Mineralische Rohstoffe
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WOR 3 Rohstoffe aus dem Meer – Chancen und Risiken | 2014

Massivsulfide

Massivsulfide – im Rauch der Tiefe

> 1979 entdeckte man im Pazifik heiße Quellen, an denen sich metallhaltige Schwefelverbindungen ablagern, sogenannte Massivsulfide. Heute weiß man, dass sie weltweit vorkommen. Zwar sind die bisher gefundenen Mengen bei Weitem nicht so groß wie die der Kobaltkrus­ten und Manganknollen, sie weisen aber zum Teil deutlich höhere Gehalte an Kupfer, Zink, Gold und Silber auf. Vor Papua-Neuguinea könnte der Abbau schon 2016 beginnen.

Sulfide Sulfide sind chemische Verbindungen aus Schwefel und Metall. In Massivsulfiden kommen unter anderem Eisensulfid (Pyrit), Kupfersulfid (Chalkopyrit), Zinksulfid (Sphalerit) und Sulfide anderer Metalle wie Gold und Silber vor. Besonders der relativ hohe Gehalt an Edelmetallen macht die Massivsulfide für den Meeresbergbau interessant.

Ein extrem heißer Wasserstrahl

Außer Manganknollen und Kobaltkrusten findet man im Meer noch eine dritte metallhaltige mineralische Ressource: die Massivsulfide. Diese bestehen aus Schwefelverbindungen, Sulfiden, die am Meeresboden ähnlich wie Kobaltkrusten massive Ablagerungen bilden, daher der Name. Massivsulfide entstehen an heißen ozeanischen Quellen, aus denen mit Sulfiden angereichertes Wasser aus dem Untergrund ins Meer strömt. Solche heißen Quellen werden Hydro­thermal­quellen gennant, die man entlang von Plattengrenzen und an aktiven Vulkanen im Meer findet, wo durch das Zusammen­wirken von vulkanischer Aktivität und Meerwasser ein Wärme- und Stoffaustausch zwischen den Gesteinen der Erdkruste und dem Ozean stattfindet. Durch Spalten am Meeresboden dringt Meerwasser bis zu mehrere Tausend Meter tief in den Untergrund ein. Das Meerwasser wird in der Tiefe durch vulkanische Aktivität auf bis zu rund 400 Grad Celsius aufgeheizt und löst Metalle und Schwefel aus dem umgebenden Vulkangestein. Da das heiße Wasser eine geringere Dichte als das kühlere Wasser darüber hat, steigt es schnell auf und fließt zurück ins Meer. Im Meerwasser kühlt die Heißwasserwolke sehr schnell ab. Dabei verbinden sich die im Wasser gelösten Metalle zu feinen Sulfidpartikeln und sinken als feiner Niederschlag zu Boden.
Abb. 2.25 > Verteilung der Hydrothermalquellen nach Tiefe und Entstehungsort. © Hannington 2.25 > Verteilung der Hydrothermalquellen nach Tiefe und Entstehungsort.
An vielen Hydrothermalquellen weltweit haben sich die Sulfide an den Austrittsstellen zu mehrere Meter hohen schornsteinartigen Strukturen aufgetürmt. Das Wasser schießt wie ein Fontäne aus den Röhren ins Meer. Dabei lagert sich nach und nach weiteres Material am Rand der Röhren ab, sodass sie weiter in die Höhe wachsen. Diese Strukturen werden aufgrund ihres Aussehens auch als Raucher bezeichnet. Da das austretende Wasser in den meisten Fällen durch die Mineralien schwarz gefärbt ist, spricht man hier auch von Schwarzen Rauchern. 1979 wurden die ersten Schwarzen Raucher während einer Expedition zum Ostpazi­fischen Rücken entdeckt. Sie waren nicht nur für Geologen eine Sensation, sondern auch für Biologen, denn sie werden von vielen Tierarten bevölkert. Mit so viel Leben in der Tiefsee hatte kaum ein Wissenschaftler gerechnet. Damals galt die Tiefsee noch als öde und leer. Heiße Quellen wurden inzwischen in allen Ozeanen gefunden. Sie bilden sich überwiegend in Wassertiefen von 1000 bis 4000 Metern.
2.26 > Raucher entstehen in magmatisch aktiven Meeresregionen. Durch Risse im Meeresboden sickert Wasser mehrere Tausend Meter tief in den Untergrund. In der Nähe von Magmakammern erwärmt es sich auf bis zu rund 400 Grad Celsius und löst Mineralien aus dem Gestein. Aufgrund seiner geringen Dichte steigt es auf und schießt über die Raucher zurück ins Meer. Durch die Reaktion mit dem kalten Meerwasser bilden sich Mineralienpartikel, die sich in den Kaminen der Raucher oder auf dem Meeresboden ablagern.
Abb. 2.26 > Raucher entstehen in magmatisch aktiven Meeresregionen. Durch Risse im Meeresboden sickert Wasser mehrere Tausend Meter tief in den Untergrund. In der Nähe von Magmakammern erwärmt es sich auf bis zu rund 400 Grad Celsius und löst Mineralien aus dem Gestein. Aufgrund seiner geringen Dichte steigt es auf und schießt über die Raucher zurück ins Meer. Durch die Reaktion mit dem kalten Meerwasser bilden sich Mineralienpartikel, die sich in den Kaminen der Raucher oder auf dem Meeresboden ablagern. © maribus/Sven Petersen
Massivsulfide kommen weltweit an Plattengrenzen vor. Geologen unterscheiden 4 verschiedene typische Entstehungsgebiete von Hydrothermalquellen und damit auch Massivsulfiden:

