Öl und Gas
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WOR 3 Rohstoffe aus dem Meer – Chancen und Risiken | 2014

Den Energiehunger stillen

Den Energiehunger stillen

> Rund ein Drittel der weltweiten Erdgas- und Erdölmengen wird im Meer gewonnen. Dieser Anteil wird sich in den kommenden Jahrzehnten noch erhöhen, denn die ozeanischen Lagerstätten bergen noch enorme Vorräte. Allerdings müssen die Konzerne in immer größere Meerestiefen vordringen, weil viele Gas- und Ölfelder im Flachwasser bereits weitgehend ausgebeutet sind.

Rohstoffe aus dem Meer seit mehr als 100 Jahren

Erdgas und Erdöl werden schon lange aus dem Meer gefördert. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts errichtete man in den Vereinigten Staaten von Amerika erste Ölbohrtürme vor der Küste. Als ein Pionier gilt der Industrielle Henry L. Williams, der in den 1890er Jahren Öl aus dem Summerland-Feld bei Santa Barbara in Kalifornien förderte. Die ersten Fördertürme ließ er noch an Land bauen, 1896 wagte er schließlich den Schritt ins Wasser. Er ließ eine 100 Meter lange Pier errichten und trieb von dort eine Bohrung in den Meeresboden. Nachahmer ließen nicht lange auf sich warten. Innerhalb von 5 Jahren entstanden in der Umgebung 14 weitere Piers mit 400 Förderbohrungen.
1.1 > Schon Ende des 19. Jahrhunderts wagten Ölpioniere den Schritt ins Meer. Anfangs waren die Fördertürme über Piers mit dem Land verbunden.

Abb. 1.1 > Schon Ende des 19. Jahrhunderts wagten Ölpioniere den Schritt ins Meer. Anfangs waren die Fördertürme über Piers mit dem Land verbunden. © G. H. Eldridge/U. S. Geological Survey
Für die Pioniere der Ölförderung war es unvorstellbar, Bohrtürme weit draußen auf dem Meer zu errichten. Ihre Anlagen standen in wenige Meter tiefem Wasser und waren über die Piers mit dem Land verbunden. Heute ist das anders. Die Gas- und Ölförderung auf hoher See ist ein Alltagsgeschäft. Weltweit gibt es aktuell etwa 900 große Plattformen, auf denen Öl und Gas gefördert wird. Im Laufe der Zeit sind die Ingenieure in immer größere Meeres-tiefen vorgestoßen, weil mit dem steigenden Ölpreis die kostspielige Gas- und Ölgewinnung in der Tiefe rentabel geworden ist. Auch die Weiterentwicklung der Bohr- und Fördertechnik trägt dazu bei, dass aus immer größeren Wassertiefen gefördert werden kann. Den Tiefenrekord in der Ölförderung hält derzeit ein internationaler Ölkonzern mit einer Bohrinsel im Tobago-Feld im Golf von Mexiko mit 2934 Meter Wassertiefe. In der Gasförderung liegt der Tiefenrekord derzeit bei rund 2700 Metern. Die Gasplattform befindet sich ebenfalls im Golf von Mexiko im Cheyenne-Gasfeld.

Abb. 1.2 Öl und Kohle sind weltweit die wichtigsten fossilen Brennstoffe. Die Abbildung zeigt den nach Energiequellen aufgeteilten globalen Primärenergieverbrauch im Jahr 2011 und die jeweiligen prozentualen Anteile. Für das Öl ist der Primärenergieverbrauch in Millionen Tonnen Öl angegeben. Für die anderen Energiequellen wurde der Primärenergieverbrauch in Öleinheiten (Angaben in Millionen Tonnen Öleinheiten) umgerechnet. © BP 1.2 > Öl und Kohle sind weltweit die wichtigsten fossilen Brenn­stoffe. Die Abbildung zeigt den nach Energiequellen aufgeteilten globalen Primär­energie­verbrauch im Jahr 2011 und die jeweiligen prozen­tualen Anteile. Für das Öl ist der Primärenergieverbrauch in Millionen Tonnen Öl angegeben. Für die anderen Energiequellen wurde der Primärenergieverbrauch in Öleinheiten (Angaben in Millionen Tonnen Öleinheiten) umgerechnet.

