Der Schutz der Meereslebewesen wird nicht allein durch das Internationale Seerechtsübereinkommen (SRÜ), sondern auch durch das Umweltvölkerrecht sowie nationale und europäische Gesetze geregelt. Das SRÜ enthält im Abschnitt über die AWZ zahlreiche Regelungen über die Bewirtschaftung der Fischbestände, die in mehreren völkerrechtlichen Verträgen jüngeren Datums weiter konkretisiert wurden. Ähnliches gilt für den Schutz der Meeressäuger, der bereits 1946 im Internationalen Übereinkommen zur Regelung des Walfangs angesprochen wurde. Das Übereinkommen ist noch heute in Kraft. Ursprünglich stand die Nutzung der Großwalbestände im Vordergrund. Nach dem nahezu vollständigen Zusammenbruch der kommerziell bedeutsamen Walpopulationen in den 1970er und 1980er Jahren haben die Vertragsparteien den Schwerpunkt des Übereinkommens aber durch ein umfassendes Fangmoratorium in Richtung Artenschutz verschoben. Zugleich wurde die
Internationale Walfangkommission eingerichtet. Seit einigen Jahren kommt es auf den jährlichen Treffen immer wieder zu heftigen Debatten zwischen den Staaten, die für eine Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs plädieren (insbesondere Japan), und den meisten anderen Staaten, die strikt gegen den Walfang sind. Momentan umgeht Japan das Moratorium, indem es sich auf eine Klausel des Übereinkommens bezieht, wonach der Walfang zu wissenschaftlichen Zwecken zulässig ist. Da die erlegten Wale aber kommerziell genutzt werden, sieht die Mehrheit der Völkerrechtler im Verhalten Japans einen Rechtsmissbrauch.
Wie das Patt zwischen den Walfangbefürwortern und -gegnern auf internationaler Ebene gelöst werden kann, ist unklar. Ökonomisch ist die Jagd auf Wale auch in Japan ein Minusgeschäft. Sicher ist, dass die Walfangbefürworter mit der Arbeit der Internationalen Walfangkommission ausgesprochen unzufrieden sind. Das könnte dazu führen, dass sie das Moratorium künftig weiter ignorieren. Ein denkbarer Ausweg aus der Krise wäre eine vorsichtige Lockerung des Moratoriums. So könnte man eine niedrige Fangquote für Zwergwale beschließen, was angesichts der positiven Bestandsentwicklung dieser Spezies ökologisch vertretbar wäre. Voraussetzung dafür wäre eine strenge Kontrolle des Walfangs, unter anderem durch ausländische Kontrolleure an Bord der Fangschiffe. Eine eng begrenzte Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs könnte Japan den Weg aus der Illegalität weisen. Darüber, ob dieser ethisch vertretbar ist, gibt es bislang aber keinen weltweiten Konsens.
In Nord- und Ostsee ist der Schweinswal die einzige heimische Walart. In der deutschen AWZ werden Schweinswale vor allem am Sylter Außenriff nachgewiesen. Der Anteil an Mutter-Kalb-Paaren ist dort besonders hoch. Das deutet darauf hin, dass dieses Gebiet wichtig für die Vermehrung der Schweinswale ist.
Die intensive Nutzung der deutschen AWZ wirkt sich stark auf die Schweinswalbestände aus. Relevant ist vor allem die Fischerei. Sie reduziert die Nahrungsgrundlage der Tiere. In anderen Fällen verenden Schweinswale als Beifang in den Netzen. Der bei der Errichtung von Offshore-Bauwerken, wie etwa Windenergieanlagen, entstehende Unterwasserlärm kann die Schweinswale sowohl aus ihren Revieren vertreiben als auch zu direkten gesundheitlichen Schäden führen. Darüber hinaus hat der Eintrag von Schadstoffen vielfältige Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Tiere. Die aktuellen rechtlichen Regelungen haben deshalb vor allem das Ziel, wirtschaftlich wichtige menschliche Aktivitäten auf See und unter Wasser ökologisch verträglicher zu gestalten, um die Schweinswale zu schützen und zu erhalten.
10.4 > Während sich die meisten Nationen auf einen Schutz der Wale verständigt haben, setzt Japan die Jagd fort, wie beispielsweise hier im Südpazifik. Die Japaner beziehen sich dabei auf eine Klausel des Fangmoratoriums, nach der der Walfang zu wissenschaftlichen Zwecken zulässig ist. Letztlich steckt aber bei ihnen ein kommerzielles Interesse dahinter.
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Von Bedeutung ist etwa das Abkommen zur Erhaltung der Kleinwale in der Nord- und Ostsee, des Nordostatlantiks und der Irischen See (Agreement on the Conservation of Small Cetaceans of the Baltic, North East Atlantic, Irish and North Seas, ASCOBANS). Im Hinblick auf Innere Gewässer, Küstenmeer und AWZ ist wiederum das nationale Naturschutzrecht relevant. Darüber hinaus spielt in europäischen Gewässern vor allem das von den Organen der Europäischen Union (EU) geschaffene europäische Arten- und Habitatschutzrecht eine bedeutende Rolle. Die europäische Flora-Fauna-
Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) zum Beispiel bezieht die Inneren Gewässer und Küstenmeere, AWZ und Festlandsockel der EU-Mitgliedstaaten mit ein. Ihr Ziel ist es, ein zusammenhängendes europäisches Netz von Schutzgebieten („Natura 2000“) zu schaffen. Dies wäre ein wesentliches Instrument zur Erhaltung der europäischen Artenvielfalt. Nach dieser Richtlinie müssen Schutzgebiete Habitate bestimmter Arten, darunter die des Schweinswals, umfassen.
Innerhalb der ausgewiesenen Schutzgebiete dürfen besonders umweltrelevante menschliche Aktivitäten, wie etwa der Bau von Offshore-Windenergieanlagen, nur nach einer strengen Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. In manchen Fällen ist eine Aktivität aber aus zwingenden Gründen erforderlich, obwohl die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung dagegensprechen – beispielsweise weil es ein erhebliches öffentliches Interesse gibt. Der Mitgliedstaat ist dann verpflichtet, Ausgleichsmaßnahmen zu ergreifen.
10.5 > Vor der deutschen Küste kommen Schweinswale vor allem am nördlichen Rand der AWZ an der Grenze zu Dänemark vor. Das Beispiel zeigt, dass sich die Tiere nur durch grenzübergreifenden Artenschutz erhalten lassen, wie ihn die europäische Initiative „Natura 2000“ vorsieht.
© maribus (nach Gilles et al., 2009)