AN MITTELOZEANISCHEN RÜCKEN: Mittelozeanische Rücken sind Gebirgszüge im Meer, die sich wie die Naht eines Baseballs um den ganzen Globus ziehen. Hier driften ozeanische Platten auseinander. Dabei entstehen Risse, durch die Wasser in die Tiefe sinkt und sich an Magmakammern aufheizt.

AN INSELBOGENVULKANEN: Inselbogenvulkane entstehen, wenn sich eine ozeanische Platte im Meer unter eine andere schiebt. Dabei wird in der Tiefe Gestein geschmolzen, das als Magma aufsteigt. Mit der Zeit wächst ein Vulkan in die Höhe. Solange der Vulkan die Meeres­oberfläche nicht erreicht, spricht man von einem Seeberg. Im Gipfelbereich solcher untermeerischen Vulkane können sich Hydro­thermal­quellen bilden. Viele Südsee­inseln im Südwestpazifik sind durch dieses Abtauchen von ozeanischen Platten, der sogenannten Subduktion, und das Aufsteigen von Magma entstanden. Da entlang der abtauchenden Platte meist mehrere Vulkane nebeneinander entstehen und diese Vulkanketten aufgrund der Kugelform der Erde Bögen ausbilden, werden diese auch Inselbögen genannt.

HINTER INSELBOGENVULKANEN (Backarc-Becken): Wenn eine Platte unter eine andere abtaucht, entstehen in der oberen Platte Spannungen. Die obere Platte wird von der abtauchenden unteren Platte ausgedünnt, auseinandergezogen und reißt dann auf. Diese Art von Spannungen tritt in vielen Fällen mehrere Dutzend Kilometer hinter den aktiven Inselbogenvulkanen auf. Aus diesem Grund spricht man im Englischen vom back-arc basin (arc = Bogen).

AN INTRAPLATTENVULKANEN: Vulkane entstehen nicht nur an Plattenrändern oder in Subduktionszonen, sondern auch mitten in einer Platte. In solchen Fällen steigt Magma durch Risse im Untergrund auf und brennt sich wie ein Schneidbrenner durch die Erdkruste. Da diese Vulkane punktuell entstehen, spricht man auch von Hotspots. Auch an solchen Hotspots sind vereinzelt Hydrothermalquellen zu finden. Ein Beispiel für Intraplatten­vulkane ist die Inselgruppe von Hawaii. Sie ist entstanden, als die ozeanische Platte langsam über den Hotspot gewandert ist. Punkt für Punkt ist Magma durchgedrungen und hat sich zu Inseln auftürmt.