Abb. 1.3 Öl wird überwiegend im Sektor Transport/Verkehr eingesetzt. Es spielt aber auch eine wichtige Rolle als Grundstoff, beispielsweise in der chemischen Industrie. © IEA 1.3 > Öl wird überwiegend im Sektor Transport/Verkehr eingesetzt. Es spielt aber auch eine wichtige Rolle als Grundstoff, beispielsweise in der chemischen Industrie.

Immer mehr Energie für Autos, Heizung und Strom

Der Energiehunger der Menschheit ist enorm groß. So belief sich der Primärenergieverbrauch im Jahr 2011 auf 12 274 Millionen Tonnen Öleinheiten. Das entspricht dem 40-Fachen des jährlichen Energieverbrauchs von Deutschland. Die Öleinheit ist ein Maß, das verwendet wird, um den Verbrauch der verschiedenen Energierohstoffe miteinander vergleichen zu können. 1 Tonne Öleinheit entspricht dabei dem Energiegehalt 1 Tonne Rohöl. Zwar ist der Energieverbrauch in Europa in den vergangenen Jahren durch den Einsatz moderner Maschinen und effizienter Elektromotoren, durch Energiesparmaßnahmen und eine bessere Dämmung von Gebäuden zurückgegangen. Weltweit betrachtet aber nimmt der Energieverbrauch zu. Seit Anfang der 1970er Jahre hat er sich verdoppelt. Bis zum Jahr 2035 wird er sich nach Angaben der Internationalen Energieagentur (International Energy Agency, IEA) nochmals um mehr als ein Drittel erhöht haben.

Generell sind die Ursachen für den wachsenden Energiehunger insbesondere das Bevölkerungswachstum in Asien sowie die fortschreitende Industrialisierung in den Schwellenländern. Dabei entfallen ungefähr 60 Prozent dieses Zuwachses allein auf China, Indien und den Nahen Osten. Heute wird die meiste Energie aus der Verbrennung der fossilen Energieträger Erdgas, Erdöl oder Kohle gewonnen. Die Ölpioniere hätten sich vermutlich nie träumen lassen, wie viel die Menschheit einmal verbrennen oder auch industriell nutzen würde. Unsere moderne Welt ist fast gänzlich von fossilen Rohstoffen abhängig. Wir benötigen sie zum Heizen, für die Stromproduktion und natürlich als Treibstoff für Kraftfahrzeuge, Bahnen, Flugzeuge und Schiffe. So sind heute weltweit mehr als 1 Milliarde Autos, Busse und Lastwagen in Betrieb, die große Mengen Benzin oder Diesel verbrennen.

Öl hält die Welt in Gang

Der wichtigste fossile Brennstoff ist heute Erdöl, gefolgt von Kohle und Erdgas. Erdöl hatte im Jahr 2011 einen Anteil von rund 33 Prozent am weltweiten Primärenergieverbrauch. Der Anteil der Kohle betrug rund 30 und der von Erdgas rund 24 Prozent.

Primärenergie Mit Primärenergie bezeichnet man jene Energie, die man in einem Kraftwerk, Ofen oder in einem Motor aufwenden muss, um elektrischen Strom, Wärme oder Bewegung zu erzeugen. Darüber hinaus gibt es den Begriff der Endenergie. Damit bezeichnet man Energie, die der Verbraucher direkt in Form von Strom und Heizwärme nutzt.

