Fischerei
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WOR 2 Die Zukunft der Fische - die Fischerei der Zukunft | 2013

Die illegale Fischerei

Die illegale Fischerei

> In vielen Meeresgebieten hat die illegale Fischerei zum Zusammenbruch der Bestände beigetragen – insbesondere in den Küstengewässern von Entwicklungsländern. Durch eine bessere internationale Zusammenarbeit bei der Kontrolle von Schiffen soll die illegale Fischerei künftig eingedämmt werden.

Skrupelloses Fischen verschärft die Probleme

Die Fischbestände der Welt sind heute nicht nur durch intensive legale Fischerei, sondern auch durch illegale, nicht gemeldete und nicht regulierte Fischerei (illegal, unreported and unregulated fishing, IUU-fishing) bedroht. Diese schwarz gefangene Menge lässt sich nur schwer abschätzen. Wissenschaftler tragen dafür in mühevoller Kleinarbeit Daten der Fischereiaufsicht aus verschiedenen Ländern, Einschätzungen von Experten, Handelsdaten oder Ergebnisse von fischereiunabhängigen Forschungsfahrten zusammen. Da es sich um einen Schwarzmarkt handelt, bleiben die Einschätzungen dennoch unsicher. Manche Fachleute gehen von jährlich 11 Millionen Tonnen, andere sogar von bis zu 26 Millionen Tonnen aus. Das entspricht immerhin 14 beziehungsweise 33 Prozent der Menge an Fischen und anderen Meerestieren, die im Jahr 2011 weltweit legal gefangen wurde. Diese Fänge müssen zur jährlichen weltweiten marinen Gesamtfangmenge von derzeit 78,9 Millionen Tonnen Meerestieren dazugerechnet werden. Viele Jahre aber wurde die IUU-Fischerei bei der Einschätzung von Fischbeständen nicht ausreichend berücksichtigt. Das ist problematisch, denn wenn der IUU-Anteil nicht in die Berechnungen eingeht, lassen sich die legalen Fangquoten für ein bestimmtes Meeresgebiet nicht richtig bestimmen. In der Annahme, dass weniger Fische gefangen werden, als dies tatsächlich der Fall ist, überschätzt man die Größe des Bestands und setzt die Fangquoten im folgenden Jahr daher zu hoch an. Die Konsequenz ist, dass auf Dauer ein Bestand so noch schneller überfischt werden kann. Die Überfischung wird durch illegale Fischerei auch deshalb verschärft, weil die IUU-Schiffe sogar in Meeresschutzgebiete eindringen, wo totales Fangverbot herrscht. Des Weiteren werden Fischereimanagementpläne völlig oder zumindest teilweise ignoriert, durch die überfischte oder zusammengebrochene Bestände geschont werden sollen. Letztlich ist die IUU-Fischerei heute aber vor allem deshalb kritisch zu betrachten, weil viele Fischbestände bereits legal überfischt sind. Die IUU-Fischerei erhöht den Druck auf die Bestände noch zusätzlich. Wären die Bestände hingegen nachhaltig bewirtschaftet, könnte die IUU-Fischerei die ohnehin angespannte Situation nicht in dem Maße verschärfen wie bisher. Die Welternährungsorganisation (Food and Agriculture Organization of the United Nations, FAO) teilt die illegale Fischerei in drei Kategorien ein:
Illegale Fischerei (illegal fishing): Von illegaler Fischerei spricht man, wenn fremde Schiffe ohne Erlaubnis in den Hoheitsgewässern einer anderen Nation fischen oder in anderer Weise die Fischereigesetze des Landes missachten – beispielsweise indem sie Fangzeiten oder Schutzgebiete des Staates ignorieren. So fischen IUU-Schiffe unter anderem in den Hoheitsgebieten westafrikanischer Staaten. Da sich die Länder kaum eine schlag­kräftige Fischereiaufsicht leisten können, kommen die IUU-Fischer in vielen Fällen ungestraft davon.
Nicht gemeldete Fischerei (unreported fishing): Nicht gemeldete Fischerei liegt dann vor, wenn Schiffe den nationalen Aufsichtsbehörden ihren Fang nicht vollständig melden oder niedrigere Mengen angeben, als sie tatsächlich aus dem Wasser gezogen haben. So fischen manche Schiffe mehr Tonnen, als ihnen nach einer staatlich verordneten Fangquote zusteht. 2006 wurden beispielsweise mehrere spanische Trawler bei Spitzbergen aufgebracht. Wie sich bei Kontrollen durch die norwegische Küstenwache herausstellte, befanden sich im Laderaum zusätzlich zur offiziell gemeldeten Ladung, die aus ausgeweidetem Kabeljau bestand, 600 Tonnen Kabeljau­filets. Die Fischer hatten diese nicht gemeldet. Das spanische Fischereiunternehmen wurde im Anschluss zu einer Buße von 2 Millionen Euro verurteilt.
3.25 > Verfolgungsjagd vor Südkorea: Ein ganze Flotte illegaler chinesischer Fischerboote versucht vor der südkoreanischen Küs­tenwache zu fliehen. Wenig später werden die Fischer durch bewaffnete Einsatzkräfte gestoppt.
3.25 > Verfolgungsjagd vor Südkorea: Ein ganze Flotte illegaler chinesischer Fischerboote versucht vor der südkoreanischen Küs­tenwache zu fliehen. Wenig später werden die Fischer durch bewaffnete Einsatzkräfte gestoppt. © Dong-A Ilbo/AFP ImageForum/Getty Images
Nicht regulierte Fischerei (unregulated fishing): Nicht reguliert ist die Fischerei dann, wenn in einem Gebiet überhaupt kein Management vorhanden ist, das den Fang reglementiert, wie das zum Beispiel im Südatlantik der Fall ist. Der Begriff bezieht sich aber auch auf den Fang weit wandernder Fischarten und mancher Haiarten, der nicht durch eine der Regionalen Organisationen für das Fischerei­management (Regional Fisheries Management Organisation, RFMO) geregelt ist. Schließlich ist mit der Bezeichnung auch jene Art von Fischerei gemeint, die in internationalen Gewässern stattfindet und dabei die Vorgaben der entsprechenden RFMO missachtet. Zwar ist der nicht regulierte Fang nach der rechtlichen Konstituierung der Hohen See nicht im eigentlichen Sinne illegal. Er ist aber insofern problematisch, als dadurch in RFMO-Gebieten über die zwischen den jeweiligen RFMO-Mitgliedsstaaten vereinbarten maximalen Fangmengen hinaus zusätzlich Fisch gefangen wird. Voll genutzte Bestände können dadurch leicht überfischt werden. Zudem ignorieren die IUU-Fischer oftmals von den RFMOs eingerichtete Meeresschutzgebiete, in denen sich überfischte Bestände eigentlich erholen sollen.