Zusatzinfo Schwarz, weiß, grau und manchmal sogar gelb

Ungezählte Hydrothermalquellen

Bis heute hat man bei Expeditionen in der Tiefsee rund 187 aktive Hydro­thermal­quellen mit Massivsulfiden entdeckt. Hinzu kommen 80 erkaltete Hydrothermalquellen, die nicht mehr aktiv sind. Gleichwohl sind auch hier Massiv­sulfide zu finden, die sich in früheren Zeiten am Meeresboden abgelagert haben. Außerdem sind 30 Orte bekannt, an denen hochtemperierte Hydrothermal­lösungen austreten, sich aber an der Oberfläche keine Massivsulfide gebildet haben. Hier könnten sich allerdings im Untergrund Sulfidvorkommen befinden. Insgesamt sind heute also rund 300 Hydrothermalquellen beziehungsweise Massivsulfidvorkommen bekannt. 58 Prozent davon finden sich an Mittelozeanischen Rücken, 26 Prozent kommen in den Spreizungszonen der Backarc-Becken, 16 Prozent an Inselbogen­vulkanen und 1 Prozent an Intraplattenvulkanen vor. Forscher gehen davon aus, dass die Zahl der Hydrothermalquellen und damit auch der Massivsulfide weltweit noch deutlich größer ist. Grundlage dieser Schätzungen ist der geothermische Wärmefluss der Erde. So ist heute genau bekannt, wie viel Wärme im Erdinneren entsteht und durch Magmatismus und Vulkanismus freigesetzt wird. Diese Wärmemenge beträgt 1,8 Billionen Watt, was der Leistung von 1 Million Atomkraftwerken entspricht. Ein Teil dieser Wärmemenge, so die Schätzungen, wird durch Hydrothermalquellen freigesetzt. Nach entsprechenden Berechnungen gehen einige Forscher davon aus, dass sich auf jedem Kilometer eines Mittelozeanischen Rückens oder einer Backarc-Spreizungszone 1 Hydrothermalquelle befindet. Bedenkt man, dass die Mittel­ozeanischen Rücken und Backarc-Spreizungszonen zusammen eine Gesamtlänge von rund 67 000 und die Inselbogenvulkane von rund 22 000 Kilometern haben, könnte es weltweit rund 90 000 Hydrothermalquellen geben. Forscher nehmen an, dass alle 50 bis 100 Kilometer eine große Fläche zu finden ist, die aus bis zu 100 Rauchern bestehen kann. Insgesamt rechnet man damit, dass weltweit an rund 500 bis 1000 Stellen große Massivsulfid­vorkommen entstanden sind.
2.27 > Die Zahl hydrothermaler Quellen lässt sich nur schwer bestimmen, da diese über den ganzen Globus verteilt sind. Sicher bekannt sind 187 aktive und 80 inaktive Hydrothermal­quellen, an denen sich Massiv­sulfide gebildet haben.
Abb. 2.27 > Die Zahl hydrothermaler Quellen lässt sich nur schwer bestimmen, da diese über den ganzen Globus verteilt sind. Sicher bekannt sind 187 aktive und 80 inaktive Hydrothermalquellen, an denen sich Massivsulfide gebildet haben. © Geomar
2.28 > Hydrothermalquellen entstehen in verschiedenen magmatisch aktiven Gebieten, in denen Wasser in die Tiefe dringt und aufgeheizt wird. Zu diesen Gebieten zählen zum Beispiel Inselbogenvulkane, die entstehen, wenn in die Tiefe abtauchendes Gestein aufgeschmolzen wird. Hinter Inselbogenvulkanen reißt der Untergrund durch Spreizungsbewegungen der Erdkruste auf, sodass Magma aufsteigen kann. Mittelozeanische Rücken entstehen durch das Auseinanderdriften von ozeanischen Platten. Intraplattenvulkane wiederum bilden sich an Schwachstellen in der Erdkruste.
Abb: 2.28a > Hydrothermalquellen entstehen in verschiedenen magmatisch aktiven Gebieten, in denen Wasser in die Tiefe dringt und aufgeheizt wird. Zu diesen Gebieten zählen zum Beispiel Inselbogenvulkane, die entstehen, wenn in die Tiefe abtauchendes Gestein aufgeschmolzen wird. Hinter Inselbogenvulkanen reißt der Untergrund durch Spreizungsbewegungen der Erdkruste auf, sodass Magma aufsteigen kann. Mittelozeanische Rücken entstehen durch das Auseinanderdriften von ozeanischen Platten. Intraplattenvulkane wiederum bilden sich an Schwachstellen in der Erdkruste. ©  Marabus Abb: 2.28b > Hydrothermalquellen entstehen in verschiedenen magmatisch aktiven Gebieten, in denen Wasser in die Tiefe dringt und aufgeheizt wird. Zu diesen Gebieten zählen zum Beispiel Inselbogenvulkane, die entstehen, wenn in die Tiefe abtauchendes Gestein aufgeschmolzen wird. Hinter Inselbogenvulkanen reißt der Untergrund durch Spreizungsbewegungen der Erdkruste auf, sodass Magma aufsteigen kann. Mittelozeanische Rücken entstehen durch das Auseinanderdriften von ozeanischen Platten. Intraplattenvulkane wiederum bilden sich an Schwachstellen in der Erdkruste. ©  maribus
Doch die Größe und der Metallgehalt von Massivsulfiden sind schwer messbar. Das liegt daran, dass sich die Heißwasserwolke, die aus aktiven Rauchern austritt, schnell ausbreitet und die Sulfide zum Teil mit der Strömung fortgetragen werden. So können große Massivsulfid­flächen mit Ausdehnungen von 10 bis zu Hunderten Metern entstehen, die einige Millionen Tonnen Massiv­sulfide enthalten. Wie groß ein Vorkommen ist, lässt sich auf den ersten Blick aber nicht erkennen, sondern nur durch Bodenproben oder Bohrungen feststellen. Auch der Metallgehalt kann nur durch eine solche aufwendige Probennahme sicher bestimmt werden. Aufgrund vieler Bodenanalysen, die in den vergangenen Jahrzehnten durchgeführt wurden, gehen Forscher heute davon aus, dass sich nur an wenigen Hydro­thermal­quellen Massivsulfidvorkommen befinden, die begehrte Metalle wie Kupfer und Gold enthalten und tatsächlich groß genug für einen wirtschaftlichen Abbau sind. Hinzu kommt, dass viele Regionen unwegsam und für die Abbaugeräte ungeeignet sind.