Die restlichen Anteile entfallen auf Atomenergie, Wasserkraft und andere erneuerbare Energien wie zum Beispiel Solar- und Windenergie. Im Jahr 2011 wurden weltweit rund 4 Milliarden Tonnen Öl gefördert. Davon wurden allein 61,5 Prozent im Bereich Transport und Verkehr verbraucht. Öl ist aber nicht nur Brennstoff, sondern auch ein wichtiger Grundstoff für die Pharma- und Chemieindustrie, beispielsweise für die Kunststoffproduktion. Autolacke, Frischhaltedosen oder TV-Geräte, in allen stecken Substanzen, die aus Öl gewonnen werden. Der größte Erdölverbraucher sind heute die USA. Es folgen China, dessen Volkswirtschaft seit Jahren immens wächst, das stark industrialisierte Japan und das aufstrebende Schwellenland Indien. Russland hält Platz 5, verbraucht aber nur ein Sechstel der US-Ölmenge. Der weltweite Ölkonsum ist 2011 um 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Am stärksten stieg der Verbrauch mit 6,1 Prozent im sogenannten australasiatischen Raum. In Europa hingegen ging der Verbrauch um 1,2 Prozent zurück.

1.4 Erdgas wird zum größten Teil für die Erzeugung von Strom und Wärme eingesetzt. @ IEA 1.4 > Erdgas wird zum größten Teil für die Erzeugung von Strom und Wärme eingesetzt.

Strom und Wärme aus Gas

Im Jahr 2011 wurden weltweit 3337 Milliarden Kubikmeter Erdgas gefördert. Diese Menge entspricht dem 35-Fachen des jährlichen Gasverbrauchs in Deutschland. Der durchschnittliche Jahresverbrauch eines deutschen Haushalts liegt bei etwa 3500 Kubikmetern. Erdgas wird insbesondere zum Heizen und zur Stromgewinnung sowie in der chemischen Industrie als Rohstoff eingesetzt, zum Beispiel für die Wasserstoffproduktion, die Ammo-niaksynthese und die Stickstoffdüngerherstellung. In Deutschland, Dänemark, anderen europäischen Ländern und auch in China ersetzt Erdgas zunehmend Kohle als Brennstoff für Kraftwerke.

Denn Gas verbrennt sauberer als Kohle. Das Gas wird dabei in modernen Gas- und Dampfkraftwerken eingesetzt, die zugleich Strom produzieren und die Abwärme nutzen und dadurch einen besonders hohen Wirkungsgrad haben, die Energie also besonders gut ausnutzen. Klassische Kohlekraftwerke hingegen liefern in vielen Fällen nur Strom. Die Abwärme bleibt ungenutzt. In Europa sank die Gasnachfrage zwischen 2010 und 2011 um 8 Prozent. Gründe dafür waren die schwache Wirtschaft, relativ hohe Preise, warmes Wetter, aber auch der kontinuierliche Ausbau erneuerbarer Energien. Weltweit gesehen hingegen stieg der Erdgasverbrauch im selben Zeitraum um 2 Prozent.

1.5 > Die Vereinig­ten Staaten von Amerika führen die Liste der 10 größten Ölverbraucher mit weitem Abstand an.

1.6 > Auch was Erdgas angeht, sind die USA die größten Verbraucher. Ähnlich wie beim Öl stehen allein die 10 größten Länder für gut 60 Prozent des weltweiten Gesamtbedarfs.
Abb.1.5 Die Vereinig­ten Staaten von Amerika führen die Liste der 10 größten Ölverbraucher mit weitem Abstand an. © BGR (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe); Abb. 1.6 Auch was Erdgas angeht, sind die USA die größten Verbraucher. Ähnlich wie beim Öl stehen allein die 10 größten Länder für gut 60 Prozent des weltweiten Gesamtbedarfs. @ BGR

Zusatzinfo Reserven oder Ressourcen?

