Öl und Gas
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WOR 3 Rohstoffe aus dem Meer – Chancen und Risiken | 2014

Wie und wo gefördert wird

Erdgas und Erdöl gewinnen

> Erdgas und Erdöl sind im Laufe der Erdgeschichte aus den Überresten von Meeresalgen und Landpflanzen entstanden. Diese konnten sich in bestimmten Gesteinsschichten zu großen Vorkommen ansammeln. Mit moderner Bohrtechnik und riesigen Plattformen holt man die Rohstoffe heute aus immer größeren Tiefen. Sogar auf dem Meeresboden werden Förderanlagen errichtet.

Millionen Jahre alte Biomasse

Erdgas und Erdöl sind in mehreren Hundert Millionen Jahren aus abgestorbenem biologischem Material entstanden, das sich am Grund von Meeren, Seen und Sümpfen angesammelt hatte. Erdöl bildetete sich insbesondere aus abgestorbenen Mikroalgen, dem Phytoplankton, Kohle und Erdgas hingegen vor allem aus Landpflanzen. Vorwiegend in warmen Regionen mit üppiger Vegetation oder starkem Algenwachstum lagerte sich besonders viel Biomasse ab. Für gewöhnlich verwest abgestorbene Biomasse im Wasser. Sie wird vor allem von Bakterien zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut. Dabei wird Sauerstoff verbraucht. Sinkt sehr viel Biomasse herab, wird der Sauerstoff durch die Bakterien vollständig aufgezehrt. Es entstehen sauerstofffreie Zonen, in denen keine Verwesung mehr stattfindet. So konnten sich im Laufe der Zeit mächtige Biomassepakete von mehreren Hundert oder Tausend Meter Dicke am Meeresboden ablagern. Ob sich aus der Biomasse nun Erdgas oder Erdöl entwickelte, hing insbesondere von den Temperaturen in der Tiefe ab.

Plankton verkocht zu Öl

Erdöl bildete sich in mehreren aufeinanderfolgenden Prozessen. Zunächst häufte sich das Phytoplankton am Meeresboden an. Zusammen mit feinen Gesteins- und Tonpartikeln, die aus dem Gebirge und aus dem Flachland ins Meer gespült wurden, ergab diese Algenbiomasse einen Faulschlamm. In vielen Millionen Jahren lagerte sich am Meeresboden so viel Faulschlamm ab, dass er schließlich durch sein enormes Gewicht nach und nach zu sogenannten Tonsteinen und schließlich zu Tonschiefer zusammengepresst und weiter verfestigt wurde. In diesen porösen Tonschieferschichten in 2000 bis 4000 Meter Tiefe findet teilweise auch heute noch bei Temperaturen zwischen 65 und 120 Grad Celsius die Umwandlung der Biomasse in Erdöl statt. Diesen Temperaturbereich bezeichnet man als Erdölfenster. In diesem verkocht die Biomasse wie in einem Chemielabor zu diversen chemischen Verbindungen, die ausschließlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehen und deshalb Kohlenwasserstoffe genannt werden. Erdöl ist also eine Mischung aus vielen Hundert verschiedenen Substanzen, die man in Raffinerien zu-nächst voneinander trennt oder in kleinere Molekül­ketten aufspaltet. Dieses Aufspalten wird als Cracking bezeichnet. So entstehen aus dem Erdöl nicht nur Treibstoffe wie etwa Benzin oder Diesel, sondern auch andere Produkte wie beispielsweise die Gase Ethylen und Propylen. Diese nur wenige Atome großen Kohlenwasserstoffmoleküle nutzt man unter anderem für die Herstellung von Kunststoffen. Gesteine wie der Tonschiefer, in denen sich Erdöl bildet, werden Erdölmuttergesteine genannt. Sie enthalten bis zu 20 Prozent organisches Material. Innerhalb von Jahrmillionen wurden die Muttergesteine durch die auf ihnen lagernden Sediment- und Gesteinsschichten nach und nach zusammengepresst. Dadurch bildete sich Erdöl. Je mehr Erdöl entstand, desto mehr entwich davon aus dem Muttergestein und stieg langsam auf. In manchen Gegenden gelangte es bis an die Oberfläche. In der Nähe der norddeutschen Stadt Celle etwa bildeten sich so auf natürliche Weise sogenannte Teerkuhlen, deren schwarze Flüssigkeit als Lampenöl, Schmierstoff und sogar als Heilmittel genutzt wurde.
Erdöllagerstätten entstanden immer dann, wenn das Öl durch undurchlässige Schichten wie etwa Salz- und Tonschichten am Aufsteigen gehindert wurde. Befand sich unter diesen Schichten ein poröses, speicherfähiges Gestein, zum Beispiel Sand- oder Kalkstein, konnte sich das Öl darin wie in einem Schwamm sammeln. Fachleute nennen derartige Formationen im Untergrund Fallenstrukturen. Die porösen Gesteine enthalten aber nicht nur Öl und andere Kohlenwasserstoffe, sondern auch große Mengen an sogenanntem Porenwasser, das bei der Förderung vom Öl abgetrennt werden muss. Da sich die Kontinente im Laufe von vielen Millionen Jahren durch die Kontinentalwanderung bewegt haben, gibt es die alten Meere, in denen sich die Tonschiefer gebildet haben, heute nicht mehr. Vor rund 120 Millionen Jahren etwa begannen Südamerika und Afrika ausei-nanderzubrechen. Dabei entstand zunächst ein kleines, von Land umgebenes tropisches Meer, in dem sich sehr viel Biomasse ablagerte. Dieses Meer weitete sich dann zum Südatlantik aus. Die alten Sedimente des alten tropischen Meeres liegen heute vor den Küsten Südamerikas und auch vor denen Westafrikas.
1.15 > Vor 300 Millionen Jahren gab es ausgedehnte Bärlapp- und Schachtelhalmwälder. Die Pflanzen waren mehrere Meter hoch und damit deutlich größer als heute. Aus ihnen entstanden Kohle und Erdgas.
Abb. 1.15 > Vor 300 Millionen Jahren gab es ausgedehnte Bärlapp- und Schachtelhalmwälder. Die Pflanzen waren mehrere Meter hoch und damit deutlich größer als heute. Aus ihnen entstanden Kohle und Erdgas. © Jürgen Willbarth

Torf Als Torf bezeichnet man Böden, die mehr als 30 Prozent orga- nisches Material ent- halten. Dabei handelt es sich um teilweise vermoderte Pflanzen- reste, die im sauer- stofffreien, stehenden Wasser der Sümpfe nicht weiter zersetzt werden.

