- Mit den Küsten leben
- > Schon seit Jahrtausenden nutzt der Mensch die Küstengebiete der Welt. Sie sind Handelsstraße, Rohstoffquelle und liefern Fisch in großen Mengen. Kein Wunder, dass der Mensch immer schon um die Vormachtstellung am Meer kämpfte. Inzwischen beutet er die Küstenregionen so stark aus, dass sie einige ihrer geschätzten Ökosystemleistungen nicht mehr erbringen können. Zerstört werden Küstengebiete insbesondere durch Baumaßnahmen und Verschmutzungen.
Immense Leistung, immenser Druck
Der Mensch ist mit dem Lebensraum Küste seit Jahrtausenden eng verbunden und nutzt ihn sowohl als Nahrungslieferant als auch als Handelsraum. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass Menschen die Küstengewässer bereits 6000 Jahre vor Christus mit einfachen Booten befuhren, etwa im Südchinesischen Meer oder im östlichen Mittelmeer. Küsten waren stets auch Schauplatz zahlreicher Konflikte um politische und wirtschaftliche Vormachtstellungen in einer bestimmten Region. Heute erbringen die Küsten der Welt zahlreiche Leistungen, die man als Ökosystemleistungen bezeichnet. Dazu zählen die sogenannten bereitstellenden Dienstleistungen – Güter, die das Meer zur Verfügung stellt wie Fisch oder fossile Ressourcen. Von zentraler Bedeutung sind die unterstützenden Ökosystemleistungen, zu denen die Primärproduktion gehört – der Aufbau von Biomasse durch Algen mithilfe der Photosynthese. Die Primärproduktion ist die Voraussetzung für das Leben im Meer. Des Weiteren existieren kulturelle Ökosystemleistungen, die die spirituelle Bedeutung der Küsten, aber auch den Tourismus umfassen. Im Hinblick auf die Umweltverschmutzung durch den Menschen kommt den regulierenden Ökosystemleistungen eine besondere Bedeutung zu. Zu diesen zählen vor allem die Klärwerksfunktionen der Küstengewässer, da diese wesentlich zum Abbau von Nährstoffen beitragen, die von intensiv genutzten Äckern und aus ungeklärten Abwässern ins Meer gelangen. In vielen Fällen übernutzt der Mensch heute die Küstengewässer. Dadurch können sie ihre Ökosystemleistungen nicht mehr erbringen. Gelangen zu viele Nährstoffe aus der Landwirtschaft oder der Aquakultur ins Meer, können diese nicht mehr abgebaut werden. Die Gewässer werden überdüngt, sodass sich sauerstofffreie Zonen ausbreiten können. Auch Schadstoffe, die aus industriellen Prozessen in die Küstengewässer gelangen, stellen eine Bedrohung dar. Dazu zählen schwermetallhaltige Verbindungen oder langlebige chemische Substanzen, die sich in der Nahrungskette anreichern und Krankheiten wie Krebs auslösen können. Ein Beispiel sind die polyfluorierten Verbindungen, die seit Jahren für alltägliche Produkte wie Outdoorbekleidung oder Pfannenbeschichtungen verwendet werden. Eine andere Art der Verschmutzung ist der Plastikabfall, der auf vielen verschiedenen Wegen ins Meer gelangt. Meerestiere oder Seevögel verschlucken die Plastikteile und sterben daran. Darüber hinaus zerfällt das Plastik in mikroskopisch kleine Plastikbruchstücke. Dieses Mikroplastik lässt sich weltweit in den Meeren nachweisen. Inwieweit es die Tiere aufnehmen und wie gefährlich es ist, wird derzeit wissenschaftlich untersucht. Zu den größten Problemen in den Küstengewässern zählt aktuell die Überfischung. Da diese Gewässer besonders produktiv sind, wird hier zu intensiv Fisch gefangen. Darüber hinaus werden durch die Fischerei vielerorts Lebensräume am Meeresboden zerstört, beispielsweise Korallenriffe. Besonders stark werden Küsten heute durch die Zersiedelung der Landschaft und durch wachsende Megacitys in Küstennähe verändert, wodurch bedeutende Lebensräume wie Auen, Feuchtgebiete oder Mangroven verloren gegangen sind. Auch werden durch den Abbau von Sand für Bauprojekte Küstengebiete weiträumig zerstört. Für den Menschen ergibt sich eine besondere Bedrohung dadurch, dass viele der in den vergangenen Jahrzehnten stark gewachsenen Küstenmetropolen langsam versinken. Das liegt insbesondere an der Entnahme von Grundwasser zur Trinkwassergewinnung, das normalerweise wie ein Widerlager der schweren Bebauung entgegenwirkt. Durch das Versinken kommt es immer häufiger zu Überflutungen. Der durch den Klimawandel steigende Meeresspiegel könnte diese Situation in der Zukunft noch verschärfen.