1.8 > Stellt man die Reserven und Ressourcen dem von der IEA bis zum Jahr 2035 aufsummierten Gesamtverbrauch gegenüber, wird deutlich, dass vor allem die Kohle noch lange Zeit in ausreichender Menge verfügbar sein wird. Die Ölreserven hingegen werden Mitte dieses Jahrhunderts bereits stark ausgeschöpft sein. Zwar kann der Ölbedarf weiter gedeckt werden, allerdings wird man in absehbarer Zeit auch auf nicht-konventionelle Ressourcen zurückgreifen müssen. Weil dafür neue und anspruchsvolle Technik eingesetzt werden muss, dürfte sich das Öl deutlich verteuern. Beim Gas ist die Situation etwas entspannter, da der Verbrauch geringer und die Menge der konventionellen Ressourcen größer ist. Allerdings erwarten Experten, dass der Erdgasverbrauch künftig stark zunehmen könnte.
Der Grund ist die starke Nachfrage in Asien und in den Schwellenländern. China zum Beispiel erhöhte seinen Verbrauch um 20 Prozent. Japan wiederum importierte nach dem Unfall im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi 19 Prozent mehr Erdgas. Aufgrund seiner Insellage führt Japan Gas in flüssiger Form (Liquefied Natural Gas, LNG) auf dem Seeweg ein. Weil das teurer ist als der Transport per Pipeline, sind die Gaspreise in Japan vergleichsweise hoch. Im weltweiten Vergleich waren die Vereinigten Staaten von Amerika im Jahr 2011 der größte Erdgasverbraucher, gefolgt von der Russischen Föderation und dem Iran. Der hohe Verbrauch im Iran ist einerseits auf einen gro-ßen Gasbedarf durch die Gebäudeheizung aufgrund kalter Winter und andererseits auf die Injektion von Gas in Ölfelder zurückzuführen. Durch das Einpressen wird das Öl aus den Lagerstätten herausgedrückt. Auf Platz 4 der Liste der größten Erdgasverbraucher steht China, auf Platz 5 Japan.

Abb. 1.8 Stellt man die Reserven und Ressourcen dem von der IEA bis zum Jahr 2035 aufsummierten Gesamtverbrauch gegenüber, wird deutlich, dass vor allem die Kohle noch lange Zeit in ausreichender Menge verfügbar sein wird. Die Ölreserven hingegen werden Mitte dieses Jahrhunderts bereits stark ausgeschöpft sein. Zwar kann der Ölbedarf weiter gedeckt werden, allerdings wird man in absehbarer Zeit auch auf nicht-konventionelle Ressourcen zurückgreifen müssen. Weil dafür neue und anspruchsvolle Technik eingesetzt werden muss, dürfte sich das Öl deutlich verteuern. Beim Gas ist die Situation etwas entspannter, da der Verbrauch geringer und die Menge der konventionellen Ressourcen größer ist. Allerdings erwarten Experten, dass der Erdgasverbrauch künftig stark zunehmen könnte. © BGR

Konventionell und nichtkonventionell Fachleute unterscheiden konventionelle von nichtkonventionellen Reserven und Ressourcen. Konventionelle Lagerstätten können mit herkömmlicher Technik erschlossen und ausgebeutet werden. Die Förderung nichtkonventioneller Reserven und Ressourcen hingegen benötigt neue, technisch anspruchsvolle und daher teure Fördertechnologien. Die Schiefergasvorkommen in den USA sind ein Beispiel für eine nichtkonventionelle Ressource.

Wie lange reichen die Rohstoffe?

In den vergangenen Jahrzehnten wurde immer wieder diskutiert, wie lange die Vorräte an fossilen Energieträgern noch reichen werden. Man befürchtete, dass vor allem das Öl knapp werden könnte. Dieser Fall ist bis heute nicht eingetreten. Weltweit steht derzeit noch genug Öl zur Verfügung, um auch den wachsenden Bedarf zu decken. Das liegt vor allem daran, dass man dank besserer Technik immer wieder neue Öllagerstätten an Land und im Meer entdeckt und außerdem Offshore-Vorkommen in immer größeren Wassertiefen erschließen kann. Ferner machen es neue Fördertechnologien möglich, mehr Öl aus einer Lagerstätte herauszupumpen als früher. Zum Teil werden stillgelegte Lagerstätten wieder geöffnet, um auch noch das restliche Öl herauszuholen, das man in der Vergangenheit nicht fördern konnte. Um die künftige Versorgungssituation einzuschätzen, versuchen verschiedene Wissenschaftler und Ölkonzerne, die Rohstoffnachfrage in den nächsten Jahrzehnten mithilfe von Energieszenarien abzuschätzen. Derartige Szenarien liefert unter anderem regelmäßig die IEA. Die Ergebnisse können den aktuellen Schätzungen der Reserven und Ressourcen gegenübergestellt werden.
1.9 > LNG-Tanker sind Spezialschiffe, die Flüssigerdgas transportieren  und aufgrund ihrer charakteristischen kugelförmigen Tanks schon von  Weitem erkennbar sind. ©  Alessandro Viganò/iStockphoto 1.9 > LNG-Tanker sind Spezialschiffe, die Flüssigerdgas transportieren und aufgrund ihrer charakteristischen kugelförmigen Tanks schon von Weitem erkennbar sind.

