte nur zu einem Teil gehören. Auch auf der regionalen Ebene herrscht derzeit die sektorale Sicht auf das Meer vor. So existieren heute knapp 600 Abkommen, die von mehreren Staaten verabschiedet worden sind und die be-stimmte Nutzungen in einer begrenzten Region regeln. Trotz der großen Zahl gibt es allerdings nur wenige Positivbeispiele für eine wirklich gute regionale Ocean Governance. In anderen Fällen scheiterte der Meeresschutz am fehlenden Miteinander der Staaten. Ein Beispiel ist die für die afrikanische Atlantikküste zwischen Mauretanien und Südafrika zuständige Abidjan-Konvention, die 1984 in Kraft trat. Bürgerkriege in der Elfenbeinküste, Liberia und Sierra Leone sowie fehlende technische Ausstattung und Gelder führten dazu, dass seit Inkrafttreten der Konvention kaum Meeresschutzziele erreicht wurden. Seit einigen Jahren aber bemühen sich die Mitgliedstaaten, den Meeresschutz wiederzubeleben. Trotz der vielen Hindernisse gibt es durchaus Beispiele für eine funktionierende Ocean Governance: So wurde die Hafenstaatenkontrolle PSC eingeführt, um die Einhaltung bestimmter UN-Konven-tionen zu überprüfen. Damit ist es den Hafenbehörden eines Landes erlaubt, ein Schiff im Hafen festzuhalten, wenn ein Schiffsführer gegen internationale Reglements verstößt. Auch Streitfälle zwischen 2 Staaten können heute oftmals erfolgreich auf internationalem Parkett ausgetragen werden. Die Staaten können ihren Fall dem Internationalen Gerichtshof IGH der Vereinten Nationen oder dem Internationalen Seegerichtshof ISGH vorlegen. In vielen Fällen geht es um Verletzungen der Seegrenzen. Doch selbst wenn ein Staat verurteilt wird, kann er sich weigern, das Urteil zu akzeptieren. In einem solchen Fall kann meist nur noch auf diplomatischem Wege zusätzlicher Druck ausgeübt werden. Aus diesem Grund betrachten Seerechtler den IGH und den ISGH als ein internationales Instrumentarium mit Schwächen.