Warum gibt es IUU-Fischerei?

Für die Fischer ist illegale Fischerei vor allem deshalb so attraktiv, weil sie weder Abgaben noch Steuern auf diese Fänge zahlen. Darüber hinaus gibt es IUU-Fischerei in großem Ausmaß, weil sie vielfach ungestraft bleibt. Das ist vor allem in den Hoheitsgewässern oder den Ausschließlichen Wirtschaftszonen von Staaten der Fall, die sich eine kostspielige Fischereiaufsicht wie beispielsweise in Europa nicht leisten können. Schwierig ist die Situation vor allem in den Entwicklungsländern. In einer umfassenden Analyse der weltweiten IUU-Fischerei kommen Forscher zu dem Schluss, dass IUU-Fischerei vor allem in jenen Staaten praktiziert wird, die typische Anzeichen für schwache staatliche Kontrolle zeigen. Dazu gehören ausufernde Korruption, unklare Gesetzgebungen oder mangelnde Fähigkeit beziehungsweise mangelnder Wille, bestehende Gesetze im Land durchzusetzen. Die westafrikanische Subregionale Fischereikommission (Subregional Fisheries Commission, SRFC), die aus 7 westafrikanischen Staaten besteht (Mauretanien, Senegal, Sierra Leone, Gambia, Guinea, Guinea-Bissau, Kap Verde), zählt die Ursachen der IUU-Fischerei im Detail auf:
  • Den Behörden fehlt es an gut ausgebildeten Fachkräften.
  • Die Behörden sind kaum motiviert, in Aufsichtspersonal zu investieren. Finanziell schwache Staaten setzen andere Prioritäten.
  • Die Fachkräfte sind schlecht bezahlt und häufig bestechlich. IUU-Fischer nutzen das aus und zahlen Schmiergeld.
  • Überwachungsboote und -flugzeuge sind teuer, sowohl in der Anschaffung als auch in Unterhalt und Wartung. Zudem lässt sich eine wirksame Fischereiaufsicht nur dann realisieren, wenn Schiffe und Flugzeuge auch eingesetzt werden. Häufig aber sind sie aus Mangel an Treibstoff oder Ersatzteilen nicht einmal betriebsbereit.
3.26 > Das Transshipment ist typisch für die IUU-Fischerei. So wie hier vor Indonesien wird die schwarze Ware von kleineren Fangschiffen auf größere Kühlschiffe umgeladen. Die Fangschiffe werden im Gegenzug mit Treibstoff und Vorräten versorgt und können so Monate auf See bleiben.
3.26 > Das Transshipment ist typisch für die IUU-Fischerei. So wie hier vor Indonesien wird die schwarze Ware von kleineren Fangschiffen auf größere Kühlschiffe umgeladen. Die Fangschiffe werden im Gegenzug mit Treibstoff und Vorräten versorgt und können so Monate auf See bleiben. © Alex Hafford/AFP ImageForum/Getty Images

