Mineralische Rohstoffe
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WOR 3 Rohstoffe aus dem Meer – Chancen und Risiken | 2014

Manganknollen

Begehrte Manganknollen

> Metallhaltige Knollen bedecken viele Tausend Quadratkilometer des Tiefseebodens. Sie enthalten vor allem Mangan, aber auch Nickel, Kobalt und Kupfer, was sie wirtschaftlich interessant macht. Obwohl heute bereits mehrere Staaten und Industriefirmen die Vorkommen intensiv erkunden, ist offen, ob die Manganknollen tatsächlich abgebaut werden. Denn auch mittelfristig gibt es an Land genug Metall.

Abb. 2.10 > Schnitt durch eine Manganknolle:  In Jahrmillionen lagern sich Mineralien an einem Keim an. © Charles D. Winters/NatureSource/Agentur Focus 2.10 > Schnitt durch eine Manganknolle: In Jahrmillionen lagern sich Mineralien an einem Keim an.

Klumpen voller Metall

Manganknollen gelten heute zusammen mit den Kobaltkrusten als die wichtigsten Lagerstätten von Metallen und anderen mineralischen Rohstoffen im Meer. Die kartoffel- bis salatkopfgroßen Knollen enthalten, wie der Name sagt, vor allem Mangan, aber auch Eisen, Nickel, Kupfer, Titan und Kobalt. Die Manganknollen­vor­kommen sind unter anderem deshalb interessant, weil sie von einigen Metallen größere Mengen enthalten als die heute bekannten und wirtschaftlich abbaubaren Landlagerstätten. So geht man davon aus, dass sich in den Manganknollen­vor­kommen weltweit beispielsweise deutlich mehr Mangan befindet als in den Reserven auf dem Festland. Wirtschaftlich interessante Vorkommen findet man vor allem im Pazifik und im Indischen Ozean in den weiten Tiefseeebenen in Meerestiefen von 3500 bis 6500 Metern. Die einzelnen Knollen liegen lose auf dem Meeresboden, sind aber teilweise auch von einer dünnen Sedimentschicht bedeckt. Theoretisch lassen sie sich relativ leicht vom Meeresboden ernten. Man kann sie mit Unterwassergefährten wie mit einer Kartoffelerntemaschine vom Meeresboden auflesen. Dass das funktioniert, wurde bereits Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre mit Prototypen gezeigt.

4 große Vorkommen

Manganknollen gibt es in vielen Meeresgebieten. In nennenswerter Menge kommen sie in den folgenden 4 Meeresregionen vor:

CLARION-CLIPPERTON-ZONE (CCZ): Diese Zone ist das weltweit größte Manganknollengebiet mit einer Fläche von rund 9 Millionen Quadratkilometern, was in etwa der Größe Europas entspricht. Die CCZ liegt im Pazifik und erstreckt sich von der Westküste Mexikos bis nach Hawaii. Die Manganknollen sind nicht gleichmäßig über dieses Gebiet verteilt. An manchen Stellen liegen sie dicht an dicht. In steinigen Arealen kommen gar keine Knollen vor. Durchschnittlich findet man in der CCZ pro Quadratmeter etwa 15 Kilogramm Manganknollen. Besonders ergiebige Gebiete bringen es auf 75 Kilogramm. Insgesamt rechnet man hier mit einer Manganknollen­masse von rund 21 Milliarden Tonnen.

PERU-BECKEN: Etwa 3000 Kilometer vor der peruani-schen Küste liegt das Peru-Becken. Es ist etwa halb so groß wie die Clarion-Clipperton-Zone. Hier findet man pro Quadratmeter durchschnittlich 10 Kilogramm Manganknollen.

PENRHYN-BECKEN: Das dritte bedeutende Manganknollengebiet im Pazifik befindet sich im Penrhyn-Becken in unmittelbarer Nähe der Cookinseln, mehrere Tausend Kilometer östlich von Australien. Es hat eine Fläche von ungefähr 750 000 Quadrat­kilometern. Große Bereiche in den Küstengewässern der Cookinseln weisen Gehalte von über 25 Kilogramm Manganknollen pro Quadratmeter Meeresboden auf.

INDISCHER OZEAN: Hier hat man bislang nur ein einziges größeres Manganknollen­gebiet entdeckt, das in etwa so groß wie das Areal im Penrhyn-Becken ist. Es liegt im zentralen Indischen Ozean. Auf 1 Quadratmeter Meeresboden liegen hier rund 5 Kilogramm Manganknollen.