Zusatzinfo Die mühevolle Suche nach Hydro­thermal­quellen und ergiebigen Massiv­sulfid­vorkommen

Geologische Untersuchungen haben gezeigt, dass sich große Vorkommen nur dann bilden können, wenn eine oder mehrere der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist oder sind:
  • Die Hydrothermalquelle war mindestens mehrere Zehntausend Jahre aktiv, sodass sich ausreichend Material ansammeln konnte.
  • Die Platten an den Mittelozeanischen Rücken oder in den Backarc-Becken dürfen sich nur sehr langsam auseinanderbewegen. Andernfalls würden ständig neue Risse mit vielen kleinen Quellen entstehen, sodass sich nirgends Sulfide in größerer Menge anreichern können. Hochrechnungen zeigen, dass 86 Prozent aller Massivsulfidvorkommen an Bruchstellen auftreten, an denen Platten mit einer geringen Geschwindigkeit von maximal 4 Zentimetern pro Jahr auseinanderdriften. An Bruchstellen, an denen die Platten mit einer Geschwindigkeit von 4 bis 8 Zentimetern pro Jahr auseinanderdriften, finden sich nur 12 Prozent der Massivsulfidvorkommen. Zudem sind diese meist kleiner. An Bruchstellen mit noch schneller auseinanderdriftenden Platten (mehr als 8 Zentimeter pro Jahr) gibt es nur wenige Massivsulfidvorkommen.
  • Die Hydrothermalquelle ist von Sedimenten bedeckt, in denen sich die von unten aus dem Untergrund aufsteigenden Sulfide anreichern. In diesem Fall bilden sich die feinen Sulfidpartikel, wenn das heiße Hydrothermalwasser mit dem kühleren Wasser in den Poren des Sediments reagiert. Da die Sulfide anders als bei den Rauchern nicht durch die Wasserströmung verteilt werden, können sich in solchen Sedimenten Metalle stark anreichern. Allerdings sind nur wenige solcher Lagerstätten bekannt.