Wo schwarz gefischt wird

Besonders kritisch ist die Situation vor Westafrika. Hier hat die IUU-Fischerei einen Anteil von 40 Prozent am Gesamtfang in dieser Region. Das ist der höchste Wert weltweit. Für die in dieser Region ohnehin stark ausgebeuteten Fischbestände ist das geradezu katastrophal. In dem Wissen, dass hier in der Regel weder eine Kontrolle durch die Fischereiaufsicht noch eine Strafverfolgung zu befürchten ist, fischen die IUU-Schiffe zum Teil direkt vor der Küste – mitunter in einem Abstand von nur 1 Kilometer. Ähnlich ist die Situation in Teilen des Pazifiks. Fachleute aus Indonesien berichten, dass es ungeheuer schwer ist, IUU-Fischer inmitten der Inseln und Archipele zu verfolgen. Mit jährlich 1,5 Millionen Tonnen ist die Menge des illegal gefangenen Fischs hier entsprechend groß. Besonders betroffen ist die Arafurasee zwischen Australien und Indonesien. Damit ist der zentrale Westpazifik nach Westafrika die Region mit der intensivsten IUU-Fischerei weltweit. Die durch die IUU-Fischerei gefangene Fischmenge entspricht im Westpazifik 34 Prozent der dort gefangenen Fischmenge. Ähnlich ist die Situation im Nordwestpazifik, insbesondere der westlichen Beringsee. IUU-Fischerei wird in dieser Gegend vor allem durch China und Russland betrieben. Sie liegt hier bei 33 Prozent. Die Angaben für den Südwestatlantik sind unsicher. Experten schätzen die IUU-Fischerei dort auf 32 Prozent.

Was schwarz gefischt wird

Bei Schwarzfischern besonders begehrt sind wertvolle demersale, am Boden lebende, Fischarten, wie zum Beispiel Kabeljau, sowie Lachse, Forellen, Hummer und Garnelen. Von Interesse sind meist jene Arten, die bereits legal überfischt sind oder deren Fang durch das Fischereimanagement beschränkt wurde. Da sie dementsprechend nur noch in kleinen Mengen gehandelt werden dürfen, sind Nachfrage und Preis hoch – was sie für Schwarzfischer lukrativ macht.