Vom Wachsen der Knolle

Das Entstehungsprinzip der Manganknollen ist denkbar einfach. Im Meerwasser gelöste Metallverbindungen lagern sich nach und nach an einer Art Keim am Meeres­boden ab. Ein solcher Keim kann beispielsweise ein Haifischzahn oder auch ein Muschelsplitter sein, um den herum die Knolle wächst. Dieser Wachstumsprozess kann auf 2 Arten ablaufen. Bei der sogenannten hydrogenetischen Entstehung lagern sich Metallverbindungen an, die im Wasser herabsinken. Zum größten Teil handelt es sich dabei um die Mangan-Sauerstoff-Verbindung Vernadit, die sich auf natürliche Weise im Wasser bildet. Hinzu kommen in geringeren Mengen Verbindungen anderer Metalle.
2.11 > Die Manganknollen­vor­kommen weltweit bergen große Mengen an Metallen. Allein das Vorkommen in der Clarion-Clipperton-Zone (CCZ) enthält circa 10-mal mehr Mangan als die heute wirtschaftlich abbaubaren Lagerstätten an Land. Beim Thallium ist die Menge in der CCZ sogar 6000-mal größer als in den wirtschaftlich nutzbaren Landlagerstätten. Grundsätzlich ist zu bedenken, dass hier mögliche Vorkommen auf See mit tatsächlich wirtschaftlich gewinnbaren Vorkommen an Land verglichen werden. Ob und wie viel Metall künftig aus Manganknollen gewonnen werden kann, ist völlig offen.
Abb. 2.11 > Die Manganknollenvorkommen weltweit bergen große Mengen an Metallen. Allein das Vorkommen in der Clarion-Clipperton-Zone (CCZ) enthält circa 10-mal mehr Mangan als die heute wirtschaftlich abbaubaren Lagerstätten an Land. Beim Thallium ist die Menge in der CCZ sogar 6000-mal größer als in den wirtschaftlich nutzbaren Landlagerstätten. Grundsätzlich ist zu bedenken, dass hier mögliche Vorkommen auf See mit tatsächlich wirtschaftlich gewinnbaren Vorkommen an Land verglichen werden. Ob und wie viel Metall künftig aus Manganknollen gewonnen werden kann, ist völlig offen. © Hein et al.
2.12 > Manganknollen kommen in allen Meeren vor. Doch nur in 4 Gebieten ist die Manganknollendichte groß genug für einen industriellen Abbau.
Abb. 2.12 > Manganknollen kommen in allen Meeren vor. Doch nur in 4 Gebieten ist die Manganknollendichte groß genug für einen industriellen Abbau. © nach Hein et al.
Im zweiten Fall spricht man vom diagenetischen Wachstum. Dieser Prozess läuft nicht im freien Wasser, sondern im Sediment ab. In diesem Fall lagern sich am Keim Metallverbindungen ab, die im Wasser zwischen den Sedimentpartikeln enthalten sind, im sogenannten Porenwasser. Bei diesem handelt es sich um Meerwasser, das in den Meeresboden eindringt, mit dem Sediment reagiert und sich auf diese Weise mit Metallverbindungen anreichern kann. Wo es aus dem Sediment aufsteigt, lagern sich die Metallverbindungen ebenfalls an den Knollenkeimen ab. In der Regel handelt es sich dabei um die Mangan-Sauerstoff-Verbindungen Todorokit und Birnessit. Die meisten Knollen wachsen sowohl hydrogenetisch als auch diagenetisch, wobei sich die jeweiligen Anteile in verschiedenen Meeresgebieten unterscheiden. Faszinierend ist, dass Manganknollen extrem langsam wachsen. Mit jeder Million Jahre nimmt ihre Dicke nur millimeterweise zu. Hydrogenetische Knollen wachsen pro Million Jahre bis zu 10 Millimeter, diagenetische zwischen 10 und 100 Millimeter. Daraus folgt, dass sich Manganknollen nur dort bilden konnten, wo über derart lange Zeiträume gleiche Umweltbedingungen herrschten. Folgende Faktoren sind für die Entstehung von Manganknollen entscheidend:
  • geringe Sedimentation von Schwebstoffen. Andernfalls würden die Knollen zu schnell überdeckt werden;
  • steter Fluss von antarktischem Tiefenwasser. Das Wasser treibt sehr feine Sedimentpartikel fort, die die Knollen sonst im Laufe der Zeit unter sich begraben würden. Übrig bleiben gröbere Partikel wie etwa die Gehäuse von Meeresorganismen, Muschelsplitter oder Knollenbruchstücke, die als Wachstumskeime dienen können;
  • gute Sauerstoffversorgung. Das antarktische Tiefenwasser beispielsweise fördert sauerstoffreiches Wasser von der Meeresoberfläche in die Tiefe. Erst da-durch können sich Mangan-Sauerstoff-Verbindungen bilden;
  • wässriges Sediment. Das Sediment muss so beschaffen sein, dass es viel Porenwasser aufnehmen kann. Nur in solch wässrigem Sediment ist diagenetisches Knollenwachstum möglich.
2.13 > In verschiedenen Regionen der Tiefsee kommen Manganknollen in unterschiedlichen Mengen vor. In diesem Ausschnitt vom pazifischen Meeresboden liegen die Knollen relativ dicht beieinander.
Abb. 2.13 > In verschiedenen Regionen der Tiefsee kommen Manganknollen in unterschiedlichen Mengen vor. In diesem Ausschnitt vom pazifischen Meeres-boden liegen die Knollen relativ  dicht beieinander. © BGR
Einige Forscher vertreten darüber hinaus die Ansicht, dass Bodenlebewesen wie etwa Würmer in großer Zahl vorhanden sein müssen, die das Sediment durchgraben und die Manganknollen immer wieder an die Sedimentoberfläche befördern. Diese Hypothese wurde bislang aber noch nicht bewiesen.

