Als weltweites Modell für eine erfolgreiche MSP eignet sich nach Ansicht von Experten der IOC insbesondere das Beispiel der Meeresraumplanung von Belize in Mittelamerika. Dieser MSP-Prozess ist bereits abgeschlossen und hat einen Schwerpunkt auf den Meeresschutz gelegt; allerdings ist er noch nicht abschließend vom Parlament abgesegnet. Vor der Küste von Belize befindet sich das zweitgrößte zusammenhängende Korallenriff der Welt, das Belize Barrier Reef, das besonders artenreich ist. Hinzu kommen 3 Atolle und ausgedehnte Mangrovenwälder. Rund 40 Prozent der insgesamt ungefähr 300 000 Einwohner leben und arbeiten in der Küstenzone, viele im Tourismus, der zu mehr als 10 Prozent zur wirtschaftlichen Leistung beiträgt. Andere Einkommensquellen sind die Aquakultur und die Fischerei. Drüber hinaus verfügt Belize über eine Öl- und Petrochemieindustrie. Wie in anderen Küstenstaaten auch war die Küste durch Bevölkerungswachstum, Baumaßnahmen und Überfischung bedroht. Doch die Regierung reagierte vergleichsweise schnell. 1998 verabschiedete sie das Küstenzonen-Management-Gesetz (Coastal Zone Management, CZM) – zu einem Zeitpunkt, als von der MSP noch keine Rede war. Gleichzeitig wurde eine eigene Behörde für das Küstenzonen-Management gegründet, die CZMAI (Coastal Zone Management Authority and Institute), die allerdings mehr als 12 Jahre benötigte, um den sogenannten nationalen Plan für integriertes Küstenzonen-Management auszuarbeiten, mit dem eine Balance zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Meeresschutz erreicht werden sollte. Unterstützt wurde die Behörde dabei auch von Nichtregierungsorganisationen. In einem ersten Schritt wurde mit einer Bestandsaufnahme untersucht, wie Meer und Küste aktuell genutzt werden. Sämtliche verfügbaren Informationen und Daten wurden zusammengetragen, darunter Aspekte wie das Vorkommen von Korallen, Seekühen und Schildkröten, die Fanggründe der Hummerfischer, die Routen der Handels- und Kreuzfahrtschiffe, die Erholungsgebiete und Tauchreviere, Ölvorkommen und vieles andere mehr.
Abb. 4.21 > Zur besseren Veranschaulichung einer möglichen zukünftigen Entwicklung hat man bei der Meeresraumplanung in Belize 3 alternative Szenarien entwickelt. Das Land an der mittelamerikanischen Atlantikküste hat sich für das Informed Management entschieden, jene Strategie, die eine bedächtige Entwicklung vorsieht, ohne die Küstenlebensräume überzustrapazieren. Deutlich sieht man, dass die Ölförderung nur an den Rändern der Planungsgebiete erlaubt sein soll.
Das Meer- und Küstengebiet wurde anschließend in 9 Nutzungskategorien gegliedert (Küstenentwicklung, Transportwege, Fischerei, Erholung, Landwirtschaft, Sand- und Kiesbaggerei, Aquakultur, Ölförderung, Naturschutz) und überdies in 9 Planungsgebiete eingeteilt. Im Anschluss wurden in allen Gebieten regionale Gruppentreffen abgehalten, in denen alle Interessengruppen vertreten waren – Wirtschaftsvertreter, lokale Fischer oder auch Naturschützer. Alle Beteiligten waren aufgefordert, ihre Vorstellungen und Ideen kundzutun. Aufgrund dieses Meinungsbildes, das ständig aktualisiert wurde, wurden Ideen entwickelt, wie man in Zukunft die einzelnen Küsten- und Meeresgebiete hinsichtlich ihrer verschiedenen Nutzungen gestalten könnte. Mithilfe einer modernen Modellierungs- und Planungssoftware wurden anschließend 3 Szenarien erarbeitet:
Abb. 4.22 > Dank eines professionellen Planungs- und Modellierungsprogramms lässt sich für Belize vorhersagen, mit welchen Erträgen die lokale Hummerfischerei in den einzelnen 9 Planungsgebieten im Jahr 2025 rechnen kann. Es zeigt sich dabei, dass das Naturschutzszenario die höchsten und das Entwicklungsszenario die schlechtesten Werte aufweist.
Das Informed Management wurde schließlich als die beste Lösung für Belize gewertet. Mithilfe dieses gemäßigten Managementplans soll die Meeresumwelt geschützt und der Bevölkerung zugleich eine Entwicklung zu mehr Wohlstand ermöglicht werden. Sämtliche Entwicklungsmaßnahmen und Genehmigungsverfahren sollen in Zukunft im Einklang mit diesem Plan stehen. Der Plan soll zudem alle 4 Jahre auf den Prüfstand kommen. Trotz dieser ausführlichen und international gelobten Planung gibt es aber auch Kritik von mehreren Seiten. Wissenschaftler werfen ein, dass die Folgen des Klimawandels in den Modellrechnungen nicht einkalkuliert sind und der technologische Fortschritt und sich ändernde Marktpreise nicht berücksichtigt werden. Was allerdings weitaus schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass der Plan immer noch nicht in Kraft getreten ist. Es mangelt momentan noch an staatlichen und politischen Strukturen, um ihn erfolgreich umzusetzen. Anders lässt sich nicht erklären, dass das Energieministerium von Belize im Frühjahr 2015 verlauten ließ, die Ölförderung bis in die Nähe des UNESCO-Weltnaturerbes Belize Barrier Reef ausweiten zu wollen. Daraufhin gab es international massive Kritik. Eine Entscheidung über die Ausweitung der Ölförderung steht noch aus.