Edler als Knollen und Krusten

Verglichen mit den vielen Milliarden Tonnen Manganknollen und Kobaltkrusten, sind die geschätzten Mengen an Massivsulfiden mit insgesamt einigen Hundert Millionen Tonnen deutlich kleiner. Allerdings ist die Schätzung der Gesamtmenge ausge­sprochen schwierig, weil man bis heute erst einen Bruchteil der Gesamt­vorkommen entdeckt hat. Hinzu kommt, dass vermutlich nicht alle der geschätzten 500 bis 1000 großen Vorkommen wertvolle Metalle liefern werden. Die Massivsulfidvorkommen des Ostpazifischen Rückens und teilweise auch des Mittel­atlantischen Rückens etwa enthalten vor allem Eisensulfid, das keinen ökonomischen Wert hat. Ein Beispiel für wirtschaftlich interessante Massivsulfide sind die Vorkommen in der Bismarcksee östlich von Papua-Neuguinea. Diese weisen hohe Gehalte an Kupfer und Zink auf. Auch die Gehalte an Gold und Silber sind beachtlich. Die Konzentration von Gold liegt hier in manchen Vorkommen bei rund 15 Gramm pro Tonne. Das ist etwa 3-mal so viel wie in typischen Landlagerstätten. Der Silbergehalt liegt in vielen Fällen zwischen 100 und 300 Gramm pro Tonne, wobei Spitzenwerte mit sogar 642 Gramm pro Tonne aus dem sogenannten Solwara-Feld in der westlichen Bismarcksee bekannt sind. Das ist deutlich mehr als bei den Manganknollen und den Kobaltkrusten, die Werte von nur etwa 1 Gramm Silber pro Tonne erreichen. An Land liegen die höchsten Gehalte übrigens bei 100 bis 160 Gramm Silber pro Tonne. Viele chemische Elemente sind in Massivsulfiden oft nur in relativ geringen Mengen enthalten, darunter Mangan, Bismut, Cadmium, Gallium, Germanium, Antimon, Tellur, Thallium und Indium. In manchen Lagerstätten aber, vor allem an Inselbogenvulkanen, können diese Elemente stärker konzentriert sein.
2.30 > Massivsulfide zeichnen sich vor allem durch hohe Gold- und Silbergehalte aus, die die der Manganknollen und Kobaltkrusten zum Teil deutlich übersteigen. Doch längst nicht jedes Massivsulfidvorkommen ist reich an Edelmetallen. Schon innerhalb einer Region, wie etwa im Manus-Becken bei Papua-Neuguinea, finden sich Massivsulfidvorkommen mit sehr unterschiedlichen Gold- und Silbergehalten.
Abb. 2.30 > Massivsulfide zeichnen sich vor allem durch hohe Gold- und Silbergehalte aus, die die der Manganknollen und Kobaltkrusten zum Teil deutlich übersteigen. Doch längst nicht jedes Massivsulfidvorkommen ist reich an Edelmetallen. Schon innerhalb einer Region, wie etwa im Manus-Becken bei Papua-Neuguinea, finden sich Massivsulfidvorkommen mit sehr unterschiedlichen Gold- und Silbergehalten.  © nach Hein & Petersen
Welche Metalle in welchen Konzentrationen in den Massivsulfiden abgelagert werden, hängt insbesondere von der Zusammensetzung des Gesteins unter den Hydro­thermal­quellen und von der Temperatur des austretenden Wassers ab. So schwanken die Gehalte nicht nur von Region zu Region, sondern sogar innerhalb eines Massivsulfid­vorkommens oder eines einzelnen Schwarzen Rauchers. Das liegt daran, dass die Temperatur mit zunehmender Entfernung von der Hydrothermalquelle sinkt. Mineralien, die reich an Kupfer sind, bilden sich oftmals im Kern der Raucher. In der Außenzone der porösen Raucher wird das heiße Fluid mit dem kalten Meerwasser ver­mischt, und es setzen sich Mineralien mit anderen Metallen ab – beispielsweise Pyrit, Sphalerit oder Markasit, die reich an Eisen und Zink sind. Diese Zonierung liegt auch im größeren Maßstab vor: Am Rand der Massivsulfidvorkommen finden sich Raucher mit geringeren Austrittstemperaturen, aus denen wiederum andere Mineralien freigesetzt werden. Da bei Expeditionen in der Vergangenheit häufig nur an den Kaminen selbst Massivsulfidproben genommen wurden, ist bisher kaum bekannt, wie die Metalle innerhalb eines Vorkommens verteilt sind. Die Zusammensetzung der Massivsulfide ändert sich aber nicht nur mit der Entfernung von der heißen Quelle, sondern auch mit der Tiefe, und es gibt dazu bisher nur wenige Daten. Denn längst nicht auf jeder Expedition und auf jedem Forschungsschiff stehen spezielle Bohrgeräte für die Probennahme zur Verfügung. Um einschätzen zu können, wie lohnend ein Vorkommen und wie hoch der Metallgehalt ist, sind künftig viele weitere Bohrungen nötig.

