Erdgas kommt im Meeresboden nicht nur als gasförmige Variante vor, sondern vermutlich viel häufiger als sogenanntes Gashydrat – das heißt in fester Form. Gashydrate bestehen in erster Linie aus gefrorenen Wassermolekülen, die ein festes Kristallgitter bilden. Auf den ersten Blick sehen sie deshalb auch wie Eis aus. Anders als beim Eis aber sind im Kristallgitter eines Gashydrates ein oder mehrere Gase eingeschlossen. In vielen Fällen handelt es sich dabei um Methan. Möglich sind aber auch Stickstoff, Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff, Ethan oder aber Propan.
Gashydrate stellen somit eine hochkonzentrierte Form natürlicher Gase dar. Aus einem Kubikmeter Methanhydrat beispielsweise können 160 bis 180 Kubikmeter Methangas gewonnen werden, weshalb Methanhydrate jahrzehntelang als attraktiver Rohstoff zur Energiegewinnung betrachtet wurden. Wissenschaftlichen Studien zufolge lagern weltweit zwischen 100 und 1000 Billionen Kubikmeter Methangas in Form von Hydraten im Meeresboden der Schelfmeere und Kontinentalränder. Diese Menge würde theoretisch ausreichen, den aktuellen Gasverbrauch der Welt (2019: 4,088 Billionen Kubikmeter) für mindestens weitere 24 Jahre zu decken.
Realistisch betrachtet aber ließe sich vermutlich nur ein vergleichsweiser kleiner Teil dieser Vorkommen tatsächlich abbauen, denn Gashydrate bilden sich nur an den Kontinentalrändern ab einer Wassertiefe von circa 300 Metern. Die Erklärung dafür ist zweigeteilt: Zum einen rieselt nur an den Kontinentalrändern so viel organisches Material aus den oberen Wasserschichten in die Tiefe, dass die im Meeresboden lebenden Mikroben dieses im großen Umfang zersetzen und dabei Methan erzeugen können. Zum anderen ist erst ab etwa 300 Meter Wassertiefe der Druck hoch genug, dass sich aus im Sediment gebildeten Gasen und Porenwasser Hydrate bilden und stabil bleiben. Verändert sich die Temperatur des Meeresbodens oder sinkt der Druck in der Tiefe, verflüssigt sich das Kristallgitter aus Wassermolekülen – und das eingeschlossene Gas entweicht. Dieser physikalische Prozess wird als Dissoziation bezeichnet und erklärt, warum man Methanhydrate anzünden kann. Das Feuer des Streichholzes schmilzt zuerst das Eis und entzündet anschließend das entweichende Gas.
5.22 > Holt man Methanhydrate vom Meeresgrund hinauf, zerfallen sie unter Atmosphärendruck. Das frei werdende Methan lässt sich dann leicht entzünden.
Methanhydrate abzubauen ist technisch seit geraumer Zeit möglich. Japanische, US-amerikanische und europäische Forscher haben bereits entsprechende Verfahren entwickelt und im Feld getestet. Ihre Forschungsergebnisse waren jedoch ernüchternd. Gemessen an der Förderung normalen Erdgases, verging viel zu viel Zeit, bis die angebohrten Gashydrate in der Tiefe dissoziierten und das entweichende Gas durch Rohrleitungen aufstieg. Angesichts der hohen Investitionskosten sei eine industrielle Förderung deshalb unwirtschaftlich, schlussfolgerten viele Fachleute nach den Tests. Nichtsdestotrotz investieren vor allem Japan und China weiterhin in die Entwicklung neuer Abbaumethoden. Gelänge es, kostengünstigere Verfahren zu entwickeln, könnte beispielsweise Japan die Gashydratvorkommen in seinen Hoheitsgewässern abbauen und damit seine Abhängigkeit von Flüssiggasimporten reduzieren. Noch aber ist den beteiligten Fachleuten der entscheidende Durchbruch nicht gelungen. Angesichts der aktuellen Weltmarktpreise für Erdgas wäre der Abbau von Methanhydraten nach wie vor ein Verlustgeschäft.
5.23 > Methanhydrate kommen weltweit vor allem an den Kontinentalabhängen vor. Die größten Lagerstätten werden vor Peru und vor der Arabischen Halbinsel vermutet. Die Grafik berücksichtigt nur jene Gashydrate, deren Methan durch Mikroorganismen erzeugt wurde. Nicht berücksichtigt sind Methanmengen, die in tieferen Sedimentschichten durch chemische Umwandlung von Biomasse entstanden sind.