Es gibt noch genügend Öl

Insgesamt umfassten die bekannten Ölreserven und -ressourcen im Jahr 2011 rund 585 Milliarden Tonnen. Davon waren 258 Milliarden Tonnen nichtkonventionelles Erdöl. Dabei sind die Ölvorräte weltweit sehr unterschiedlich verteilt. Allein auf die in der Organisation der Erdöl exportierenden Länder (OPEC) versammelten Staaten, zum Beispiel Irak, Iran, Kuwait, Saudi-Arabien oder Venezuela, entfallen fast 50 Prozent der Ölreserven und -ressourcen. Die Regionen Australasien, Afrika und Europa hingegen bringen es zusammen nur auf etwa 20 Prozent. Angesichts der Größe der derzeitigen Ölreserven und -ressourcen wird deutlich, dass in den kommenden Jahren aus geologischer Sicht auch bei einem moderaten Anstieg des Verbrauchs weltweit ausreichend Öl zur Verfügung stehen wird. Ob dieser Rohstoff zukünftig aber immer dann in ausreichender Menge verfügbar gemacht werden kann, wenn er benötigt wird, kann nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden. In jedem Fall konnte bis heute der Bedarf an Erdöl durch entsprechende Förderung gedeckt werden.
1.10 > Die Ölreserven und -ressourcen sind weltweit ungleich verteilt. Die wichtigste Region ist der Nahe Osten mit der Arabischen Halbinsel. 2011 standen einem Verbrauch von etwa 4 Milliarden Tonnen Öl Vorräte in Höhe von 585 Milliarden Tonnen gegenüber. Die kumulierte Förderung verdeutlicht, wie viel Öl in den verschiedenen Regionen bereits aus Lagerstätten gewonnen wurde.
Abb. 1.10 > Die Ölreserven und -ressourcen sind weltweit ungleich verteilt. Die wichtigste Region ist der Nahe Osten mit der Arabischen Halbinsel. 2011 standen einem Verbrauch von etwa 4 Milliarden Tonnen Öl Vorräte in Höhe von 585 Milliarden Tonnen gegenüber. Die kumulierte Förderung verdeutlicht, wie viel Öl in den verschiedenen Regionen bereits aus Lagerstätten gewonnen wurde. © nach BGR
Manche Kritiker hingegen hatten schon mehrfach den sogenannten Peak Oil vorhergesagt. Mit diesem Begriff bezeichnet man den Punkt, an dem die weltweite jährliche Ölfördermenge ihren historischen Höchststand erreicht, den historischen Scheitelpunkt der weltweiten Ölförderung. Nach dieser Definition schrumpft die Ölförderung von diesem Zeitpunkt an. Da aber immer wieder neue Ölvorkommen entdeckt und zudem die Fördertechniken verbessert wurden, ist die Fördermenge bis heute weltweit gewachsen. Für die folgenden Jahre erwarten einige Experten heute ein Peakplateau, also eine über eine längere Phase gleichbleibend hohe Fördermenge. Allerdings wird der Ölpreis weiter steigen, da zunehmend nichtkonventionelle Lagerstätten mit hohem technischem Aufwand erschlossen werden. Dazu zählen Ölsande, die in großem Stil in Kanada abgebaut werden, sowie Schieferöl, das in kaum durchlässigen Erdschichten lagert und deshalb nur mit hohem technischem Aufwand gefördert werden kann. Auch die Ölförderung in immer größeren Meerestiefen wird den Ölpreis weiter nach oben treiben. So gehen Fachleute davon aus, dass der Anteil des Erdöls, das aus Wassertiefen von mehr als 200 Metern gefördert wird, bis zum Jahr 2015 auf 12 Prozent gestiegen sein wird. 2001 betrug er nur 2 Prozent. Wann die globale Ölfördermenge sinken oder sich das Öl tatsächlich verknappen wird, ist heute schwer zu sagen. Bis 2035 wird dieser Punkt bei konsequenter Erschließung sämtlicher Ressourcen vermutlich noch nicht erreicht sein. Einzelne Staaten haben ihren Peak Oil inzwischen aber durchaus erreicht, Großbritannien zum Beispiel bereits 1999.