Torfschicht auf Torfschicht

Erdgas entwickelte sich in der Regel aus Landpflanzen, die einst in flachen Küstengebieten oder in küstennahen Sümpfen unter subtropischem und tropischem Klima wuchsen. In den Sümpfen bildete sich zunächst meist Torf. Da der Meeresspiegel im Verlauf von Jahrtausenden steigt und fällt, wurden diese Feuchtgebiete immer wieder überspült. Feine Sand- und Tonpartikel, die vom Land ins Meer getragen wurden, lagerten sich dann auf den alten Torfschichten ab. Zog sich das Wasser wieder zurück, weil der Meeresspiegel sank, siedelten sich in den Gebieten wieder Landpflanzen an, sodass eine neue Torflage entstehen konnte. Mit dem Steigen und Sinken des Meeresspiegels entstanden in Millionen Jahren baumkuchenartige Sedimente, in denen sich sandige und tonige Schichten mit mächtigen Torflagen abwechselten. Ideale Voraussetzungen für die Bildung von Torf gab es in großen Teilen Mittel- und Nordeuropas und in Nordamerika vor 290 bis 315 Millionen Jahren. Diese Gebiete lagen damals nahe am Äquator, also im warmen tropischen Bereich, und waren reich an Vegetation. Erst später drifteten diese Landesteile mehrere Tausend Kilometer nach Norden an ihre jetzige Position. Auch die baumkuchenartigen Torf-Ton-Schichten wurden mit der Zeit von neuen Sedimenten überlagert und durch deren enormes Gewicht zusammengepresst. Allerdings entstand aus den alten Torfschichten kein Öl, sondern zunächst Braunkohle und später Steinkohle. In einer Tiefe von 4000 bis 6000 Metern und bei Temperaturen zwischen 120 und 180 Grad Celsius entstand in der Kohle während vieler Millionen Jahre Erdgas. Damit sich Erdgas bilden kann, sind also höhere Temperaturen als bei der Erdölentstehung nötig.
Erdgas besteht in der Regel zu etwa 90 Prozent aus Methan. Hinzu kommen andere gasförmige Kohlenwasserstoffe, zum Beispiel Äthan, Propan und Butan, sowie nicht brennbare Gase wie etwa Kohlendioxid und Stickstoff. Eine weitere Komponente ist Schwefelwasserstoff, der aber aus dem Erdgas entfernt werden muss, bevor man dieses nutzen kann. Denn Schwefelwasserstoff kann sich bei der Gasverbrennung in Säure umwandeln, die zu Korrosion in Kraftwerken und auch in Heizanlagen führen kann. Erdgas mit einem besonders hohen Anteil an Schwefelwasserstoff oder Kohlenstoffdioxid nennt man Sauergas. Will man dieses nutzen, muss es zuvor aufwendig gerei­nigt werden. Auch das Erdgas wandert nach und nach aus dem Muttergestein heraus. Wird es nicht durch dichte Gesteinsschichten aufgehalten, kann es wie das Erdöl bis zur Erdoberfläche aufsteigen. Durch aufsteigendes Gas und Kondensat, das sich vermutlich durch Blitzeinschläge entzündet hat, sind die „Ewigen Feuer“ im Iran entstanden. Weltweit gibt es viele Orte, wo solche durch unterirdisches Gas gespeisten Feuer immer noch brennen. Einige entwickelten sich zu heiligen Stätten. Sofern im Untergrund Fallenstrukturen vorhanden waren, konnte sich das Erdgas genau wie das Erdöl zu Lagerstätten ansammeln. Grundsätzlich spricht man nur dann von einer Lagerstätte, wenn sie groß genug und ihr Gestein zudem so durchlässig ist, dass sich die Kohlenwasserstoffe wirtschaftlich fördern lassen. Das gilt für Gas und Öl gleichermaßen. Gas- oder Ölansammlungen, die zu klein für eine wirtschaftlich relevante Förderung sind, sind allerdings weit häufiger zu finden.

Abb. 1.16 > Gas und Öl sammeln sich in verschiedenen Arten von Lagerstätten im Untergrund. © nach Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung 1.16 > Gas und Öl sammeln sich in verschiedenen Arten von Lagerstätten im Untergrund.

Erdgas und Erdöl in der Falle

Die Experten unterscheiden verschiedene Typen von Lagerstätten, in denen sich große Mengen an Erdgas oder Erdöl angesammelt haben. Typische Lagerstätten sind unter anderem:

ANTIKLINALE: Eine Antiklinale ist ein Aufwölbung von Gesteinsschichten, eine Art Hügel im Untergrund. Sie entsteht, wenn dichte Gesteinsschichten durch die Bewegung der Erdkruste seitlich zusammengestaucht werden. Sofern die Antiklinale aus undurchlässigem Gestein besteht, können sich dort aufsteigendes Erdgas und Erdöl wie unter einer Käseglocke sammeln.

SALZSTOCKFLANKE: Salzstöcke sind große Ansammlungen von festem Steinsalz im Erdboden, die mehrere Tausend Meter mächtig sein können. Endet eine undurchlässige Gesteinsschicht, eine Fallenstruktur, an der Flanke eines Salzstocks, so sind Erdgas und Erdöl zwischen Gestein und Flanke gefangen, da auch das Salz undurchlässig ist.

DISKORDANZ: Bei einer Diskordanz liegen Gesteinsschichten schräg bzw. verwinkelt aufeinander. Diskordanzen entstehen durch Hebungen, Senkungen oder Stauchungen von Gesteinspaketen, die später von jüngeren Sedimenten überlagert werden. Sind diese Sedimentschichten undurchlässig, können sich in den darunterliegenden Gesteinspaketen aufsteigendes Erdgas und Erdöl sammeln.

KORALLENRIFFE: Erdgas und Erdöl sammeln sich oftmals in porösem Kalkstein, der sich aus alten Korallenriffen gebildet hat.

SALZSTOCKÜBERHANG: Manche Salzstöcke sind oben pilzhutartig verbreitert und bilden eine Art Schirm, den man als Überhang bezeichnet. Unter diesem können sich Erdgas und Erdöl sammeln. Salzstocküberhänge entstehen meist aufgrund des enormen Drucks im Boden. Salz steigt auf, da es eine geringere Dichte als die auf ihm lagernden Schichten hat. Dabei wölbt es sich zu Domen oder den pilzhutartigen Überhängen auf. Diese Bewegungen bezeichnt man als Salztektonik.

Die Suche nach Erdgas und Erdöl

Dass es bis heute trotz eines weltweit steigenden Energiebedarfs ausreichend Erdgas und Erdöl gibt, liegt unter anderem daran, dass in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder neue Lagerstätten an Land und im Meer entdeckt worden sind, nicht zuletzt weil sich die Verfahren, mit denen sich Lagerstätten aufspüren lassen, weiterentwickelt haben. Die Suche nach Rohstoffen umfasst die Prospektion und die Exploration. Mit Prospektion bezeichnet man die Suche nach noch unbekannten Lagerstätten. Daran schließt sich die Exploration an, die genaue Untersuchung und Erschließung der gefundenen Lagerstätten und Rohstoffvorkommen. Hat man im Zuge der Explora-tion Vorkommen entdeckt, werden weitere Bohrungen durchgeführt, um die Größe und Ausdehnung der Lagerstätte einzuschätzen. Diese Phase wird als Bewertung bezeichnet. Ist die Lagerstätte ausreichend groß, beginnt man mit der Förderung. Die Prospektion beginnt damit, herauszufinden, ob in einem bestimmten Gebiet überhaupt Erdgas und Erdöl zu erwarten sind. Dazu werden zunächst Daten über die tiefen Gesteinsschichten beziehungsweise zur erdgeschichtlichen Entwicklung des Areals gesammelt. Zum Einsatz kommen auch Computerprogramme, mit deren Hilfe man die Erdgeschichte des Gebiets nachspielt, sogenannte Beckenanalysen. Diese Programme simulieren die jahrtausendelange Sedimentation in den prähistorischen Meeresbecken und die Wandlung vom Sediment zum Gestein in der Tiefe. Simuliert wird auch die Bildung von Rissen, Fallenstrukturen und Salzstöcken sowie die Auswirkungen der Erdkrustenbewegungen etwa aufgrund der Kontinentalverschiebung.
Abb. 1.17 > Die Schwerkraft der Erde ist an verschiedenen Punkten unterschiedlich groß. Sie hängt insbesondere von der Dichte des Gesteins ab. Mithilfe von Satelliten werden seit einigen Jahren sehr genaue Schwerkraftkarten erstellt. Gebiete mit großer Schwerkraft sind auf dieser Abbildung rot und leicht erhaben dargestellt. Regionen mit geringer Schwerkraft sind blau und als Vertiefung, als Delle, abgebildet. Fachleute bezeichnen die Erde als Gravitationskartoffel. © ESA 1.17 > Die Schwerkraft der Erde ist an verschiedenen Punkten unterschiedlich groß. Sie hängt insbesondere von der Dichte des Gesteins ab. Mithilfe von Satelliten werden seit einigen Jahren sehr genaue Schwerkraftkarten erstellt. Gebiete mit großer Schwerkraft sind auf dieser Abbildung rot und leicht erhaben dargestellt. Regionen mit geringer Schwerkraft sind blau und als Vertiefung, als Delle, abgebildet. Fachleute bezeichnen die Erde als Gravitationskartoffel.
Daran schließen sich ausführliche geophysikalische Untersuchungen an, mit denen der Untergrund wie ein Patient bei einer medizinischen Untersuchung durchleuchtet wird. Prinzipiell nutzt man an Land und im Meer die gleichen Verfahren. Für die Erkundung des Meeresbodens aber sind Flugzeug- und Schiffseinsätze und spezielle Geräte nötig. Wichtige geophysikalische Verfahren sind:

