Medizin
9
WOR 1 Mit den Meeren leben - ein Bericht über den Zustand der Weltmeere | 2010

Medizin

Medizinisches Wissen aus dem Meer
> Meeresorganismen wie Bakterien, Korallen oder Schwämme enthalten Tausende von interessanten Substanzen, aus denen man künftig neue Medikamente entwickeln könnte. Einige dieser Wirkstoffe wurden bereits als Arznei zugelassen. Auch lässt sich an den ursprünglichen Organismen sehr gut erforschen, wie Krankheiten entstehen oder bekämpft werden können. Bevor der medizinische Schatz im Meer gehoben werden kann sind aber noch rechtliche Fragen zu klären.

Meerestiere als Wirkstofflieferanten

> Wirkstoffe aus dem Meer werden heute bereits als Krebsmedikamente oder Schmerzmittel eingesetzt. Andere Präparate befinden sich in der klinischen Erprobung. Doch die Fahndung nach neuen vielversprechenden Substanzen ist aufwendig. Mit genanalytischen Methoden versucht man jetzt, die Suche zu beschleunigen.

weiter >

Wie Krankheiten entstehen – Ursachenforschung

> Die Immunsysteme von Mensch und Tier sind erstaunlich ähnlich. Wissenschaftler vergleichen beide miteinander. Sie hoffen Immunerkrankungen des Darms, der Haut oder der Lunge durch die Erforschung ursprünglicher Meeresorganismen besser verstehen zu können. Sicher ist, dass dabei Bakterien eine große Rolle spielen – nicht nur als Krankheitserreger, sondern vor allem als Bestandteil der Körperabwehr.

weiter >

Rechtliche Fragen der marinen Medizinforschung

> Während das Interesse an den Wirkstoffen im Ozean wächst, versuchen Rechtswissenschaftler zu klären, wem die Substanzen eigentlich gehören. Eine Rolle spielt dabei, wo die Organismen vorkommen, aber auch, inwieweit der Mensch einen Naturstoff oder eine Gensequenz patentieren darf. Problematisch ist unter anderem, dass in verschiedenen Nationen unterschiedliche Patentregelungen gelten.

weiter >

Der Beginn einer neuen Ära?

Die Gewinnung von medizinisch oder industriell nutzbaren Wirkstoffen im Meer wird für Wissenschaftler und Unternehmen zunehmend interessant. In den vergangenen Jahren hat man bereits eine ganze Reihe von Substanzen aus Meeresorganismen extrahiert, die in der Krebstherapie oder bei der Behandlung viraler Infektionen eingesetzt werden. Moderne genanalytische Methoden erleichtern die Suche nach Wirkstoffen heute enorm – umgehen sie doch die mühsame klassische Zucht in Laborkulturen. Lange Zeit zögerten Firmen, in die aufwendige Wirkstofffahndung in den Ozeanen einzusteigen. Die Suche blieb den akademischen Einrichtungen vorbehalten. Mit der Gründung junger Start-up-Firmen aber nimmt die Kommerzialisierung der Meeresmedizin an Fahrt auf. Noch allerdings klafft zwischen der Grundlagenforschung und der endgültigen Entwicklung eines Wirkstoffs bis zur Marktreife oft eine Innovationslücke, weil Risikokapitalgeber fehlen. Staatliche Fördergelder könnten hier entscheidende Hilfe leisten, den Sprung in den Markt erleichtern und die lange Phase der klinischen Prüfung überbrücken helfen. Doch nicht allein die Aussicht auf neue Wirkstoffe macht die Erforschung der Meeresorganismen interessant. Wie sich zeigt, ähneln sich die Stoffwechselwege primitiver mariner Lebewesen und des Menschen oftmals in erstaunlicher Weise. Einfache Lebensformen wie Schwämme oder Nesseltiere sind damit eine ideale Vorlage, um die biochemischen Vorgänge des Menschen und seine Krankheiten zu verstehen. Ein Forschungsschwerpunkt sind die Erkrankungen der Barriereorgane des Menschen, der Haut, der Lunge oder des Darms. Experten gehen davon aus, dass hier das Wechselspiel zwischen dem menschlichen Immunsystem und den auf der Körperoberfläche siedelnden symbiontischen Bakterien aus den Fugen geraten ist. Auch hier können Nesseltiere als relativ einfaches Wirt-Bakterien-System neue Erkenntnisse liefern. Dass Bakterien der Bar­riereorgane wesentlich an der Balance zwischen Gesundheit und Krankheit beteiligt sind, gilt als sicher. Was im Detail zwischen Mensch und Mikrobe abläuft, ist heute aber noch fast völlig unverstanden. Hier bedarf es noch vieler Jahre Grundlagenforschung. Unklar ist auch, wie man die biologischen Ressourcen im Meer angesichts des aufflammenden Interesses zwischen den Staaten aufteilen sollte.