Abb. 2.31 > An Schwarzen Rauchern tritt Wasser mit Temperaturen von bis zu 380 Grad Celsius aus. Es enthält Sulfide, eine bestimmte Art von Schwefelverbindungen, die das Wasser dunkel färben. ©  MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen

2.31 > An Schwarzen Rauchern tritt Wasser mit Temperaturen von bis zu 380 Grad Celsius aus. Es enthält Sulfide, eine bestimmte Art von Schwefelverbindungen, die das Wasser dunkel färben.

Startschuss in der Südsee?

Wie die Kobaltkrustenvorkommen liegen bedeutende Massivsulfidvorkommen nicht nur in den internationalen Gewässern der Hohen See, sondern in den Ausschließ­lichen Wirtschaftszonen (AWZ) verschiedener Inselstaaten. Über einen zukünftigen Abbau wird dort also nicht die Internationale Meeresbodenbehörde (International Seabed Authority, ISA) befinden, sondern die jeweilige lokale Regierung. Sehr weit fortgeschritten sind die Pläne für einen Abbau in der Bismarcksee vor Papua-Neuguinea. Die Regierung dort kooperiert mit einem kanadischen Unternehmen, an dem wiederum große Rohstoffkonzerne aus Kanada, Russland und Südafrika beteiligt sind. Wegen eines Schiedsverfahrens über die Zahlung von Projekt­kosten lagen die Pläne zwischenzeitlich auf Eis. Erst im Oktober 2013 konnte ein Schlichter eine Einigung herbeiführen. Derzeit sieht es so aus, dass im Frühjahr 2014 einer Werft der Zuschlag für den Bau eines Spezialschiffs für den Massivsulfidabbau erteilt werden soll. Die Raupenfahrzeuge für die Arbeit am Meeresboden werden bereits gebaut. Künftig sollen 3 bis 300 Tonnen schwere Fahrzeuge zum Einsatz kommen: eine große und eine kleine Gesteinsfräse sowie ein Sammelgerät, das die abgetragenen Massivsulfidbrocken aufnimmt. Wie der Hersteller betont, sind die technischen Herausforderungen durchaus zu meistern. So produziert das Unternehmen bereits seit vielen Jahren schwere Raupenfahrzeuge, sogenannte Grabenfräsen, für die Verlegung von Unterwasserkabeln, die zum Teil in noch tieferem Wasser eingesetzt werden. Das Gestein soll künftig vom Sammelgerät zu einem großen Behälter gepumpt werden, der zwischen Meeresboden und Schiff auf- und absteigt. Der Behälter soll am Meeresboden mit Massivsulfidbrocken befüllt, dann zum Schiff gezogen, geleert und anschließend wieder zum Meeresboden abgesenkt werden. Die Kooperationspartner gehen davon aus, dass der Abbau etwa 2016 beginnen könnte.
2.32 > Vor Papua-Neuguinea soll der Abbau von Massivsulfiden 2016 beginnen. Das schwere Chassis der Gesteinsfräse, die dort am Meeresboden arbeiten soll, ist bereits fertig.
Abb. 2.32 > Vor Papua-Neuguinea soll der Abbau von Massivsulfiden 2016 beginnen. Das schwere Chassis der Gesteinsfräse, die dort am Meeresboden arbeiten soll, ist bereits fertig. © Mike Smith Photography/Nautilus Minerals

Wenige Explorationslizenzen

In den internationalen Gewässern ist man noch nicht ganz so weit, da die Exploration und der Abbau dort zentral über die ISA geregelt und koordiniert werden. Explorations­lizenzen wurden für Gebiete im Indischen Ozean bereits an China und Südkorea vergeben, für Gebiete am Mittelatlantischen Rücken an Frankreich und Russland. Andere Staaten haben erst kürzlich Explorationslizenzen beantragt oder stehen, wie beispielsweise Deutschland in Bezug auf den Indischen Ozean, kurz davor. Über diese Anträge muss die ISA zunächst noch befinden. Insgesamt deutet sich für die Massivsulfidvorkommen aber an, was künftig auch für den Abbau von Kobaltkrusten und Manganknollen gelten dürfte: Während der Abbau in internationalen Gewässern noch einige Jahre auf sich warten lassen wird, könnten einzelne Staaten in Kooperation mit Bergbau- oder Rohstoffkonzernen vorpreschen und in der eigenen AWZ mit dem Abbau beginnen. Für Papua-Neuguinea etwa ist der Abbau interessant, weil die Massivsulfidvorkommen vor der eigenen Küste hohe Gold- und Silbergehalte aufweisen.