Andere Gegend, andere Rezeptur

Obwohl die Faktoren für die Entstehung der Manganknollen in allen 4 großen Gebieten gleich sind, unterscheiden sie sich von Ort zu Ort deutlich in ihren Metallgehalten. Die höchsten Mangangehalte finden sich mit 34 Prozent in den Knollen des Peru-Beckens, die höchsten Eisengehalte mit 16,1 Prozent in den Knollen im Penrhyn-Becken. Hier gibt es auch, mit gut 0,4 Prozent, die Knollen mit dem höchsten Gehalt an Kobalt. Daher hat auch in diesem Gebiet derzeit die Gewinnung von Kobalt Priorität. Nach Berechnungen von Fachleuten ließen sich hier 21 Millionen Tonnen Kobalt aus Manganknollen gewinnen, was sehr viel ist. So belaufen sich die wirtschaftlich nutzbaren Reserven an Land derzeit auf rund 7,5 Millionen Tonnen. Nimmt man die heute noch nicht wirtschaftlich abbaubaren Landlagerstätten hinzu, ließen sich an Land 13 Millionen Tonnen Kobalt gewinnen – noch immer deutlich weniger als die Knollen im Penrhyn-Becken liefern könnten. Allerdings ist der Kobaltpreis nach einem Rekordhoch vor der Wirtschaftskrise seit 2008 stark gefallen, sodass sich ein Abbau der Vorkommen im Moment nicht lohnen würde. Dennoch ist es angesichts der großen Metallmengen, die weltweit in den Manganknollen zu finden sind, durchaus vorstellbar, dass die Knollen künftig in bestimmten Meeresregionen abgebaut werden. Für viele Staaten, die nicht über eigene Reserven an bestimmten Metallen verfügen, sind die Manganknollen ein Weg, sich von Importen unabhängig zu machen.

Wem gehören die Rohstoffe im Meer?

