In den Gewässern Islands und Grönlands leben vermutlich Haie, die dort schon auf Beutefang gingen, als im Jahr 1789 in Paris die Französische Revolution ihren Lauf nahm – also vor 230 Jahren. Grund zu dieser Annahme gibt eine Studie, in der Forscher im Jahr 2016 das Alter von 28 Grönlandhaien (Somniosus microcephalus) bestimmt haben. Das älteste Weibchen mit einer Körperlänge von 5,02 Metern war demnach mindestens 272 Jahre alt, vielleicht aber auch bis zu 240 Jahre älter. Eine genauere Eingrenzung war nicht möglich, weil Grönlandhaie als Knorpelfische weder eine verknöcherte Wirbelsäule noch verknöcherte Flossenstrahlen besitzen, deren Wachstumsringe die Forscher hätten zählen können. Stattdessen blieben ihnen nur die Augenlinsen der Haie, die im Embryonalstadium gebildet werden und deren Kohlenstoffisotop-Gehalt die Wissenschaftler mit der Radiokarbonmethode analysierten. Die Ergebnisse machten dennoch Schlagzeilen, denn länger als die größten Fische des Arktischen Ozeans lebt kein anderes bekanntes Wirbeltier der Erde.
Grönlandhaie werden ausgesprochen selten in freier Natur beobachtet. Die Raubfische bevorzugen Regionen mit Wassertemperaturen unter fünf Grad Celsius und durchstreifen auf der Suche nach Kadavern oder Lebendbeute die Küsten- und Tiefseeregionen der Arktis und des Nordatlantiks. Ihre Wanderung durch arktische Gewässer gleicht aus Energiespargründen jedoch eher einer Schleichfahrt. Mit einem Schwimmtempo von durchschnittlich 30 Zentimetern pro Sekunde (1,08 km/h) sind Grönlandhaie deutlich langsamer als die meisten anderen Haie, was sie aber nicht davon abhält, Fische, Robben und Belugawale zu jagen. Geschlechtsreif werden die Tiere in einem Alter von 156 (± 22) Jahren. Ihr Nachwuchs schlüpft bereits im Körper des Weibchens aus dem Ei und ist bei der Geburt vermutlich etwa 40 Zentimeter lang. Bei einem Wachstum von weniger als einem Zentimeter pro Jahr kann man nur erahnen, wie alt jene Grönlandhaie gewesen sind, die einst mit einer Länge von bis zu 7,3 Metern gefangen worden sind. Diesen Wert gibt die Wissenschaft nämlich bis heute als Maximalgröße für diese immer noch ziemlich unbekannten Arktisbewohner an.
Abb. 4.25 > Rekordfische: Grönlandhaie werden Hunderte Jahre alt.