Zu viele Schlupflöcher

Eine Bekämpfung der IUU-Fischerei auf See ist generell ausgesprochen teuer und aufwendig. Reiche Länder wie Norwegen leisten sich eine strenge Kontrolle der Hoheitsgewässer und setzen dafür zahlreiche Boote und viel Personal ein. Eine wirksame und unter Umständen güns­tigere Alternative sind strenge Kontrollen in den Häfen. In diesem Fall aber lässt sich die illegale Fischerei nur dann eindämmen, wenn alle Häfen kooperieren. In der Europäischen Union (EU) sind seit 2008 und 2009 Verordnungen in Kraft, die einheitlich vorschreiben, wie in EU-Häfen zu kontrollieren ist. Seitdem ist es für IUU-Fischer in der EU schwierig geworden, Häfen zu finden, wo sie ihre Ladung löschen können. Doch nach wie vor gibt es in anderen Regionen Häfen, in denen IUU-Fischer ihre schwarze Ware unbehelligt anlanden können. Auch hier gilt, dass vor allem Entwicklungsländer aufgrund mangelnder Kontrollen für den illegalen Warenumschlag besonders geeignet sind. Beispiele wie das der spanischen Trawler vor Spitzbergen zeigen jedoch, dass sich auch Fischer aus EU-Ländern aufgrund von Profitgier dazu verleiten lassen, illegale Fischerei zu betreiben. Die Tatsache, dass keineswegs jedes IUU-Schiff einen Hafen ansteuern muss, um die illegale Fracht sofort zu löschen, verschärft die Probleme noch zusätzlich. In vielen Fällen, insbesondere vor den Küsten Westafrikas, wird der Fisch auf See von den kleinen Fangschiffen auf größere Kühlschiffe umgeladen. Bei diesem sogenannten Transshipment werden die Fischer an Bord zugleich mit neuem Proviant und Treibstoff versorgt, sodass sie für viele Monate auf See bleiben können.
3.27 > Von der IUU-Fischerei sind die Fischgruppen und Meerestiere unterschiedlich stark betroffen. Wie eine Studie zeigt, waren im Zeitraum 2000 bis 2003 besonders am Boden lebende, demersale, Fische für IUU-Fischer interessant. Dargestellt ist der prozentuale Anteil im Vergleich zur legal gefangenen Fischmenge.
3.27 > Von der IUU-Fischerei sind die Fischgruppen und Meerestiere unterschiedlich stark betroffen. Wie eine Studie zeigt, waren im Zeitraum 2000 bis 2003 besonders am Boden lebende, demersale, Fische für IUU-Fischer interessant. Dargestellt ist der prozentuale Anteil im Vergleich zur legal gefangenen Fischmenge.   © nach Agnew et al. (2009)
Die westafrikanische Subregionale Fischereikommission (SRFC) kommt zu dem Schluss, dass manche IUU-Schiffe vor Westafrika 365 Tage im Jahr im Einsatz sind. Der Druck auf die Fischbestände ist somit enorm. Die Kühlschiffe laufen später Häfen in Ländern an, in denen sie ungestört bleiben, weil dort nur lax kontrolliert wird. Erleichtert wird die IUU-Fischerei auch durch das Ausflaggen in sogenannte Billigflaggenstaaten wie Belize, Liberia oder Panama. Dabei wird das Schiff nicht im Heimatland der Reederei registriert, sondern in einem anderen Staat mit einer weniger strengen Gesetzgebung oder nachlässigeren Kontrollen. Mit dem Wechsel in ein ausländisches Schiffsregister lassen sich auch restriktive arbeitsrechtliche Bestimmungen oder Mindestlöhne im Heimatland umgehen. Die Reedereien müssen dann weniger Heuer und Sozialabgaben für ihre Crews entrichten, als sie es zum Beispiel in einem deutschen Schifffahrtsregis­ter müssten. Außerdem ist die Fischereigesetzgebung in Billigflaggenländern in vielen Fällen äußerst lasch. Solche Staaten kontrollieren ihre Schiffe so gut wie gar nicht auf schwarz gefischte Fangmengen. Auch die Arbeitsbedingungen an Bord werden nachlässig überwacht und sind entsprechend schlecht. Für Niedriglöhne arbeiten die Fischer auf spartanisch eingerichteten Schiffen, die nur selten die aktuellen Sicherheitsstandards der Handelsschifffahrt erfüllen, die sogenannten SOLAS-Regeln (International Convention for the Safety of Life at Sea, Internationales Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See). Die Konvention schreibt genau vor, über welche Sicherheitsausrüstungen ein Schiff verfügen sollte.

