Betreibt man Aquakultur mit Unbedacht, sind häufig Umweltschäden die Folge – gerade bei Aquakulturen, die im Meer errichtet werden. Das kann beispielsweise bei der Muschelzucht oder Fischzucht in Käfigen der Fall sein, denn hier findet ein direkter Austausch zwischen Zuchttieren und der Umgebung statt. Beispielsweise entkamen in der Vergangenheit häufig Zuchtfische aus Käfiganlagen, etwa europäische Atlantische Lachse in Nordamerika. Durch sie wurden im Laufe der Zeit Krankheiten auf die Wildpopulation an der US-Küste übertragen. Fühlen sich die fremden Arten in der neuen Umgebung wohl, können sie sich stark vermehren und einheimische Arten sogar verdrängen. Auch die Pazifische Felsenauster, die Muschelzüchter vor einigen Jahrzehnten in Holland und vor Sylt ausgesetzt haben, entwickelte sich zum Problemfall. Inzwischen hat sich die Art im ganzen Wattenmeer verbreitet. Sie überwuchert die blau-schwarzen Miesmuschelbänke – die Hauptnahrung der Eiderenten und Austernfischer –, die damit für die Vögel unerreichbar sind. Fachleute nennen solche fremden Arten, die sich in neuen Gebieten ausbreiten, invasive Arten. In Europa gibt es inzwischen Vorschriften für die Einfuhr neuer Zuchtarten, die unter anderem eine längere Quarantäne vorsehen. In vielen Gebieten Asiens aber nimmt man das Problem der invasiven Arten weniger ernst. Fachleute fordern daher, genauer zu untersuchen, wie groß das Risikopotenzial einer Art ist, das Ökosystem zu verändern. Ein anderes Problem kann die Entnahme von Jungfischen oder Fischlarven aus der Natur sein. Der Europäische Aal beispielsweise, der von den europäischen Flüssen in das Laichgebiet, die Sargassosee im Westatlantik, wandert, lässt sich bis heute nicht in Gefangenschaft vermehren. Für die Aufzucht sind Jungtiere nötig, die man in der Natur fängt. Durch diese Praxis gibt es einen zusätzlichen Druck auf die wilden Fischbestände. Die Ära, in der für neue Aquakulturanlagen Mangroven in den großen Flussmündungen Südostasiens abgeholzt wurden, ist hingegen so gut wie vorbei. Gründe dafür waren der zunehmende öffentliche Druck. Hinzu kam, dass sich die Mangroven als ungeeignete Standorte erwiesen. Wie der Boden des Wattenmeers enthält das Sediment in Mangrovenwäldern Stickstoffverbindungen, insbesondere giftigen Schwefelwasserstoff. Dieses Milieu erwies sich als ungeeignet für die Zucht. Nach Aussagen von Entwicklungshilfeorganisationen werden Brackwasser-Aquakulturanlagen heute beispielsweise in Thailand nicht mehr in den Mangroven, sondern in Flächen weiter landeinwärts errichtet.
Abb. 4.10 > Die Pazifische Auster hat sich im gesamten Wattenmeer ausgebreitet. Sie überwuchert vor allem Miesmuschelbänke, die für Seevögel wie zum Beispiel Eiderenten eine wichtige Nahrung sind. Eingeführt wurde sie ursprünglich von Muschelzüchtern in den Niederlanden und auf Sylt. © Achim Wehrmann/dapd/ddp images