Das Internationale Seerecht regelt sehr genau, wer künftig Manganknollen oder auch Massivsulfide und Kobaltkrus­ten abbauen darf. Befinden sich die Rohstoffe innerhalb der Ausschließlichen Wirtschaftszone eines Landes, der 200-Seemeilen-Zone, hat dieses Land das alleinige Recht, die Rohstoffe abzubauen – das ist beispielsweise in einem Teil des Penrhyn-Beckens nahe der Cookinseln der Fall – oder Abbaulizenzen an ausländische Unternehmen zu vergeben. Die CCZ, das Peru-Becken und das Gebiet im Indischen Ozean hingegen liegen weit außerhalb der Ausschließlichen Wirtschaftszonen, nämlich im Bereich der Hohen See. Hier wird der Abbau durch eine Behörde der Vereinten Nationen zentral geregelt, die Internationale Meeresbodenbehörde (International Seabed Authority, ISA) mit Sitz in Kingston, Jamaika. Die ISA wacht insbesondere darüber, dass die Gewinne aus den Aktivitäten des Meeresbergbaus künftig gerecht verteilt werden. Ihre Handlungsgrundlagen sind verschiedene Artikel im Internationalen Seerecht, nach denen die Hohe See als gemeinsames Erbe der Menschheit definiert ist. Aktivitäten in der Hohen See sollen demnach dem Wohl der ganzen Menschheit dienen. Verhindert werden soll unter anderem, dass nur reiche Staaten Zugriff auf die vielversprechenden Ressourcen in der Tiefsee haben.
2.14 > Manganknollen wachsen, indem sich im Wasser gelöste Metallverbindungen aus dem freien Wasser (hydrogenetisches Wachstum) oder dem im Sediment enthaltenen Wasser (diagenetisches Wachstum) an einem Keim ablagern. Meist wachsen Knollen sowohl dia- als auch hydrogenetisch.
Abb. 2.14 > Manganknollen wachsen, indem sich im Wasser gelöste Metallverbindungen aus dem freien Wasser (hydrogenetisches Wachstum) oder dem im Sediment enthaltenen Wasser (diagenetisches Wachstum) an einem Keim ablagern. Meist wachsen Knollen sowohl dia- als auch hydrogenetisch. © nach Koschinsky, Jacobs University, Bremen
Für die Manganknollengebiete bedeutet dies, dass die Lizenznehmer bei der ISA Erkundungsgebiete mit einer Größe von bis zu 150 000 Quadratkilometern beantragen. Für diese Gebiete müssen die einzelnen Vertragspartner Lizenzgebühren zahlen. Entscheidend ist, dass die Staaten nur die Hälfte ihres Lizenzgebietes nutzen dürfen – also maximal 75 000 Quadratkilometer. Die andere Hälfte bleibt nach der Vorerkundung für ärmere Staaten reserviert. Bislang hat die ISA 12 Lizenzen für die CCZ und 1 Lizenz für den Indischen Ozean vergeben, jeweils an Länder. Die Lizenz­nehmer sind im Einzelnen: China, Deutschland, Frankreich, Indien, Japan, Russland, Südkorea sowie die Interoceanmetal Joint Organization, ein Zusammen­schluss von Bulgarien, Tschechien, Slowakei, Polen, Russland und Kuba.
2.15 > Wie chemische Analysen von Manganknollen zeigen, unterscheiden sich Manganknollen der verschiedenen Meeresgebiete deutlich in ihren Metallgehalten. * Gramm pro Tonne ** Gewichtsanteil in Prozent
Abb. 2.15 > Wie chemische Analysen von Manganknollen zeigen, unterscheiden sich Manganknollen der verschiedenen Meeresgebiete deutlich in ihren Metallgehalten, * Gramm pro Tonne ** Gewichtsanteil in Prozent © Hein & Petersen
Vor Kurzem sind 2 Industrieunternehmen als Antragsteller hinzugekommen: die britische Firma UK Seabed Resources Limited und die belgische G-TEC Sea Mineral Resources NV. Seit 2011 haben auch einige Entwicklungsländer (Nauru, Kiribati und Tonga), die mit westlichen Firmen kooperieren, Anträge gestellt. Diese Anträge beziehen sich auf die von den ursprünglichen Lizenznehmern erkundeten Gebiete, die für die Entwicklungsländer reserviert waren und jetzt an Nauru, Kiribati und Tonga übergeben werden. Die finanziellen und technischen Mittel für die weitere Erkundung und spätere Erschließung dieser Gebiete werden allerdings nicht von den 3 Inselstaaten, sondern von den Industriepartnern erbracht. Bislang handelt es sich bei den von der ISA vergebenen Lizenzen nur um eine Explorationslizenz, die es den Staaten erlaubt, die künftigen Abbaugebiete genauer zu untersuchen. Unter anderem wird derzeit im Detail untersucht, in welchen Teilen der Gebiete die höchsten Knollendichten oder Knollen mit besonders hohen Metall­gehalten zu finden sind. Diese Lizenzen wurden für 15 Jahre vergeben und können einmalig um 5 Jahre verlängert werden. Danach muss der Abbau beginnen, sonst verliert der Staat sein Abbaurecht. Gesetzliche Rahmenbedingungen für den künftigen Bergbau wird die ISA allerdings erst 2016 festgelegt haben, denn noch sind einige Punkte offen. Ungeklärt ist bislang, mit welcher Technik die Knollen künftig geerntet werden sollen und wie sich die Meeresumwelt vor dem großflächigen Abbau weitgehend schützen lässt.