Extremer Lebensraum, viele Spezialisten

Hydrothermalquellen sind nicht nur Rohstofflieferant, sondern auch ein außerge­wöhn­licher Lebensraum. Trotz lebensfeindlicher Konditionen wie Tempera­turen von mehr als 350 Grad Celsius und das mit giftigen Metallverbindungen angereicherte, leicht saure Hydrothermalwasser hat sich hier im Laufe von Jahrmillionen eine einzigartige Artengemeinschaft entwickelt, die perfekt an die harten Bedingungen angepasst ist. Für gewöhnlich ist die Sonne die Energiequelle für das Leben im Meer. Sie lässt Algen gedeihen, die das Sonnenlicht mithilfe der Photosynthese nutzen, um energiereiche Moleküle wie etwa Zucker aufzubauen. Diese sogenannte Primärproduktion ist die Basis der Nahrungsnetze im Meer. An den Hydrothermalquellen aber ist es dunkel. Die Primärproduktion wird hier von chemoautotrophen Bakterien geleistet, die die energiereichen chemischen Verbindungen der Hydrothermalquellen verwerten und in Moleküle umwandeln, die auch andere Organismen nutzen können. Die Bakterien ertragen Wassertemperaturen von mehr als 100 Grad Celsius und kommen daher in der Nähe der Raucher vor. Von den Bakterien oder ihren Stoffwechselprodukten ernähren sich höhere Organismen wie etwa Muscheln – und von diesen wiederum andere Lebewesen. So sind an den Quellen Gemeinschaften mit bis zu 600 verschiedenen Arten zu finden, darunter beispielsweise Schnecken der Gattung Alviniconcha, die Temperaturen von bis zu 45 Grad Celsius tolerieren. Viele dieser Tiergruppen leben ausschließlich an Hydrothermalquellen. Dank der ständigen Nährstoffzufuhr kommen die Organismen in großer Zahl vor. Bei Expeditionen hat man mitunter auf 1 Quadratmeter Hunderte bis Tausende Tiere entdeckt.

Zusatzinfo Metallschlamm im Roten Meer

Was ist selten?