Der Kampf gegen das illegale Fischen

Die IUU-Fischerei ist heute ein weltweites Problem. Die Fischmengen, die illegal gefangen werden, sind riesig. Dennoch scheint die schlimmste Phase überwunden zu sein. Am stärksten war die IUU-Fischerei Mitte der 1990er Jahre ausgeprägt. Seitdem hat sie, so die FAO, in diversen Meeresgebieten abgenommen, wozu auch eine bessere staatliche Kontrolle beigetragen hat. So wurde in Mauretanien mit Unterstützung durch deutsche Entwicklungshilfe eine Fischereiaufsicht aufgebaut, die Schiffe mit einem satellitengestützem Schiffsüberwachungssystem beobachtet. In anderen Nationen hat sich der Wille durchgesetzt, Gesetze und Vereinbarungen künftig konsequent zu achten. Ein Beispiel ist Polen. Viele Jahre lang hatten sich polnische Fischer nicht an die auf EU-Ebene vereinbarten Dorschquoten in der östlichen Ostsee gehalten und deutlich mehr Fisch gefangen als erlaubt. Die polnische Regierung duldete das. Mit dem Regierungswechsel im November 2007 hat sich das geändert. Polen hält heute die Quoten ein. Mit der Zunahme der Weltbevölkerung wird die Nachfrage nach Fisch sicherlich weiter steigen. Die IUU-Fischerei bleibt damit weiterhin attraktiv. Nur durch verschärfte Kontrollen wird sie sich eindämmen lassen. Dazu müssen die Kontrollen und Sanktionen international aufeinander abgestimmt und konsequent umgesetzt werden. Die FAO hat dazu 1995 den sogenannten Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Fischerei (Code of Conduct for Responsible Fisheries) verabschiedet. Rund 170 Mitgliedsländer haben ihm zugestimmt. Zwar ist der Verhaltenskodex freiwillig und rechtlich nicht bindend, dennoch haben inzwischen mehrere Länder einige dieser Vorschriften in nationales Recht umgesetzt – beispielsweise Australien, Malaysia, Namibia, Norwegen und Südafrika. Wie zu erwarten hat die IUU-Fischerei in diesen Regionen abgenommen.
3.28 > Eine bewaffnete Einheit der südkoreanischen Küstenwache bringt chinesische Fischer auf, die illegal vor Südkorea fischen. Nur wenige Länder können sich eine so schlagkräftige Fischeraufsicht leisten. © Dong-A Ilbo/AFP ImageForum/Getty Images