Fracking – Chancen und Risiken

Insgesamt umfassten die Gasreserven und -ressourcen 2011 rund 772 Billionen Kubikmeter Erdgas, das rund 230-Fache des Weltgasverbrauchs des Jahres 2011. Dabei machen die Ressourcen mit 577 Billionen Kubikmetern den Löwenanteil aus. 60 Prozent der Ressourcen wiederum sind nichtkonventionell. Ein Beispiel sind Kohleflözgase, die in Kohleschichten lagern und heute bereits in einigen Ländern wie Australien mit nichtherkömmlicher Technik gefördert werden können. Von besonderem Interesse sind derzeit die großen nichtkonventionellen Schiefergasressourcen in den USA. Dabei handelt es sich um Erdgas, das in kaum durchlässigen Bodenschichten gefangen ist. Zwar sind diese Böden porös, sodass sie Erdgas speichern können. Allerdings sind die Poren voneinander isoliert und nicht wie in konventionellen Lagerstätten durch sogenannte Porenhälse miteinander verbunden. In den USA hat man vor einigen Jahren begonnen, diese Gasvorräte zu erschließen, indem man in den gashaltigen Gesteinen künstliche Risse erzeugt. Dazu wird Wasser mit chemischen Zusätzen unter hohem Druck in den Boden gepresst. Hydraulic Fracturing (hydraulisches Aufbrechen) oder kurz: Fracking wird diese vergleichsweise neue Methode zur Erdgasförderung aus Schiefergas genannt. Das Fracking hat in Amerika eine Art Schiefergasrevolution ausgelöst. So wird sich die USA in den nächsten Jahren vermutlich gänzlich von Erdgasimporten unabhängig machen können. Die Schiefergasressourcen der USA werden derzeit auf fast 14 Billionen Kubikmeter geschätzt. Weltweit dürften es rund 157 Billionen Kubikmeter sein. Noch aber ist das Wissen über die Ausdehnung der weltweiten Schiefergaslagerstätten lückenhaft. Insofern sind diese Schätzungen gleichermaßen relativ unsicher. Auch ist das Fracking zum Teil stark umstritten. Kritiker fürchten, dass die Chemikalien aus Fracking-Bohrungen entweichen und das Grundwasser verschmutzen könnten.