Noch fehlen Abbaugeräte

Ein Manganknollenabbau im industriellen Maßstab ist derzeit auch deshalb nicht möglich, weil es noch keine marktreifen Abbaumaschinen gibt. Japan und Südkorea haben in den vergangenen Jahren zwar bereits Prototypen gebaut und im Meer getestet, doch müssen diese noch weiter verbessert werden. Die deutsche Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hatte vor 3 Jahren eine Designstudie für den Entwurf entsprechender Tiefseemaschinen ausgeschrieben, die Deutschland künftig im eigenen Lizenzgebiet in der CCZ einsetzen will. Daran beteiligte sich unter anderem eine Firma, die bereits Maschinen für den Diamanten­abbau im Atlantik vor Namibia herstellt. Allerdings werden die Geräte bei der Diamanten­gewinnung in 150 Meter Tiefe nahe der Küste eingesetzt. Für Tiefen wie in der CCZ und die Einsatzbedingungen auf der Hohen See müssen sie noch angepasst werden. Immerhin müssen die Maschinen für den Manganknollenabbau dem hohen Wasserdruck in bis zu 6000 Meter Tiefe standhalten können. Außerdem sollen sie lange zuverlässig arbeiten, denn die Reparatur von Tiefsee-geräten ist ausgesprochen aufwendig, weil die bis zu 250 Tonnen schweren Maschinen dafür zunächst an Bord geholt werden müssten.
2.16 > Manganknollen sollen künftig mit Erntemaschinen vom Meeresboden aufgelesen und über feste Schläuche zum Schiff gepumpt werden. Bislang wurden aber noch keine Maschinen gebaut. Konzeptstudien sehen vor, die Apparate mit speziellen Gehäusen zu versehen, die verhindern sollen, dass viel Sediment aufgewirbelt wird.
Abb. 2.16 >  Manganknollen sollen künftig mit Erntemaschinen vom Meeresboden aufgelesen und über feste Schläuche zum Schiff gepumpt werden. Bislang wurden aber noch keine Maschinen gebaut. Konzeptstudien sehen vor, die Apparate mit speziellen Gehäusen zu versehen, die verhindern sollen, dass viel Sediment aufgewirbelt wird. © nach Aker Wirth
Derzeit geht man davon aus, dass künftig allein im deutschen Lizenzgebiet in der Clarion-Clipperton-Zone jährlich rund 2,2 Millionen Tonnen Manganknollen gefördert werden müssen, damit der Abbau wirtschaftlich ist. Dafür benötigt man aber nicht nur Abbaumaschinen, sondern auch Technik für die folgenden Arbeitsschritte. Die Förderung beginnt mit den Abbaumaschinen, die den Meeresboden bis in eine Tiefe von 5 Zentimetern durchpflügen und die Knollen aus dem Sediment klauben. Der größte Teil der Sedimente soll bereits vor Ort abgetrennt werden und am Meeres­boden verbleiben. Das restliche Knollen-Sediment-Gemisch wird dann vom Meeresboden über feste Schläuche zu Produktionsschiffen an die Wasseroberfläche gepumpt. Auf den Schiffen werden die Manganknollen vom restlichen Sediment getrennt und gerei-nigt. Anschließend verlädt man sie auf Frachter, die sie zum Festland transportieren, wo sie aufbereitet und die Metalle abgetrennt werden. Diese gesamte Prozesskette muss noch entwickelt werden. Zudem fehlt es heute noch zum Teil an metallurgischen Verfahren, um die verschiedenen Metalle aus den Manganknollen zu gewinnen.

Zerstörung der Tiefseelebensräume?