3.28 > Eine bewaffnete Einheit der südkoreanischen Küstenwache bringt chinesische Fischer auf, die illegal vor Südkorea fischen. Nur wenige Länder können sich eine so schlagkräftige Fischeraufsicht leisten.
Um die Anlandungen von illegal gefangenem Fisch in der EU zu unterbinden, wurden im Jahr 2008 die IUU-Verordnung 1005 und im Jahr 2009 die Kontrollverordnung 1224 verabschiedet. Diese schreiben genau vor, welche Schiffe in der EU Fisch anlanden dürfen, welche Dokumente sie dafür vorlegen müssen und wie die Ware kontrolliert werden muss. Das Ziel besteht darin, europaweit die IUU-Fischerei zu unterbinden und Schlupflöcher zu schließen. Demnach läuft der Löschvorgang in einem EU-Hafen heute folgendermaßen ab: A) Bevor das Schiff Fisch anlandet, muss es seine Ware melden. B) Legt das Schiff an, wird
  • die Fanglizenz kontrolliert. Diese beinhaltet unter anderem die Schiffs­betriebs­erlaubnis des Flaggenstaats und die Information darüber, wer berechtigt ist, das Schiff zu führen.
  • die Fangerlaubnis kontrolliert. Diese enthält im Detail Informationen darüber, welchen Fisch das Schiff wann, wo und in welcher Menge fangen darf.
  • das Fangzertifikat kontrolliert. Dieses listet Informationen über den Zeitpunkt und Ort des aktuellen Fangs im Laderaum auf.
  • das elektronische Logbuch kontrolliert. Dort muss der Schiffsführer täglich notieren, wann und wo er welche Menge Fisch gefangen hat.
Fehlt ein Dokument, darf das Schiff die Ladung nicht löschen. Es muss dann einen Hafen außerhalb der EU ansteuern. Das Löschen wird auch dann verweigert, wenn sich Diskrepanzen zwischen den Angaben im Fangzertifikat und den täglichen Einträgen im elektronischen Logbuch ergeben. In diesem Fall kann die Fischerei­aufsichts­behörde – in Deutschland ist dies die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung – Schiffsbeobachtungsdaten anfordern. Denn Fangschiffe müssen heute mit einem besonderen elektronischen Gerät, einer sogenannten Blue Box, ausgerüstet sein. Sie ist Bestandteil eines satelliten­gestützten Schiffsüberwachungssystems (Vessel Monitoring System, VMS). Diese Blue Box sendet in regelmäßigen Abständen ihre Positionsdaten an die jeweiligen lokalen Fischereiaufsichtsbehörden, in deren Hoheitsgebiet das Schiff gerade fängt. Hat sich das Schiff in einem Hoheits- oder Fanggebiet aufgehalten, wo es nicht fischen durfte, kann der Schiffsführer strafrechtlich belangt werden.
3.29 > Fischereischiffe müssen heute eine Blue Box an Bord haben, die Teil eines satellitengestützten Schiffsüberwachungssystems (Vessel Monitoring System, VMS) ist. Die Blue Box sendet regelmäßig die Position des Schiffs an Aufsichtsbehörden. Zusätzlich verfügen Schiffe über GPS-Sender, die die Position und Geschwindigkeit des Schiffs melden.
3.29 > Fischereischiffe müssen heute eine Blue Box an Bord haben, die Teil eines satellitengestützten Schiffsüberwachungssystems (Vessel Monitoring System, VMS) ist. Die Blue Box sendet regelmäßig die Position des Schiffs an Aufsichtsbehörden. Zusätzlich verfügen Schiffe über GPS-Sender, die die Position und Geschwindigkeit des Schiffs melden.  © maribus
Ein Staat, in dem der Fisch angelandet werden soll, kann die VMS-Daten im Verdachtsfall bei jenem Staat, in dessen Gebieten gefischt wurde, anfordern. Außerdem wird in jedem EU-Hafen der Löschvorgang beobachtet. Die Fischerei­aufsicht kontrolliert, wie viel gelöscht wird und aus welchen Arten sich der Fang zusammensetzt. Ab und zu werden Stichproben genommen. Zwischen der EU und den übrigen Staaten der Kommission für die Fischerei im Nordostatlantik (North East Atlantic Fisheries Commission, NEAFC), unter anderem Island und Norwegen, wurden entsprechende Maßnahmen beschlossen. Damit soll diese Region für IUU-Fischer nicht mehr erreichbar sein. Das Gleiche gilt für den Nordwestatlantik, die Häfen der USA, Kanadas und anderer Mitgliedsstaaten der Organisation für die Fischerei im Nordwestatlantik (Northwest Atlantic Fisheries Organization, NAFO) wie etwa Dänemark, Island und Norwegen. Das Beispiel Mauretanien zeigt, dass eine strenge Kontrolle auch in Entwicklungs­ländern möglich ist. Durch die Überwachung der Anlandungen in den Häfen und die Kontrolle der Schifffahrt durch ein VMS wurde die IUU-Fischerei dort weitgehend eliminiert. Die FAO macht sich seit Jahren für entsprechende strenge und einheitliche Kontrollen weltweit und eine enge Zusammenarbeit von Häfen stark. Einheitliche Maßnahmen der Hafenstaaten sollen es den IUU-Fischern schwer machen, einen Hafen zu finden, in dem sie ihre Ladung unbehelligt löschen können. Allerdings verdienen Häfen durch Gebühren. Diejenigen, die von vielen Schiffen angelaufen werden, verdienen viel Geld. Für manche Häfen ist das wichtiger als der Schutz von Fischbeständen. Zwar gibt es seit gut 3 Jahren eine internationale Mustervereinbarung, die auf Basis der FAO-Richtlinien entstanden ist, konkrete Maßnahmen zur Umsetzung weltweiter Maßnahmen aber gibt es bislang nicht. Ein weiterer Vorstoß gegen das illegale Fischen sind die schwarzen Listen, die von den RFMOs geführt werden. Dort sind Schiffe vermerkt, die schon einmal versucht haben, IUU-Fisch in einem RFMO-Hafen zu löschen. Hafen- und Fischerei­aufsichts­behörden rufen diese Listen regelmäßig ab. Dieses „name and shame“-Prinzip soll es IUU-Fischern noch schwerer machen, Häfen zu finden, die sie anzulaufen können. Aber auch in diesem Fall gilt, dass die Staaten kooperieren müssen, um die IUU-Fischerei zu bekämpfen. Solange es Schlupflöcher aufgrund mangelnder internationaler Abstimmung gibt, gibt es IUU-Fischerei. Textende