Nicht nur im Perflussdelta werden durch Baumaßnahmen großflächig Flüsse und Feuchtgebiete zerstört. Bedroht ist auch der Mekong in Südostasien, ein bedeutendes Flusssystem und eine Lebensader für Millionen von Menschen. Der Mekong ist mit einer Länge von 4350 Kilometern einer der längsten Flüsse der Welt. Er durchfließt China, Myanmar, Laos, Thailand, Kambodscha und Vietnam und mündet in einem großen Delta ins Südchinesische Meer. Der Mekong ist enorm artenreich. Er ist Heimat von etwa 1500 verschiedenen Arten. Wie groß diese Zahl ist, zeigt der Vergleich mit dem Mississippi, in dem nur knapp 250 Arten vorkommen. Etwa 120 Arten im Mekong werden befischt. Da der Fluss auf seinem Weg aus dem tibetischen Hochland große Mengen an Mineral- und Nährstoffen mit sich trägt, ist er sehr produktiv und liefert Fisch in großen Mengen. Vor allem im tiefer gelegenen Mekongbecken in Laos, Thailand und Kambodscha und im Mekongdelta in Vietnam gibt es eine ausgeprägte Fischerei, die jährlich rund 2,6 Millionen Tonnen Fisch liefert. Ihr Marktwert wird auf 2 bis 3 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Der Fisch ist aber nicht nur Handelsgut, sondern für die etwa 60 Millionen Menschen im Mekongbecken und -delta vor allem eine wichtige Eiweißquelle. Je nach Region trägt der Fisch zwischen 49 und 82 Prozent zur Versorgung der Bevölkerung mit tierischem Eiweiß bei. Durch mehrere Staudammprojekte aber ist der Fischreichtum des Mekongs bedroht. So bauen und planen Laos, Thailand, Kambodscha und Vietnam neue Staudämme für die Stromgewinnung. Besonders ehrgeizige Ziele hat sich Laos gesetzt, das in den kommenden Jahren mehrere Staudämme in Betrieb nehmen und sich als „Batterie Südostasiens“ etablieren will – als wichtiger Stromexporteur. Durch den Bau werden die Wanderwege vieler Fischarten zwischen dem Meer und den flussaufwärts gelegenen Laichgebieten unterbrochen – insbesondere auch von kommerziell wichtigen Arten. Insofern haben die Entscheidungen, die weit im Binnenland getroffen werden, Konsequenzen, die bis zu den Küstengebieten reichen.
Die Staudammprojekte sind gigantisch. Als Erstes soll in Laos im Jahr 2019 der Xayaburi-Staudamm in Betrieb gehen, ein Bauwerk von 50 Meter Höhe und 800 Meter Breite, das den Fluss zu einem etwa 50 Quadratkilometer großen See aufstauen wird – was in etwa der Fläche der italienischen Insel Ischia entspricht. Zwar ist vorgesehen, Fischtreppen in den Staudamm zu bauen, um den Fischen Wanderungen zu ermöglichen, Umweltschützer aber mahnen, dass nur wenige Fischarten diese künstlichen Steighilfen nutzen können. Insgesamt, so wird befürchtet, könnte der Fischreichtum des Mekongs erheblich abnehmen. Viele Menschen würden damit eine sehr lebenswichtige Einkommens- oder Eiweißquelle verlieren.
Abb. 2.37 > Vor dem Verwaltungsgericht in Bangkok wird gegen den Bau des Xayaburi-Staudamms in Laos protestiert.