SEISMIK: Die Seismik ist das weltweit wichtigste Pros­pektionsverfahren. Die Methode funktioniert ähnlich wie die Ultraschalluntersuchung beim Arzt, bei der Ultraschallwellen von einem Schallkopf in den Körper geschickt werden und verschiedene Organe oder Knochen die Wellen unterschiedlich stark reflektieren. Aus diesem Reflexionsmuster erzeugt das Ultraschallgerät dann Bilder des Körperinneren. Bei der Seismik nun werden von Forschungsschiffen aus mit sogenannten Airguns akustische Wellen im Wasser erzeugt, die bis in den Erdboden dringen. Je nach Gesteinsart wandern sie unterschiedlich schnell. Im Untergrund werden die Wellen an den Gesteinsgrenzen reflektiert. Aus den Laufzeitunterschieden der Schallwellen können die Computer dann auf die Bodenbeschaffenheit schließen. Vor wenigen Jahrzehnten lieferte die Seismik nur einfache Schnitte durch den Untergrund. Heute kommt die moderne 3-D-Seismik zum Einsatz. Diese ist nicht zuletzt dank immer leistungsfähigerer Computer in der Lage, Bodenstrukturen und Lagerstätten auch räumlich darzustellen (Kapitel 3).

GRAVIMETRIE: Die Gravimetrie war eine der ersten geophysikalischen Techniken, die man bei der Suche nach Erdöl und Erdgas einsetzte. Die Methode macht sich die Schwerkraft (Gravitation) der Erde zunutze, die nicht an allen Punkten gleich stark ist, sondern von der vorhandenen Masse im Untergrund bzw. der Dichte des Gesteins abhängt. Mithilfe der Schwerkraftmessung kann man folglich verschiedene Gesteine oder Bodenstrukturen voneinander unterscheiden und damit auf mögliche Lagerstätten schließen. Allerdings muss der Unterschied zwischen den Gesteinen ausreichend groß sein. Das ist beispielsweise in den Erdschichten unter der Barentssee im Nordostatlantik der Fall. Hier gibt es große Salzstöcke, die eine wesentlich geringere Dichte als das umgebende Gestein haben. So lassen sich unter anderem Salzstockflanken und -überhänge entdecken. Die Schwerkraft wird mit Gravimetern gemessen, die auf Schiffen, Flugzeugen und seit etwa 10 Jahren auch auf Satelliten eingesetzt werden.
MAGNETIK: Die Erde besitzt ein Magnetfeld, das sich zwischen dem Nordpol und dem Südpol erstreckt. Dieses Magnetfeld ist sehr gleichmäßig. Allerdings können bestimmte Bodenstrukturen zu Abweichungen in diesem Magnetfeld führen, zu sogenannten magnetischen Anomalien, die messbar sind. Wie groß die Abweichungen sind, hängt unter anderem davon ab, wie stark der Untergrund magnetisiert ist. Diese Magnetisierung wiederum ist von den Eisenverbindungen abhängig, die im Untergrund enthalten sind: Magnetit, Maghemit und Hämatit. So ist Hämatit schwächer magnetisch als die beiden anderen Verbindungen. An einer Lagerstätte ist das Magnetfeld in der Regel schwächer, weil das Sedimentgestein, in dem Öl und Gas lagern, weniger magnetisch ist als das umgebende Gestein, beispielsweise vulkanisches Gestein. Magnetfeldmessungen werden meist von Flugzeugen aus mit hochempfindlichen Messgeräten gemacht. So lassen sich in kurzer Zeit große Flächen untersuchen.

ELEKTROMAGNETIK (Georadar): Bei elektromagneti-schen Verfahren werden wie bei der Rundfunkantenne elektromagnetische Impulse, in diesem Fall Radarwellen, ausgesendet. Ähnlich wie die Schallwellen bei der Seismik werden die elektromagnetischen Signale von Bodenstrukturen verändert.

Hat man mit den geophysikalischen Methoden ein Meeresgebiet erkundet, schließen sich Explorationsbohrungen an, die meist von schwimmenden Bohranlagen, sogenannten Halbtauchern, aus durchgeführt werden. Während des Bohrens wird das Bohrklein permanent von den Spezialisten an Bord untersucht. Von Interesse sind die Gesteinsart und das Alter sowie die Zusammensetzung der durchbohrten Schichten. Tonschiefer kann auf Muttergesteine hindeuten, Sandstein auf Lagerstätten. Die Überreste von Meeresorganismen wiederum, etwa die Kalkschalen von Meeresalgen, die zu bestimmten Zeiten und unter be-stimmten Klimabedingungen gelebt haben, geben Hinweise darauf, wie alt die Gesteinsschichten sind. Während des Bohrens wird außerdem ständig der Erdgas- und Kohlenwasserstoffgehalt des Bohrkleins gemessen. Gibt es konkrete Hinweise auf eine Lagerstätte, wird durch zusätzliche Bohrungen untersucht, wie groß die Lagerstätte ist, wie gut sich die Rohstoffe daraus fördern lassen und welche Qualität das Gas oder Öl hat. Erst wenn all diese Informationen vorliegen, kann die Förderung beginnen.
1.18 > Dank der Richtbohrtechnik können von einer Plattform aus Lagerstätten in weitem Umkreis erschlossen werden.
Abb. 1.18 >  Dank der Richtbohrtechnik können von einer Plattform aus Lagerstätten in weitem Umkreis erschlossen werden. © nach RWE Dea