Ob es an den Hydrothermalquellen der Tiefsee endemische Arten gibt, die nur in einem eng begrenzten Gebiet vorkommen oder im Extremfall nur auf einem einzigen Massivsulfidvorkommen leben, ist beim Abbau eine entscheidende Frage. Denn diese könnten dadurch aussterben. Biologen versuchen daher zu klären, wie weit verbreitet bestimmte Arten sind, ob sie in einem größeren Meeresgebiet wie etwa dem Indischen Ozean an mehreren Hydrothermalquellen zu finden oder auf eine Region wie etwa die Bismarcksee beschränkt sind. Tatsächlich haben Wissenschaftler Unterschiede zwischen verschiedenen Meeres­regionen festgestellt. Große Röhrenwürmer etwa dominieren die Gebiete im Ostpazifik, wurden aber niemals im Atlantik, im Indischen Ozean oder im Südwest­pazifik entdeckt. Auf dem Mittelatlantischen Rücken hingegen kommen in großer Zahl Tiefseegarnelen vor, auf deren Körper symbiontische chemoautotrophe Bakterien leben, die sie mit Nährstoffen versorgen. Im Indischen Ozean schließlich findet man sowohl viele Tiefseegarnelen als auch Anemonen und Schnecken mit symbiontischen Bakterien. Aufgrund der unterschiedlichen Funde hat man daher versucht, Hydrothermalquellen anhand der Ähnlichkeit ihrer Lebensgemeinschaften und der geologischen Strukturen in biogeografische Provinzen einzuteilen. Die Forscher haben zu diesem Zweck die Daten von Expeditionen ausgewertet und Einzelnachweise von Lebewesen aus 63 Hydrothermalquellen mithilfe statistischer Verfahren abgeglichen.
Nach Maßgabe dieser Analyse gibt es 6 verschiedene Provinzen, in denen zu großen Teilen unterschiedliche Arten vorkommen. Die Provinzen sind: der Nordwestpazifik, der Südwestpazifik, der Nordostpazifik, der nördliche Teil des Ostpazifischen Rückens, der südliche Teil des Ostpazifischen Rückens und der Mittelatlantische Rücken. Natürlich kommen in den verschiedenen Gebieten zu einem gewissen Teil auch verwandte oder gleiche Arten vor. Die Forscher haben deshalb versucht nachzuvoll­ziehen, ob und wie sich Arten im Laufe der Jahrtausende von einer zur anderen Provinz haben ausbreiten können. Eine zentrale Rolle scheint dabei der Ostpazifische Rücken als eine Art Drehscheibe der Artenverbreitung zu spielen. Es bleibt aber auch hier zu bedenken, dass durch moderne genetische Untersuchungen immer mehr Unterschiede zwischen ähnlichen Arten gefunden werden und in vielen Vorkommen solche genetischen Untersuchungen noch nicht durchgeführt wurden. Offen ist bis heute, ob vermeintlich gleiche Arten auch wirklich identisch sind.
2.34 > In den verschiedenen Meeresgebieten weltweit dominieren jeweils andere Tierarten den Lebensraum der Hydrothermalquellen. Durch eine statis­tische Analyse der Fauna an 63 Hydrothermalquellen konnten Forscher 6 biogeografische Provinzen identifizieren, deren Artenzusammensetzungen sich deutlich unterscheiden.
Abb. 2.34 > In den verschiedenen Meeresgebieten weltweit dominieren jeweils andere Tierarten den Lebensraum der Hydrothermalquellen. Durch eine statis­tische Analyse der Fauna an 63 Hydrothermalquellen konnten Forscher  6 biogeografische Provinzen identifizieren, deren Artenzusammensetzungen sich deutlich unterscheiden.  © nach Bachraty et al.
Neben den Arten, die in besonderer Weise an die heißen Quellen angepasst sind, sind vor allem auch diejenigen bedroht, die an Massivsulfiden erkalteter Hydro­thermal­quellen vorkommen. Beispielsweise kolonisieren Tiefseekorallen, Schwämme und Seepocken diesen Lebensraum. Für sie gilt das Gleiche wie für viele andere Tiefseeorganismen: Sie sind selten, wachsen extrem langsam und produzieren nur wenige Nachkommen. Und deshalb sind sie auch besonders gefährdet. Sterben die Elterntiere, gibt es kaum noch Nachwuchs, durch den sich der Bestand erholen könnte. Generell ist bis heute sehr wenig über die Biologie der Tiefseetiere bekannt. Um zu verstehen, ob und wie sich Tiergemeinschaften nach einer Störung, zum Beispiel einem Abbau von Massivsulfiden, erholen, müssen noch offene Fragen geklärt werden. So ist unter anderem unklar, wie zahlreich oder selten die Arten sind, in welchem Lebensraum sie leben, wie weit diese Lebensräume voneinander entfernt sind und wie beziehungsweise ob sich die Tiere vom einen zum anderen Lebensraum verbreiten können. Nur dann wäre eine Wiederbesiedlung abgeernteter Areale überhaupt möglich.

Bevor der Bergbau beginnt …

Um die Schäden, die durch den Abbau von Massivsulfiden entstehen könnten, so klein wie möglich zu halten, schlagen Fachleute vor, zuvor mit weiteren Studien zu untersuchen, inwieweit endemische Arten betroffen sein könnten. Dabei muss man zwischen Massivsulfiden an aktiven Hydrothermalquellen und alten Massivsulfiden an versiegten Quellen unterscheiden. Aufgrund der extremen Spezialisierung ist bei den Bewohnern der Hydrothermalquellen eher davon auszugehen, dass diese in eng begrenzten Meeresgebieten auftreten und endemisch sind. Was die gewöhnlichen Tiefseearten betrifft, liegt nahe, dass diese weiter verbreitet sind. Wegen ihres langsamen Wachstums und der geringen Zahl an Nachkommen aber muss man besonders darauf achten, dass man vor Ort nicht ganze Bestände ausrottet. Beiden Artengruppen wäre vermutlich geholfen, wenn man die Vorkommen nur teilweise aberntete, um Flächen zu erhalten, von denen aus solche abgeernteten Gebiete wiederbesiedelt werden können. Oder aber Massivsulfide nur dort zu fördern, wo bekannt ist, dass in der unmittelbaren Umgebung weitere Hydrothermalfelder existieren, die die gleiche Artenzusammensetzung aufweisen. Textende