Kritisiert wird auch, dass die ISA bislang keine wertvollen Lebensräume am Meeresboden außerhalb der Lizenzgebiete unter Schutz stellt, obwohl sie als Meeresbodenbehörde, die durch das SRÜ legitimiert ist, dafür prädestiniert wäre. Derzeit ist die Ausweisung von Meeresschutzgebieten im Bereich der Hohen See ausgesprochen kompliziert, weil viele verschiedene Organisationen darüber befinden. Außerdem beziehen sich einige Schutzgebiete nur auf den Schutz der Lebewesen und insbesondere der Fische in der Wassersäule, andere nur auf den Schutz von Lebensgemeinschaften am Meeresboden. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (International Maritime Organisation, IMO) etwa kann zur Verkehrslenkung PSSAs (Particularly Sensitive Sea Area, besonders sensibles Meeresgebiet) ausweisen, in denen der Schiffsverkehr eingeschränkt oder verboten ist, beispielsweise um bedeutende Fischgründe, Aufzuchtgebiete von Walen oder archäologisch wichtige Regionen zu schützen, etwa das Great Barrier Reef vor der australischen Nordostküste. Diskutiert wird im Kreise der IMO derzeit, auch die Sargassosee im Westatlantik als PSSA zu schützen. Auf weiten Flächen treibt hier der Sargassotang im Wasser, der für viele Lebewesen einen besonderen Lebensraum darstellt. Allerdings schränkt ein PSSA nur die Handelsschifffahrt ein, indem es die Durchfahrt reglementiert. In anderen Regionen wiederum kann die Fischerei in Marine Protected Areas (MPAs, Meeresschutzgebiete) eingeschränkt werden. Derartige Areale wurden von der Oslo-Paris-Konvention (OSPAR) für den Nordostatlantik vorgeschlagen, einer regionalen Meeresschutzkonvention, zu deren Mitgliedern mehrere west- und nordeuropäische Staaten zählen. Die für den Nordostatlantik zuständige Fischereimanagementorganisation ist der OSPAR gefolgt und hat die Grundschleppnetzfischerei in den meisten dieser nordostatlantischen Gebiete tatsächlich eingestellt.
Diese Beispiele machen deutlich, wie komplex die Etablierung von Schutzgebieten ist, durch die meist ohnehin nur einzelne Bereiche des Meeres geschützt sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die Schutzgebietsregelungen stets nur für die wenigen Vertragsstaaten des jeweiligen Abkommens bindend sind. Andere Staaten können die Regelungen ignorieren. Wünschenswert wäre vielmehr ein allgemein verpflichtender Schutz eines Lebensraums vom Meeresboden bis zur Wasseroberfläche. Den gibt es bislang aber praktisch nicht. In den OSPAR-Gebieten am Mittelatlantischen Rücken ist bislang nur der Einsatz von Bodenschleppnetzen verboten. Für einen vollständigen Schutz wäre es sinnvoll, dass auch die ISA diese MPAs anerkennt und den Meeresboden in diesen Regionen als Schutzgebiet deklariert. Damit wären die Seeberge und Bänke für die Zukunft nicht nur vor Grundschleppnetzen, sondern auch vor künftigen Bergbauinteressen geschützt. Die ISA aber kann die Gebiete bislang nicht anerkennen, weil sie nur für den Bergbau zuständig ist. Um schützenswerte Gebiete in den internationalen Gewässern unter Schutz stellen zu können, müsste zunächst ein Durchführungsabkommen zur Protektion biologischer Vielfalt für das SRÜ beschlossen werden, das seit einigen Jahren von einer UN-Arbeitsgruppe vorbereitet wird. Der entsprechende Prozess aber verläuft nur schleppend. Das ist kaum zu entschuldigen, denn der umfassende Schutz wertvoller Meeresgebiete wird seit vielen Jahren von höchster Stelle gefordert. So verabschiedete die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro die internationale Biodiversitätskonvention (Convention on Biological Diversity, CBD), deren Ziel es ist, die Artenvielfalt auf der ganzen Welt an Land und im Meer zu erhalten. Die Biodiversitätskonvention fordert in ihren jüngsten Beschlüssen, auch in Gebieten jenseits nationaler Zuständigkeit Meeresschutzgebiete zu schaffen und sogenannte ökologisch oder biologisch bedeutende Gebiete (Ecologically or Biologically Significant Marine Areas, EBSAs) zu benennen.
Der Rio+20-Gipfel im Jahre 2012 hat die Staatengemeinschaft deshalb dazu aufgefordert, den laufenden Prozess zur Entwicklung eines entsprechenden Durchführungsübereinkommens zum Schutz biologischer Vielfalt rasch zu einem Ergebnis zu bringen. Bis jetzt sind im SRÜ und damit auch im Instrumentarium der ISA Meeresschutzgebiete nur sehr eingeschränkt vorgesehen. Die ISA kann damit keine Meeresschutzgebiete außerhalb von Meeresbergbaregionen ausweisen oder solche Flächen anerkennen. Angesichts des großen Drucks auf die Lebensräume am Meeresboden ist es ein unhaltbarer Zustand, dass die Vorbereitung des Durchführungsübereinkommens so schleppend verläuft. Die OSPAR-Kommission hat Beobachterstatus bei der ISA und verhandelt mit ihr und den anderen maritimen Organisationen wie etwa der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation oder der International Commission for the Conservation of Atlantic Tunas (ICCAT, Internationale Kommission für den Schutz des atlantischen Thunfischs) um die baldige Etablierung von umfassenden Meeresschutzgebieten. Wichtige Voraussetzung dafür aber bleibt die Verabschiedung eines Durchführungsabkommens zum Schutz biologischer Vielfalt im SRÜ, das die Biodiversität an sensiblen Orten generell sichert.