Lieber horizontal als senkrecht

Um Gas- und Ölvorkommen zu erschließen, müssen mehrere Tausend Meter mächtige Gesteinsschichten durchbohrt werden. Dafür benötigt man baumstammdicke Bohrmeißel, die mit großen Zähnen aus Hartmetall oder Keramik besetzt sind. Die Bohrmeißel zertrümmern das Gestein. Sie werden heute meist durch eine Turbine bewegt, die hinter dem Meißel sitzt. Diese Turbine wiederum wird durch Spülflüssigkeit in Rotation versetzt, die man unter hohem Druck ins Bohrloch einpresst. Diese Spülflüssigkeit transportiert auch das zerkleinerte Gestein ab. Sie steigt mit dem Bohrklein auf, wird auf der Bohranlage gereinigt und dann wieder in die Tiefe gepumpt. Um den Bohrmeißel in die Erde zu treiben, wird das Bohrgestänge Stück für Stück um etwa 10 Meter lange Rohre verlängert, die angeschraubt werden. Dieses Rotary-Bohrverfahren ist seit rund 100 Jahren im Einsatz. Je nach Härte der durchbohrten Schicht wird ein Meißel mehr oder weniger schnell stumpf. Er muss dann ausgewechselt werden. Für eine 5000-Meter-Bohrung benötigt man ungefähr 30 Meißel. Um den Meißel auszuwechseln, wird das Bohrgestänge nach und nach aus dem Bohrloch gezogen, auseinandergeschraubt und anschließend wieder eingebaut. Ein Meißelwechsel dauert je nach Bohrlochtiefe unterschiedlich viele Stunden. Anfangs konnte man nur senkrecht in die Tiefe bohren. Um ein großes Gas- oder Ölfeld zu erschließen, musste man daher Bohrturm neben Bohrturm errichten, weil ein Bohrloch nicht reichte, um das Erdöl aus den weit entfernten Bereichen der Lagerstätte zu fördern. Inzwischen gibt es die Richtbohrtechnik, mit der man in Kurven bohren kann. Damit lassen sich von einer Bohrinsel aus viele Löcher in den Untergrund treiben und selbst mehrere Kilometer entfernte Gas- und Ölfelder erschließen.
1.19 > Damit sich das Bohrloch nach unten hin nicht teleskop-artig verengt, werden in jüngster Zeit auch spezielle dehnbare Rohre eingesetzt. Diese werden im Untergrund geweitet, indem man einen hydraulisch betriebenen Konus hindurchdrückt. Ein solches Verfahren wird Solid-Expandable-Tubular-Verrohrung genannt.
Abb. 1.19 >  Damit sich das Bohrloch nach unten hin nicht teleskop-artig verengt, werden in jüngster Zeit auch spezielle dehnbare Rohre eingesetzt. Diese werden im Untergrund geweitet, indem man einen hydraulisch betriebenen Konus hindurchdrückt. Ein solches Verfahren wird Solid-Expandable-Tubular-Verrohrung genannt. © nach RWE Dea
Bei den ersten Richtbohrverfahren war es zunächst nur möglich, in einem vorher genau eingestellten Winkel zu bohren. Dazu wurde in den vorderen Teil des Bohrgestänges, die Bohrkrone, ein Hydraulikmotor eingebaut, dessen Achse um wenige Grad zum Bohrgestänge gekippt war. Auch in diesem Fall wurde das Bohrgestänge vom Bohrturm aus angetrieben. Schaltete man nun den Hydraulikmotor zu, wurde die Bohrung um den vorgegebenen Winkel abgelenkt. Der Winkel betrug nur wenige Grad, sodass die Bohrung in weitem Bogen abgelenkt wurde. Diese Krümmung war so gering, dass sich das Bohrgestänge nur minimal verbog. Zudem kam dabei ein spezieller Stahl zum Einsatz, der leicht gebogen werden konnte, ohne zu brechen – so wie ein Strohhalm, der sich ein wenig biegen lässt, ohne zu knicken. Mit modernen Richtbohrverfahren hingegen kann man die Richtung während des Bohrens verändern. Dazu wird hinter der Bohrkrone eine Steuereinheit mit sogenannten Steuerrippen, der Steuersub, montiert. Dieser sitzt wie ein Ring auf dem Bohrgestänge, das von der Bohranlage angetrieben wird. Die Steuerrippen lassen sich hydraulisch gegen die Bohrlochwand pressen und der Steuersub auf diese Weise verkeilen. Dadurch wird eine Kraft aufgebaut, die die Bohrkrone von ihrem Pfad ablenkt. Indem man jeweils andere Steuerrippen aktiviert und gegen die Wand presst, kann man die Bohrkrone in jede gewünschte Richtung ablenken. Sensoren überwachen während des Vortriebs die Lage der Bohrkrone im Raum. Über eine Computersteuerung wird der Kurs bei Bedarf automatisch korrigiert. Die Motoren und Generatoren für die Hydraulik sitzen direkt hinter dem Steuersub.
Heute sind Bohrspezialisten in der Lage, Horizontalbohrungen mit einer Länge von mehr als 12 Kilometern durch den Erdboden zu treiben, sogenannte Extended-Reach-Bohrungen. Zudem ist es möglich, aus einer Horizontalbohrung weitere Bohrungen abzweigen zu lassen. Experten sprechen von Multilateralbohrungen. Wie das Wurzelwerk eines Baumes verästeln sich solche Horizontalbohrungen, wodurch die Vorkommen sehr gut erschlossen werden können. Extended-Reach-Bohrungen werden unter anderem dafür eingesetzt, um von Land aus Offshore-Lagerstätten zu erschließen. Diese Methode wird seit vielen Jahren zum Beispiel bei der Erdölförderung an der deutschen Nordseeküste sowie bei aktuellen Projekten im Kaspischen Meer eingesetzt. Wichtig für eine erfolgreiche Bohrung ist die Spülung des Bohrlochs mit einer wässrigen Lösung. Sie transportiert nicht nur das Gestein ab, sondern kühlt auch den Meißel – und sie erzeugt durch ihr Eigengewicht einen Gegendruck, der die Bohrlochwand stützt und verhindert, dass sie einstürzt. Die wässrige Lösung wird durch das Bohrgestänge bis hinab zum Bohrmeißel gepumpt und tritt dort in den Spalt zwischen Bohrgestänge und dem umgebenden Stein ein. In diesem Spalt steigt sie auch wieder nach oben.
1.20 > Die Ölförderung wird in 3 Phasen unterteilt: Bei der Primärförderung fließt das Öl zunächst von selbst ins Bohrloch. Später halten Pumpen den Ölfluss aufrecht. Bei der sekundären Förderung wird Wasser in die Lagerstätte gepumpt, um den Lagerstättendruck künstlich zu erhöhen. Um zu verhindern, dass das eingepresste Wasser am Öl vorbei ins Bohrloch strömt, wird bei der tertiären Förderung zwischen Wasser und Öl ein Polymer injiziert. Alternativ lässt sich die Zähflüssigkeit des Öls durch Einpumpen von Heißwasser oder Lösemitteln verringern.
Abb. 1.20 >  Die Ölförderung wird in 3 Phasen unterteilt: Bei der Primärförderung fließt das Öl zunächst von selbst ins Bohrloch. Später halten Pumpen den Ölfluss aufrecht. Bei der sekundären Förderung wird Wasser in die Lagerstätte gepumpt, um den Lagerstättendruck künstlich zu erhöhen.  Um zu verhindern, dass das eingepresste Wasser am Öl vorbei ins Bohrloch strömt, wird bei der tertiären Förderung zwischen Wasser und Öl ein Polymer injiziert. Alternativ lässt sich die Zähflüssigkeit des Öls durch Einpumpen von Heißwasser oder  Lösemitteln verringern.  © maribus

Die Spülung ist jedoch ungeeignet, das Bohrloch auf Dauer zu sichern. Deshalb werden nach und nach Stahlrohre in das Bohrloch einzementiert, die die Wand stützen. Das Problem: Da sich der Bohrmeißel ständig weiter in die Tiefe vorarbeitet, müssen neue Rohrabschnitte durch den bereits zementierten Teil hinabgeschoben werden. Die Durchmesser der nachfolgenden Rohre müssen also immer kleiner sein als die der schon zementierten Rohrabschnitte. Dadurch verjüngt sich das Bohrloch nach unten hin teleskopartig. So hat eine Bohrung an der Oberfläche einen Durchmesser von bis zu 70 Zentimetern, in mehreren Kilometer Tiefe aber nur noch von wenig mehr als 10 Zentimetern. Für eine künftige Förderung mit hohen Förderraten ist jedoch ein möglichst großer Durchmesser sinnvoll. In jüngster Zeit kommen in Pilotprojekten deshalb nachgiebige Stahlrohre zum Einsatz. Sobald sie eingebaut sind, schickt man eine Art hydraulischen Kolben, einen Konus, hindurch, der sie weitet. So entsteht ein Rohr mit einheitlichem Durchmesser.