Die Zukunft der Öl- und Gasförderung im Meer

Obwohl heute noch das meiste Gas und Öl an Land gefördert wird, ist ihr Anteil aus dem Meer (Offshore-Gas und -Öl) beachtlich. So trägt Offshore-Öl mit 37 Prozent zur weltweiten Ölförderung bei. Offshore-Gas hat einen Anteil von 28 Prozent an der globalen Gasförderung – Tendenz steigend. Kohle wird bis heute nicht im Meer abgebaut. Lange blieb die Erdgas- und Erdölförderung auf Flachwasserbereiche wie etwa die Nordsee oder küstennahe Gebiete der USA beschränkt. Da aber zahlreiche alte Lagerstätten versiegten, sind die Konzerne inzwischen in die Tiefe vorgedrungen. Dabei unterscheidet man 3 verschiedene Tiefenbereiche:
  • den Flachwasserbereich, der bis in eine Tiefe von etwa 400 Metern reicht;
  • den Tiefwasserbereich, der bis in eine Tiefe von etwa 1500 Metern reicht;
  • den Tiefstwasserbereich unterhalb von etwa 1500 Metern.
Dank neuer geophysikalischer Erkundungsverfahren sind Wissenschaftler heute in der Lage, den Meeresboden und andere Bodenschichten bis in eine Tiefe von 12 Kilometern unter dem Meeresboden in hoher Auflösung nach Gas- und Öllagerstätten abzusuchen. Dabei wurden in den vergangenen Jahren immer wieder neue große Lagerstätten entdeckt oder neu vermessen. Aktuelle Untersuchungen haben ergeben, dass zwischen 2007 und 2012 481 größere Felder im Tief- und Tiefstwasserbereich neu entdeckt worden sind. Das sind mehr als 50 Prozent der insgesamt neu entdeckten größeren Offshore-Felder, also jener Felder, die eine Größe von mindestens 170 Milliarden Barrel Öleinheiten haben, was in etwa 23 800 Millionen Tonnen Öleinheiten entspricht. Der Tief- und Tiefstwasserbereich wird also immer wichtiger. Interessant ist auch, dass die neu entdeckten Offshore-Felder in der Regel 10-mal größer als neu entdeckte Felder an Land sind, was die Tief- und Tiefstwasserförderung trotz höherer Kosten attraktiv macht. Betrachtet man die derzeitige Öl- und Gasproduktion weltweit, ist der Anteil der Förderung unterhalb von 400 Metern mit rund 7 Prozent aber noch relativ gering. Das liegt nicht zuletzt daran, dass derzeit nur 38 Prozent der bekannten Tief- und Tiefstwasserfelder in Betrieb sind. Die meisten Gebiete werden derzeit noch im Detail erkundet. In einigen Fällen wurden erste Probebohrungen durchgeführt. Viele Experten sind sich darin einig, dass die Tief- und Tiefstwasserbereiche die letzten Bastionen der Ölgewinnung sind. Da viele ehemals ertragreiche Felder an Land und im Flachwasser bereits weitgehend ausgebeutet sind, gibt es heute und in den kommenden Jahren kaum mehr eine Alternative. Wann sich die Förderung lohnt, hängt letztlich davon ab, wie hoch der Ölpreis ist. Grundsätzlich aber gilt: Je tiefer das Wasser ist, desto höher sind die Kosten der Förderung. Erschlossen werden im Meer heute fast ausschließlich konventionelle Ölvorkommen. Sollte der Ölpreis in den kommenden Jahrzehnten aber weiter deutlich steigen, könnte es künftig vielleicht sogar interessant sein, nichtkonventionelle Vorkommen wie etwa Schieferöl nicht nur an Land, sondern auch im Meer auszubeuten. Noch ist man davon aber weit entfernt.
1.12 > Betrachtet man die Volumina der zwischen 2007 und 2012 neu entdeckten Felder von Offshore-Öl und -Gas, wird deutlich, dass die Rohstoffmengen in einer Tiefe unterhalb von etwa 400 Metern den größten Anteil haben.

1.13 > Je tiefer das Wasser, desto höher die Kosten: Im Tiefstwasserbereich unterhalb von etwa 1500 Metern war ein Bohrtag im Jahr 2012 rund 4-mal so teuer wie im Flachwasserbereich.
1.12 > Betrachtet man die Volumina der zwischen 2007 und 2012 neu entdeckten Felder von Offshore-Öl und -Gas, wird deutlich, dass die Rohstoffmengen in einer Tiefe unterhalb von etwa 400 Metern den größten Anteil haben. © IHS; 1.13 > Je tiefer das Wasser, desto höher die Kosten: Im Tiefstwasserbereich unterhalb von etwa 1500 Metern war ein Bohrtag im Jahr 2012 rund 4-mal so teuer wie im Flachwasserbereich. © IHS

