Der Ozean speichert nicht nur Wärme, er entzieht der Atmosphäre auch das Treibhausgas Kohlendioxid. Seit Beginn der Industrialisierung haben die Weltmeere 25 Prozent der vom Menschen verursachten Kohlendioxidemissionen aufgenommen – mit schwerwiegenden Folgen für die Meereschemie. Denn wenn sich Kohlendioxid aus der Atmosphäre im Meerwasser löst, kommt es zu einer chemischen Veränderung des Oberflächenwassers. Sein pH-Wert sinkt, das Wasser wird saurer.
Normalerweise hat Meerwasser einen pH-Wert von 8,2 im Durchschnitt und ist damit eher basisch. Grund dafür sind mineralische Bestandteile im Wasser, sogenannte Kalziumkarbonate wie Calcit und Aragonit, die einst aus verwittertem Gestein an Land gelöst und anschließend ins Meer geschwemmt wurden. Nimmt der Ozean nun aber Kohlendioxid auf (aus der Atmosphäre oder weil Meereslebewesen es ausatmen), löst sich dieses Gas im Gegensatz zu Sauerstoff nicht einfach nur im Wasser. Im Gegenteil – eine Teilmenge des Kohlendioxids reagiert mit dem Wasser, sodass Kohlensäure entsteht. Dieses wiederum zerfällt in Bikarbonate, die sogenannten Salze der Kohlensäure, und Protonen (auch als Wasserstoffionen bezeichnet). Letztere treiben den Säuregehalt des Wassers in die Höhe, der Ozean versauert.
Das Maß für die Konzentration der Wasserstoffionen in einer Lösung ist der sogenannte pH-Wert. Dieser Zahlenwert gibt die Konzentration jedoch als negativen dekadischen Logarithmus an. Das bedeutet, je mehr Wasserstoffionen in einer Lösung vorhanden sind, desto kleiner ist der pH-Wert. Der mittlere pH-Wert der Meeresoberfläche ist seit dem Jahr 1860 von 8,2 auf 8,1 gesunken. Dieser vermeintlich kleine Schritt auf der logarithmischen pH-Skala entspricht einem realen Anstieg des Säuregehalts um 26 Prozent – eine Veränderung, wie sie die Weltmeere und ihre Bewohner in den letzten Jahrmillionen nicht erlebt haben. Mittlerweile reicht das Versauerungssignal in Tiefen von bis zu 2000 Metern. Sollte die Menschheit auch weiterhin so viel Kohlendioxid emittieren wie bisher, wird der pH-Wert der Ozeane bis zum Jahr 2100 voraussichtlich um weitere 0,3 bis 0,4 Einheiten sinken und das Meerwasser um 100 bis 150 Prozent saurer werden. Das heißt nicht, dass die Ozeane tatsächlich sauer sind, denn auch bei Werten um 7,7 bleiben sie chemisch betrachtet basisch, doch sind sie – relativ gesehen – saurer als zuvor.
Wie viel Kohlendioxid sich im Wasser anreichert, hängt unter anderem von der Wassertemperatur ab (Gase lösen sich im kalten Wasser besser), vom Grad der Aussüßung (salzarmes Wasser versauert schneller) sowie vom Sauerstoffverbrauch. In den überdüngten Küstenzonen beispielsweise leben viele Organismen, die große Mengen Sauerstoff veratmen und dementsprechend viel Kohlendioxid freisetzen. Erwärmen sich die Küstengewässer dann auch noch, werden ihre Lebensgemeinschaften auf dreifache Weise unter Druck gesetzt – durch die Erwärmung, die Sauerstoffabnahme und die Versauerung. Da nur wenige Arten diesem geballten Meereswandel gewachsen sind, sprechen Wissenschaftler im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels für den Ozean auch von einem tödlichen Trio.
Abb. 2.22 > Im Zeitraum von 1994 bis 2007 hat der Weltozean durchschnittlich 31 Prozent des vom Menschen freigesetzten Kohlendioxids aufgenommen und bis in beachtliche Tiefen eingelagert. Welche Unterschiede es dabei zwischen den großen Ozeanbecken gibt, zeigt diese Grafik. Die schwarzen Linien markieren die schrittweise Abnahme der CO2-Konzentration um jeweils zwei Mikromol Kohlendioxid pro Kilogramm Wasser.