Zusatzinfo Als das Öl knapp wurde – die Ölkrisen

Abb. 1.21 > Schwimmende Plattformen wie diese Spar-Buoy-Konstruktion aus dem Golf von Mexiko kommen heute für die Ölgewinnung in besonders großen Tiefen zum Einsatz. Um die Vorkommen zu erreichen, muss nicht nur die Wassertiefe überwunden, sondern, wie hier in diesem Beispiel, fast genauso tief in den Boden gebohrt werden. Zur Veranschaulichung der Dimension ist das höchste Gebäude der Welt, Burj Khalifa in Dubai, in der Grafik abgebildet. © nach Bryan Christie Design 1.21 > Schwimmende Plattformen wie diese Spar-Buoy-Konstruktion aus dem Golf von Mexiko kommen heute für die Ölgewinnung in besonders großen Tiefen zum Einsatz. Um die Vorkommen zu erreichen, muss nicht nur die Wassertiefe überwunden, sondern, wie hier in diesem Beispiel, fast genauso tief in den Boden gebohrt werden. Zur Veranschaulichung der Dimension ist das höchste Gebäude der Welt, Burj Khalifa in Dubai, in der Grafik abgebildet.

Wenn der Ölstrom versiegt

Beim Bohren nach Gas und Öl kommen grundsätzlich die gleichen Verfahren zum Einsatz. Die Förderung aber unterscheidet sich, denn Öl ist zähflüssig und strömt nur für begrenzte Zeit von allein zum Bohrloch. Das ist dann der Fall, wenn der Lagerstättendruck noch hoch genug ist. Dieser Strom versiegt aber, wenn sich die Lagerstätte entleert und der Druck zu stark abfällt. Der Lagerstättendruck muss demzufolge durch technische Verfahren nach und nach künstlich erhöht werden. Fachleute unterscheiden daher 3 Phasen der Ölförderung:

1. PRIMÄRFÖRDERUNG:

Während der Primärförderung strömt das Öl zunächst von sich aus zum Bohrloch. Wenn der Lagerstättendruck nachlässt und sich der Ölstrom verlangsamt, kommen sogenannte Tiefenpumpen, Pumpjacks, zum Einsatz, die das Öl an die Oberfläche saugen. Mit der Primärförderung können im Durchschnitt nur etwa 5 bis 30 Prozent des ursprünglich in der Lagerstätte vorhandenen Öls gefördert werden.

2. SEKUNDÄRE FÖRDERVERFAHREN:

Um die Lagerstätten besser auszubeuten, setzt man sekundäre Förderverfahren ein. Die am weitesten verbreitete Methode ist das Wasserfluten. Dabei wird am Rand der Lagerstätte Wasser eingepresst, das das Öl Richtung Bohrloch treibt. Der Lagerstättendruck wird durch das Einpumpen von Wasser also künstlich erhöht. In seltenen Fällen wird Erdgas in die Lagerstätten eingepresst. Das ist in Regionen der Fall, in denen Erdgas in großen Mengen zur Verfügung steht. Der wertvolle Rohstoff Erdgas wird später zurückgewonnen. Mit der sekundären Förderung lässt sich der Anteil des gewinnbaren Öls auf bis zu 45 Prozent erhöhen.

3. TERTIÄRE FÖRDERVERFAHREN:

Auch die sekundären Förderverfahren stoßen irgendwann an eine Grenze. Da Wasser und Öl eine ähnliche Dichte haben, kann es bei der sekundären Förderung geschehen, dass das eingepresste Flutwasser am Öl vorbei in die Bohrung fließt, sodass sich kaum noch Öl gewinnen lässt. Daher versucht man mithilfe sogenannter tertiärer Förderverfahren, die Zähflüssigkeit, die Viskosität, des Öls zu verringern. Dazu werden Heißwasser oder Lösemittel in die Lagerstätte eingepresst. Alternativ kann man verhindern, dass das Wasser am Öl vorbeiströmt, indem man zwischen Öl und Flutwasser einen Flüssigkunststoff, ein Polymer, einbringt. Dieses Polymer ist so viskos, dass das Wasser nicht hindurchströmen kann. So wird der Druck des eingepressten Flutwassers über das Polymer auf das Öl übertragen und das Öl aus der Lagerstätte herausgedrückt. Darüber hinaus werden derzeit Zusatzstoffe entwickelt, die die Viskosität des Wassers erhöhen. Auch dadurch lässt sich verhindern, dass das Wasser am Öl vorbeiströmt. Tertiäre Verfahren werden auch als Enhanced Oil Recovery (EOR), übersetzt: verbesserte Ölgewinnung, bezeichnet. Sie werden heute eingesetzt, um ehemals stillgelegte Ölfelder zu erschließen. Zwar teurer als die Primärförderung, sind die EOR-Verfahren dennoch mit dem gestiegenen Ölpreis wirtschaftlich geworden. Mit den tertiären Verfahren können bis zu 60 Prozent des ursprünglichen Ölinhalts einer Lagerstätte gefördert werden. Das bedeutet, dass sich der Porenraum einer Lagerstätte nie völlig entleeren lässt, unter anderem weil physikalische Kräfte das Öl in den Poren zurückhalten. Rund 40 Prozent des Öls bleiben also im Untergrund. Nach Schätzungen von Ölkonzernen trägt EOR heute 4 Prozent zur weltweiten Ölproduktion bei. Dieser Wert könnte bis zum Jahr 2030 auf 20 Prozent steigen, heißt es. Denn weltweit werden in den kommenden Jahrzehnten viele Ölfelder so weit ausgebeutet sein, dass man auf tertiäre Verfahren umsteigen muss. Auch in Erdgasvorkommen lässt der Lagerstättendruck nach, wenn Erdgas gefördert wird. Um das übrige Gas zu gewinnen, reicht aber in der Regel der Einsatz von Pumpen, die das Gas ansaugen.

Abb. 1.27 > Um Erdgas und Erdöl aus dem Meer zu gewinnen, wurden in den vergangenen Jahrzehnten verschiedenste Bohr- und Förderplattformen entwickelt, die sich in mehrere Klassen einteilen lassen.