Vielversprechende Meeresgebiete

Bedeutende Neuentdeckungen im Meer wurden seit 2007 unter anderem im Santos-Becken vor Brasilien gemacht. Hierbei handelt es sich um mehrere große Gas- und Ölvorkommen von bis zu 1 Milliarde Tonnen Erdöl und 1 Milliarde Kubikmeter Erdgas, die unter einer mächtigen Salzschicht (pre-salt layer) mehrere Tausend Meter tief im Meeresboden verborgen sind. Lagerstätten dieser Größe könnten den weltweiten Gas- und Ölbedarf für mehrere Monate decken. Diese Vorkommen sind bei geophysikalischen Untersuchungen des Bodens lange unentdeckt geblieben, weil die Salzschichten die Signale der Messgeräte abgeschirmt haben. Dank eines verbesserten Verfahrens konnten die Vorkommen vor wenigen Jahren aufgespürt werden.
1.14 > Die bedeu- tendsten Neuent- deckungen von Gas- und Ölfeldern in Wassertiefen von mehr als 400 Metern wurden in den vergangenen Jahren vor allem im Südatlantik und vor Westafrika gemacht.
1.14 > Die bedeu- tendsten Neuent- deckungen von Gas- und Ölfeldern in Wassertiefen von mehr als 400 Metern wurden in den vergangenen Jahren vor allem im Südatlantik und vor Westafrika gemacht. © IHS
Inzwischen konnte man auch auf der anderen Seite des Atlantiks im Kwanza-Becken vor Angola Ölvorkommen unter einer 2000 Meter mächtigen Salzschicht nachweisen. Im Schwarzen Meer und im Kaspischen Meer wurden in den vergangenen Jahren ebenfalls neue Gas- und Ölfelder unterhalb von 400 Metern entdeckt beziehungsweise erschlossen. Damit sind auch Staaten wie der Iran, Rumänien und Russland in den Tiefwasserbereich vorgestoßen. Wichtige neue Ölfelder wurden im Golf von Mexiko und vor Ghana entdeckt sowie auch vor Französisch-Guayana. Motiviert durch diese Funde, will man hier jetzt nach weiteren Vorkommen in ähnlichen Bodenschichten vor den Küsten der beiden Nachbarstaaten Suriname und Brasilien suchen. Heute gelten die Tief- und Tiefstwasserregionen im Golf von Mexiko und im Atlantik vor Südamerika und Westafrika als am vielversprechendsten. Bedeutende Gasfelder wurden zwischen 2007 und 2012 vor allem vor Mosambik und Tansania sowie im Mittelmeer vor Israel und Zypern entdeckt. Beide Gebiete sind so ergiebig, dass sie die Gasversorgung der Regionen verändern werden. Israel beispielsweise wird sich damit für lange Zeit von Gasimporten aus den arabischen Nachbarstaaten unabhängig machen können

Sonderfall Arktis

Mit dem durch den Klimawandel verursachten Schmelzen des arktischen Meereises wächst die Hoffnung der arktischen Nationen, künftig die Erdgas- und Erdölvorräte in der Nordpolarregion ausbeuten zu können. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass dort tatsächlich beträchtliche Vorkommen zu finden sind. So wird vermutet, dass in den Meeresgebieten nördlich des Polarkreises etwa 30 Prozent der bislang noch unentdeckten Gasmengen und 13 Prozent des unentdeckten Öls ruhen. Dabei sollen die beträchtlichen Gasvorräte vor allem in den russischen Gewässern liegen. Ob und wann eine Förderung in der Arktis beginnt, kann derzeit aber noch keiner sagen, nicht zuletzt weil noch eine Reihe rechtlicher Fragen zu klären ist. So ist in den vergangenen Jahren zwischen den Anrainerstaaten ein Streit darüber entbrannt, welchem Hoheitsgebiet der arktische Meeresboden tatsächlich zuzurechnen ist. Die Anrainer versprechen sich große Rohstoffgewinne, werden aber noch warten müssen. Erschwerend kommt hinzu, dass eine Förderung in diesen Gebieten derzeit nicht wirtschaftlich ist, da man sie nur mit aufwendigen und teuren Eisbrechereinsätzen erkunden kann. Textende