Hämoglobin ist nur eines von vier Atmungspigmenten, welche in der Tierwelt für den Sauerstofftransport eingesetzt werden. Wirbellose Organismen wie zum Beispiel Borstenwürmer nutzen das grüne Chlorocruorin. Spritzwürmer, Rüsselwürmer und Armfüßer setzen auf einen Blutfarbstoff namens Hämerythrin. Er ist im sauerstoffentladenen Zustand farblos, mit Sauerstoff im Gepäck dagegen violett. Weichtiere, Spinnen, Skorpione, Krabben, Hummer und Kopffüßer wiederum bilden das blaue, kupferhaltige Pigment Hämocyanin. Von ihm wird angenommen, dass es sich vor allem in kaltem, sauerstoffarmem Wasser besser für den Sauerstofftransport eignet als Hämoglobin. Dennoch: Bei kalten Temperaturen löst sich der bei der Atmung aufgenommene Sauerstoff im Gewebe nur schwerlich wieder von dem blauen Pigment. Der Antarktische Warzenkrake (Pareledone charcoti) kompensiert diesen Temperaturnachteil auf zweierlei Weise. Zum einen enthält sein Blut bis zu 46 Prozent mehr Hämocyanin als das Blut verwandter Kraken aus wärmeren Gewässern. Zum anderen diffundiert in den Kiemen des Tieres viel Sauerstoff direkt in das Blut und löst sich dort auf physikalische Weise. So stellt der kleine Flachwasserbewohner aus den Schelfgebieten der Antarktischen Halbinsel sicher, dass er selbst bei Wassertemperaturen von bis zu minus 1,9 Grad Celsius seinen Körper bis in die Armspitzen mit ausreichend Sauerstoff versorgen kann.
Abb. 4.27 > Das Blut des Antarktischen Warzenkraken Pareledone charcoti enthält bis zu 46 Prozent mehr Atmungspigmente als das Blut von Kraken aus wärmeren Regionen.