Die programmierbare Genschere CRISPR/Cas9 ist eine neue, molekularbiologische Methode, mit der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen jeden DNA-Strang an einer ganz bestimmten Stelle durchtrennen und im Zuge der anschließenden Reparatur einzelne DNA-Bausteine ausschneiden, austauschen oder auch neu einfügen und somit einzelne Gene umschreiben können.
Die Abkürzung CRISPR steht dabei für die englische Bezeichnung Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats und bezeichnet Abschnitte sich wiederholender DNA (repeats). Entwickelt wurde die Genschere von den beiden Molekularbiologinnen Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna, die dafür im Jahr 2020 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurden.
Der grundlegende CRISPR/Cas-Mechanismus stammt ursprünglich aus Bakterien. Er dient ihnen als eine Art Immunsystem, mit dem sie feindliche Viren anhand zuvor gespeicherter DNA-Fragmente erkennen und abwehren können. Dieses System machen sich die Forschenden nun zunutze. Um die Stelle zu finden, an welcher der Doppelstrang durchtrennt werden soll, versehen die Wissenschaftler das Schneideprotein Cas9 mit einem ausgewählten Zielsequenzcode (Guide-RNA). Das Protein sucht anschließend den Erbgutdoppelstrang genau nach dieser Sequenz ab. Am Ziel angekommen, dockt es an dem Doppelstrang an und schneidet ihn durch.
Hat Cas9 den Doppelstrang durchgeschnitten, setzt das natürliche Reparaturprogramm der Zelle ein und fügt den durchtrennten DNA-Strang wieder zusammen. Diese Reparatur kann zufällig (nicht homolog) oder gezielt erfolgen (homolog). Bei der nicht homologen Reparatur werden an der Bruchstelle einzelne DNA-Bausteine entfernt oder falsch zusammengesetzt. Dadurch kann das betreffende Gen nicht mehr richtig abgelesen werden und ist somit nicht mehr aktiv. Bei der homologen Reparatur kann an der Bruchstelle ein neuer Genabschnitt oder eine kurze neue DNA-Sequenz eingefügt und die Genfunktion so verändert werden.
Sowohl die Guide-RNA als auch das Schneideprotein Cas9 werden synthetisch hergestellt und anschließend in eine Zelle eingeführt. Im Vergleich zu anderen Genome-Editing-Verfahren lässt sich die Genschere CRISPR/Cas9 einfacher, schneller und kostengünstiger einsetzen. Sie arbeitet auch weitaus präziser als andere Methoden: Unbeabsichtigte Schnitte im DNA-Strang sind selten und lassen sich weitgehend ausschließen. Außerdem können mit CRISPR/Cas9 mehrere Genomveränderungen gleichzeitig durchgeführt werden.
7.4 > Die Genschere CRISPR/Cas9 ist eine molekularbiologische Methode, um DNA punktgenau zu schneiden und zu verändern. Mit ihr können einzelne DNA-Bausteine eingefügt, entfernt oder modifiziert werden. Das Verfahren funktioniert bei allen Organismen und wird unter anderem in der Tier- und Pflanzenzüchtung sowie in der Biotechnologie eingesetzt.