FESTE PLATTFORM Abb. 1.27 > Um Erdgas und Erdöl aus dem Meer zu gewinnen, wurden in den vergangenen Jahrzehnten verschiedenste Bohr- und Förderplattformen entwickelt, die sich in mehrere Klassen einteilen lassen. FESTE PLATTFORM: a: Die Hubinsel steht auf ausfahrbaren Stützen. Sie kann schnell in neue Ein- satzgebiete bewegt werden, beispielsweise um neue Erdgasfelder zu erschließen. Ein Beispiel ist die Hubinsel „Constellation II“. b: Die Plattform wird schwim- mend aufs Meer geschleppt. Dabei dienen die Betonkör- per als Ballasttanks zum Austarieren. Später während der Produktion werden sie als Gasspeicher genutzt. Die größte Plattform dieser Art ist die norwegische „Sea Troll“. c: Stahlkonstruktionen wie die US-amerikanische „Bullwinkle“-Plattform wer- den an Land vorgefertigt und dann aufs Meer geschleppt. © nach Clauss et.al.

ANPASSUNGSFÄHIGE PLATTFORM Abb. 1.27 > Um Erdgas und Erdöl aus dem Meer zu gewinnen, wurden in den vergangenen Jahrzehnten verschiedenste Bohr- und Förderplattformen entwickelt, die sich in mehrere Klassen einteilen lassen. ANPASSUNGSFÄHIGE PLATTFORM: a: Der Guyed Tower steht auf dem Meeresboden, wird aber zusätzlich abgespannt. b: Die Tension Leg Platform liegt im Wasser und ist über straff gespannte Stahltrossen permanent mit dem Meeresboden verbunden. c: Spar Buoys gehören zu den Tiefenrekordhaltern der Ölförderung. © nach Clauss et.al.

SCHWIMMENDE PLATTFORM Abb. 1.27 > Um Erdgas und Erdöl aus dem Meer zu gewinnen, wurden in den vergangenen Jahrzehnten verschiedenste Bohr- und Förderplattformen entwickelt, die sich in mehrere Klassen einteilen lassen. SCHWIMMENDE PLATTFORM: a: FPSOs wie die „Kizomba A“ liegen frei im Wasser und halten sich mit mehreren Antrieben oder einfachen Ankern auf Position. Sie können Öl fördern, lagern und aufbereiten. Über einige der Leitungen wird Wasser für die sekundäre Ölförderung in den Untergrund gepumpt. b: Die Semi-Submersible-Plattform liegt frei im Wasser. Sie hält sich mit Motoren oder mehreren einfachen Ankern auf Position und kann schnell in neue Einsatzgebiete bewegt werden. Für die sekundäre Ölförderung wird Wasser über die Leitungen in die Lagerstätte gepumpt. Über das Bohrgestänge unter der Plattform wird das Öl dann gefördert. © nach Clauss et.al.

Mächtige Technik für große Tiefen

Auf der Suche nach neuen Gas- und Ölvorkommen im Meer sind die Energiekonzerne in immer größere Tiefen vorgedrungen. Ein Grund dafür waren die Ölkrisen in den 1970er Jahren, in deren Folge viele neue Vorkommen erschlossen wurden, beispielsweise in der Nordsee. Inzwischen sind viele Lagerstätten an Land und in den flachen Schelfgebieten vor den Küsten ausgebeutet oder bereits in der Phase der Enhanced Oil Recovery. Damit werden neue Lagerstätten in der Tiefsee zunehmend interessant. In den 1940er Jahren wurden erste Gas- und Ölanlagen noch in weniger als 10 Meter Wassertiefe auf Stegen oder Rampen errichtet, die fest mit dem Ufer verbunden waren. Später wurden Plattformen gebaut, die fest auf dem Meeresboden standen. Einige von ihnen sind so groß, dass sie selbst das Empire State Building in New York überragen würden.

Heutzutage fördern Anlagen Gas und Öl aus annähernd 3000 Meter Wassertiefe. Da der Bau solcher Anlagen für Wassertiefen von mehr als 400 Metern technisch aufwendig und teuer ist, setzt man für große Tiefen heute vorwiegend schwimmende Anlagen ein. Fachleute unterscheiden hierbei zwischen Bohr- und Förderanlagen. Bohranlagen werden genutzt, um ein Gas- oder Ölfeld zu erschließen. Häufig kommen schwimmende Bohrplattformen zum Einsatz, die bis hinunter zur Lagerstätte bohren. Anschließend werden sie zum nächs­ten Einsatzort geschleppt. Darüber hinaus gibt es auch große Bohrschiffe, die anders als die Plattformen nicht geschleppt werden müssen, sondern mit eigenem Antrieb von einem zum nächsten Vorkommen fahren. Ist eine Bohrung fertig, wird das Bohrloch zunächst mit einem Bohrlochkopf am Meeresboden versiegelt. Dabei handelt es sich um eine Art Verschlusskappe von der Größe eines Pkw, die verhindert, dass Gas oder Öl austritt. Erst dann schleppt man die Bohrplattform weg. An ihrer Stelle wird dann zu einem späteren Zeitpunkt eine Förderplattform installiert. Der Bohrlochkopf wird wieder geöffnet und das Erdgas oder Erdöl aus der Lagerstätte gefördert. In moderaten Wassertiefen baut man auch heute noch Förderanlagen, die fest auf dem Meeresboden stehen. Für große Tiefen hingegen kommen schwimmende Förderplattformen zum Einsatz. Außerdem gibt es Förderschiffe, sogenannte Floating Production Storage and Offloading Units (FPSOs) – schwimmende Produktions- und Lager-einheiten. Diese sind besonders flexibel und werden oft für kleinere Gas- und Ölvorkommen eingesetzt. Ist die Lagerstätte erschöpft, fahren sie zur nächsten weiter. Im Einsatz sind auch Anlagen, die sowohl für die Bohrung als auch die Förderung geeignet sind.

Kleine Industriestädte im Meer

Ganz gleich ob es sich um eine Bohr- oder Förderanlage, eine auf dem Grund installierte oder eine schwimmende Plattform handelt: Jede dieser Anlagen ähnelt einer kleinen Industriestadt. An Bord können sich Fitness- und Konferenzräume befinden, Schlaf- und Wohnzimmer für bis zu 200 Arbeiter – und natürlich die Technik, mit der gebohrt oder gefördert wird. Dazu zählt bei Bohrplattformen zunächst die Bohranlage mit dem Bohrturm, über den das Bohrgestänge im Gestein versenkt wird. Gedreht wird das Gestänge entweder über einen Antrieb im Turm oder den Drehtisch direkt auf der Plattform, eine Art rotierende Scheibe, in deren Mitte das Gestänge fixiert ist. Hinzu kommen Pumpen, die die Spülung ins Bohrloch pressen. Für die Förderung wiederum benötigt man Pumpen, die das Gas und Öl an die Oberfläche saugen, wenn der Lagerstättendruck abfällt. Da die Rohstoffe stets mit Sand und Wasser vermengt sind, stehen an Deck Anlagen, mit denen das Gemisch getrennt und aufbereitet wird. Hinzu kommen Tanks für Gas und Öl sowie Pumpen, die die Rohstoffe via Pipeline ans Land drücken oder in Tankschiffe füllen. Der für die Anlagen und den Wohnbereich erforderliche Strom wird mithilfe von Generatoren erzeugt. Da Öl meist durch geringe Mengen von Erdgas verunreinigt ist, benötig man auf Ölförderplattformen außerdem Prozessanlagen, die das Gas vom Öl abtrennen. Das Gas wurde früher meist abgefackelt und somit vergeudet. Das ist bedauerlicherweise auch heute noch der Fall. Inzwischen aber wird es häufiger genutzt – unter anderem um Stromgeneratoren auf Bohr- und Förderinseln anzutreiben. Fällt es in größeren Mengen an, wird es via Pipeline an Land gepumpt.
1.22 > Die Ölförderung verlagerte sich im Laufe der Zeit immer weiter aufs Meer hinaus. Da die Bohrinseln noch auf dem Grund standen, wurden sie entsprechend immer größer und länger. Heute werden für große Tiefen meist schwimmende Plattformen eingesetzt.
Abb. 1.22 > Die Ölförderung verlagerte sich im Laufe der Zeit immer weiter aufs Meer hinaus. Da die Bohrinseln noch auf dem Grund standen, wurden sie entsprechend immer größer und länger. Heute werden für große Tiefen meist schwimmende Plattformen eingesetzt. © nach Clauss et al.
Heute gibt es eine ganze Reihe verschiedener stehender oder schwimmender Bohr- und Förderanlagen, die für bestimmte Einsatzzwecke entwickelt wurden. Diese lassen sich den folgenden 3 Kategorien zuordnen:

FIXED PLATFORM: Dieser Typ steht auf einem Gestell auf dem Meeresgrund. Dazu gehören:
1.23 > Die Hubinsel „Constellation II“ kommt unter anderem bei der Erschließung von Erdgasfeldern vor Südamerika zum Einsatz. Während der Fahrt sind ihre Stützen hochgefahren, sodass sie wie Türme aufragen. © Rémi Jouan, CC-BY-SA, GNU Free Documentation License, Wikimedia Commons 1.23 > Die Hubinsel „Constellation II“ kommt unter anderem bei der Erschließung von Erdgasfeldern vor Südamerika zum Einsatz. Während der Fahrt sind ihre Stützen hochgefahren, sodass sie wie Türme aufragen.

Abb. 1.24 > Die Fachwerkkonstruktion der „Bullwinkle“-Plattform wurde an Land vorgefertigt und 1988 in den Golf von Mexiko geschleppt. © Bettmann/CORBIS 1.24 > Die Fachwerkkonstruktion der „Bullwinkle“-Plattform wurde an Land vorgefertigt und 1988 in den Golf von Mexiko geschleppt
  • Hubinseln: Hubinseln sind große Schwimmplattformen mit ausfahrbaren Stützen, auf deren Deck Kräne, Unterkünfte, Bohr- oder Förderanlagen installiert sind. Sie werden mithilfe von Schiffen oder einem eigenen Antrieb an ihren Bestimmungsort gebracht. Dort werden die Stützen bis zum Meeresboden ausgefahren, sodass die Insel fest auf dem Grund steht. Der Vorteil ist, dass die Insel nach ihrem Einsatz an einen neuen Ort geschleppt werden kann. Ein Beispiel ist die Bohrplattform „Constellation II“. Diese wird unter anderem für Probebohrungen nach Erdgas eingesetzt.
  • Stahlplattformen: Stahlplattformen werden auf einem Turm aus Stahlfachwerk errichtet. Das Stahlgestell hat den Vorteil, dass es Wind und Wellen wenig Widerstand bietet. Stahlkonstruktionen sind unter anderem im Golf von Mexiko und in der Nordsee häufig anzutreffen. Die Rohre, mit denen man den Turm im Meeresboden verankert, sind mehrere Meter dick, da sie Konstruktionen mit einem Gewicht von meh­reren 10 000 Tonnen tragen müssen. Die größte Plattform dieser Art ist die Ölplattform „Bullwinkle“, die 1988 als Förderplattform im Golf von Mexiko auf­gestellt wurde. Sie hat eine Höhe von 529 Metern. Die Wassertiefe beträgt vor Ort 412 Meter. Die Stahl­konstruktion wurde an Land vorgefertigt und ­dann aufs Meer geschleppt. Stahlkonstruktionen von „Bullwinkle“-Größe werden als Förderplattform nur für große und ergiebige Gas- oder Ölfelder eingesetzt.
  • Betonplattformen: Betonplattformen ruhen auf riesigen Hohlkörpern aus Stahlbeton. Auch sie werden sowohl wegen ihrer Größe als auch der aufwendigen Herstellung meist als Förderplattformen für große Gas- oder Ölfelder eingesetzt. Da der Wasserdruck in der Tiefe sehr hoch ist, sind die Hohlkörper kugelförmig oder zylindrisch geformt. Sie werden an Land vorgefertigt und dann an den Einsatzort geschleppt. Damit die Konstruktion nicht kippt, wird sie zum Teil geflutet. Dabei verbleibt in den Hohlkörpern noch so viel Luft, dass die Konstruktion wie ein riesiges Schiff stabil im Wasser liegt und schwimmt. Am Einsatzort dann wird die Konstruktion ganz auf den Meeresboden hinabgelassen. Später während des Betriebs dienen die Hohlkörper als Tanks, in denen das geförderte Erdgas und Erdöl gelagert werden kann. Ein Beispiel ist die Erdgasförderplattform „Sea Troll“, die 1996 im norwegischen Troll-Gasfeld in Betrieb genommen wurde. Die 472 Meter hohe Konstruktion wurde an Land vorgefertigt und dann aufs Meer geschleppt. Die Wassertiefe vor Ort beträgt 303 Meter.
COMPLIANT PLATFORM: Auch von diesem (anpassungsfähigen) Plattformtyp gibt es verschiedene Varianten, beispielsweise Stahltürme, die zusätzlich mit Stahl-trossen am Meeresboden verankert werden. Besonders häufig sind:
Abb. 1.25 > Die norwegische „Sea Troll“ ist die größte Erdgasplattform weltweit. Sie wurde mit mehreren Schleppern an ihren Einsatzort gezogen. ©  STR New/Reuters >1.25 > Die norwegische „Sea Troll“ ist die größte Erdgasplattform weltweit. Sie wurde mit mehreren Schleppern an ihren Einsatzort gezogen.

Abb. 1.26 > Das FPSO  „Kizomba A&ldquo ist Teil einer großen Ölförderanlage, die aus einer Förderplattform und mehreren Subsea-Einheiten besteht.  © Victor M. Cadelina, Jr. 1.26 > Das FPSO „Kizomba A&ldquo ist Teil einer großen Ölförderanlage, die aus einer Förderplattform und mehreren Subsea-Einheiten besteht.
  • Tension Leg Platforms: Die Tension Leg Platform (TLP) gehört zu den am weitesten verbreiteten Varianten. Diese besteht in der Regel aus einer Plattform, die mit mehreren Stützen auf einem großen Schwimmkörper ruht. Die TLP steht also nicht mit einem Turm auf dem Meeresboden. Stattdessen ist sie mit dicken Stahltrossen permanent am Grund verankert. Das Besondere ist, dass die Stahltrossen gespannt gehalten werden, damit die TLP ruhig im Wasser liegt. Dazu wird der Schwimmkörper zunächst teilweise geflutet und die Konstruktion abgesenkt. Dann werden die Stahltrossen montiert. Anschließend lässt man den Ballast wieder ab, wodurch die TLP etwas aufschwimmt. So werden die Stahltrossen zwischen Meeresboden und Schwimmkörper gespannt. Da der Schwimmkörper tief im Wasser liegt, bewegt sich die TLP anders als ein Schiff, das bei Seegang auf den Wellen reitet, auch bei Sturm nicht. Die Wellen rollen einfach unter der Plattform hinweg und an den Stützen vorbei. Ein weiterer Vorteil: Da man keinen festen Turm benötigt, können diese Konstruktionen auch für Erdgas- und Erdölfelder eingesetzt werden, die sich in großer Tiefe befinden.
  • Spar Buoys: Eng verwandt mit der TLP sind SparBuoy-Konstruktionen. Bei diesen ruht die Plattform nicht auf mehreren Stützen, sondern auf einem einzigen langen zylindrischen Körper, der wie ein gigantisches Rohr senkrecht im Wasser steht. Wie bei einer Boje (englisch buoy) sorgt dieser Körper für Auftrieb. Dieser Typ wird erst seit knapp 20 Jahren in der Ölförderung eingesetzt. Ein Vorteil ist, dass die Zylinderkonstruktion Meeresströmungen wenig Widerstand bietet und damit auch wenig belastet wird. Der zylindrische Körper enthält Tanks für Gas und Öl sowie Ballasttanks, mit denen die Spar-Buoy-Konstruktion wie eine TLP auf- und absteigen kann. Wie die TLP wird die Spar-Buoy-Anlage mit permanent gespannten Stahltrossen am Meeresboden verankert. Der englische Begriff spar ist keine Abkürzung, sondern bedeutet, in Anlehnung an die zylindrische Struktur, schlicht Rundholz.
FLOATING PLATFORMS: Zu den Floating Platforms zählen unter anderem kleinere Halbtaucherkonstruktionen, sogenannte Semi-Submersibles, die meist durch ihren eigenen Antrieb oder einfache Anker auf Position gehalten werden. Eine permanente Verankerung im Meeresboden wie die TLPs haben diese Plattformen in der Regel nicht. Diese Anlagen werden häufig für Bohreinsätze zu neuen Lagerstätten gefahren. Zu den Floating Platforms gehören auch Bohrschiffe sowie die FPSOs. Diese werden meist in der Nähe von Förderplattformen oder Subsea-Anlagen eingesetzt, mit denen sie über Leitungen verbunden sind. An Bord der FPSOs befinden sich oftmals Reinigungsanlagen für Gas und Öl sowie große Tanks, über die meist Tankschiffe befüllt werden. Ein Beispiel ist die 285 Meter lange FPSO „Kizomba A“, die vor Angola bei der Ölförderung zum Einsatz kommt.

Abb. 1.28 > Förderplattformen gehören seit  Jahrzehnten zur Offshore-Industrie von  Öl und Gas. Wichtige Förderregionen sind  die küstennahen Meeresgebiete vor Süd- amerika oder Westafrika – oder, wie hier  im Bild zu sehen, der Golf von Thailand. © think4photop/iStockphoto 1.28 > Förderplattformen gehören seit Jahrzehnten zur Offshore-Industrie von Öl und Gas. Wichtige Förderregionen sind die küstennahen Meeresgebiete vor Süd- amerika oder Westafrika – oder, wie hier im Bild zu sehen, der Golf von Thailand.

Fördertechnik am Boden

Die Gas- und Ölförderung ist heute nicht mehr auf große Plattformen auf der Meeresoberfläche beschränkt. Eine Alternative sind Subsea-Completion-Anlagen. Dabei werden auf Stahlgestellen verschiedene wasserdichte Komponenten wie etwa Kompressoren, Pumpen oder Separatoren für die Gas- und Ölreinigung direkt auf dem Grund abgesetzt. Mithilfe von Unterwasserrobotern werden die Komponenten dann zu großen Förder-Ensembles verknüpft. Die Subsea-Completion-Systeme werden nicht zu den Plattformen gezählt und sind eine eigene Klasse von Offshore-Anlagen. Sie werden in der Regel im Tief- und Tiefstwasserbereich eingesetzt. Subsea-Vorrichtungen haben mehrere Vorteile. Zum einen arbeiten die Anlagen effizienter, wenn Pumpen und Verdichter näher an der Quelle sind – das heißt: am Meeresboden –, und zum anderen kann man dann das Gas- oder Öl-Wasser-Sand-Gemisch, das aus dem Bohrloch aufsteigt, bereits vor Ort reinigen und aufbereiten, ohne es bis zur Bohrinsel pumpen zu müssen. Dadurch kann die Fördertechnik kleiner ausgelegt werden, was beträchtliche Kosten spart. Zudem kommt man dank der Unterwassertechnik in großen Gas- und Ölfeldern mit weniger Fördertechnik aus. Selbst wenn man mit Richtbohrtechnik von einer Bohrplattform aus arbeitet, bleibt der Radius, in dem man fördern kann, beschränkt. Setzt man die Pumpen und Verdichter hingegen auf den Meeresgrund, können Gas und Öl aus vielen Bohrstellen, die in weitem Umkreis liegen, zu einer gemeinsamen Förderstation gepumpt und von dort an Land oder beispielsweise zu einer FPSO gedrückt werden. Derartige Subsea-Installationen gibt es heute im Golf von Mexiko, vor Südamerika, Westafrika oder Norwegen. Im Perdido-Ölfeld im Golf von Mexiko beispielsweise sind einzelne Ölplattformen auf der Wasseroberfläche mit bis zu 30 Bohrlochköpfen in der Tiefe verbunden. Eine Plattform fördert damit Öl aus einer Vielzahl von Bohrungen.
1.29 > Gas und Öl werden in großer Tiefe immer öfter mit Subsea-Anlagen gewonnen, die auf dem Meeresboden liegen. Diese Anlagen sind modular aufgebaut. Einzelne Komponenten wie Bohrlochköpfe oder Kompressoren sind über Leitungen zu Ensembles verknüpft.
Abb. 1.29 > Gas und Öl werden in großer Tiefe immer öfter mit Subsea-Anlagen gewonnen, die auf dem Meeresboden liegen. Diese Anlagen sind modular aufgebaut. Einzelne Komponenten wie Bohrlochköpfe oder Kompressoren sind über Leitungen zu Ensembles verknüpft. © FMC Technologies/statoil ASA
Im Gasfeld Ormen Lange vor Norwegen wiederum wurden auf einer Fläche von knapp 500 Quadratkilometern rund 50 Bohrlochköpfe am Meeresboden installiert. Diese sind mit einigen wenigen gemeinsamen Subsea-Förderstationen unter Wasser verbunden, die das Gas via Pipeline zum Land pumpen. Für derartige Projekte müssen immer wieder spezielle Geräte und Maschinen entwickelt werden. Bereits am Markt sind Unterwasserkompressoren, die den Druck in den Erdgasreservoirs erhöhen, wenn sie sich langsam leeren und der Lagerstättendruck sinkt. Die Entwicklung von Subsea-Geräten bleibt eine Herausforderung, denn die Bauteile und Maschinen sowie die elektronischen Komponenten müssen nicht nur wasserfest sein und hohe Wasserdrücke aushalten können, sondern auch sehr zuverlässig arbeiten. Auf Offshore-Plattformen können Kompressoren, Pumpen und Verdichter jederzeit gewartet werden; bei Anlagen in der Tiefe ist das nicht ohne Weiteres möglich. Dort wäre ein Maschinenschaden fatal. Weltweit arbeitet man daher an der Entwicklung von robusten Systemen, die über viele Jahre rund um die Uhr funktionieren, zum Beispiel Kompressoren, die das Erdgas in die Pipelines pumpen. Normalerweise werden die Lager von Kompressoren mit Öl geschmiert. In den Subsea-Geräten hingegen kommen heute bereits elektrisch geregelte Magnetlager zum Einsatz, in denen die Welle schwebt. Die Verarbeitung von Öl und Gas mit Subsea-Anlagen erwirtschaftet heute gut 20 Milliarden US-Dollar. Fachleute schätzen, dass sich dieser Wert bis 2020 verdoppeln könnte. Textende