Wissenschaftler sind sich darin einig, dass der Abbau von Manganknollen einen erheblichen Eingriff in den Lebensraum Meer darstellt. Derzeit geht man von folgenden Beeinträchtigungen aus:
  • Die Erntemaschinen wirbeln beim Durchpflügen des Meeresbodens Sediment auf. Diese Sedimentwolke kann aufgrund der Meeresströmung durch die Gegend driften. Rieselt das Sediment schließlich wieder zum Meeresboden herab, werden dadurch empfindliche Organismen, insbesondere die sessilen – festsitzenden – Arten zugedeckt und getötet.
  • Im durchpflügten Bereich werden all jene Organismen getötet, die nicht schnell genug vor dem Pflug fliehen können, dazu zählen unter anderem Schnecken, Seegurken oder Würmer. Und selbst wenn sie nicht durch den Pflug geschädigt werden sollten, können sie immer noch mit aufgesaugt und beim Reinigungsprozess an Bord des Schiffes sterben.
  • Der Abbau, das Heraufpumpen und Reinigen der Manganknollen erzeugt Lärm und Vibrationen, die Meeressäuger wie etwa Delfine und Wale stören und verdrängen können.
  • Das bei der Reinigung der Manganknollen anfallende sedimenthaltige Abwasser wird von den Schiffen ins Meer eingeleitet. Auch dadurch entsteht an der Einlass­öffnung eine Sedimentwolke. Derzeitige Konzepte jedoch sehen eine bodennahe Einleitung in der Tiefe vor, um die Ausbreitung der Wolke zu minimieren. Durch eine Einleitung in der Tiefe wird auch verhindert, dass die oberflächennahen, lichtdurchfluteten Wasserschichten getrübt werden. Biologen befürchten nämlich, dass durch eine Trübung der oberflächennahen Gewässer das Wachstum von Algen und anderen Planktonorganismen gestört werden könnte.

Zusatzinfo Belebte Manganknollenfelder

Sicher ist, dass sich diese Probleme nicht völlig ausschließen lassen. Diskutiert wird derzeit allerdings, wie man sie möglichst stark verringern kann. In jedem Fall fordert die ISA eine umweltschonende Manganknollenproduktion. Und tatsächlich scheint es Lösungen zu geben. Die Sedimentwolke etwa lässt sich aktuellen Studien zufolge dadurch verkleinern, dass man keine offenen, sondern verkleidete Erntemaschinen einsetzt. Dadurch wird zum Teil verhindert, dass Sediment aufgewirbelt wird und sich im Wasser verteilt. Ferner lässt sich die durch die Schiffsabwässer freigesetzte Sedimentwolke dadurch reduzieren, dass man die Abwässer über Rohre zum Meeresboden zurückleitet, sodass sich die Partikel relativ schnell absetzen können. Allerdings würde diese zusätzliche Rohrleitung die Manganknollenproduktion deutlich verteuern, sagen Ingenieure.
Unklar ist bis heute, wie schnell sich die Lebensräume am Meeresboden von diesem massiven Eingriff erholen werden. Zwar gab es seit Ende der 1980er Jahre mehrere internationale Projekte, in denen man untersucht hat, wie rasch abgeerntete Flächen am Meeresboden wiederbesiedelt werden. Doch waren diese Eingriffe eher kleinräumig. So hatten zum Beispiel Wissenschaftler in dem deutschen Projekt Disturbance and Recolonization (DISCOL, Störung und Wiederbesiedlung) einen mehrere Quadratkilometer großen Bereich des Meeresbodens im Pazifik mit Versuchsgeräten umgepflügt und über mehrere Jahre hinweg immer wieder besucht. Das Ergebnis: Es dauerte 7 Jahre, bis sich in den durchpflügten Gebieten wieder die gleiche Dichte an Bodenlebewesen eingestellt hatte wie zuvor. Allerdings blieben einige Arten, insbesondere diejenigen, die auf Hartsubstrat angewiesen waren, verschwunden. Nach 7 Jahren war der gestörte Bereich also deutlich artenärmer. Für das Jahr 2015 wird das deutsche Bundesforschungsministerium Geld für eine Expedition bereitstellen, in deren Rahmen diese Gebiete noch einmal besucht werden sollen. Damit wird man weltweit erstmals feststellen, welche Langzeitfolgen nach 25 Jahren zu beob­achten sind. Die DISCOL-Forscher betonen, dass die Schädigung bei einem großflächigen Abbau von Manganknollen noch deutlich größer sein dürfte. Immerhin hatte man im Experiment ein vergleichsweise kleines Gebiet abgeerntet. Die geschädigten Bereiche konnten aus der unberührten Umgebung also schnell wiederbesiedelt werden. Erntet man aber, wie vorgesehen, sehr viele Quadratkilometer Meeresboden ab, dürfte die Wiederbesiedlung der abgeernteten Flächen viele Jahre länger dauern. Deshalb sieht die ISA vor, die Lizenzgebiete nicht auf einmal, sondern Stück für Stück abzuernten. Neben abgeernteten Gebieten sollen unberührte Flächen erhalten bleiben. Von dort könnten die abgeernteten Gebiete wiederbesiedelt werden. Wie das Muster aus genutzten und unbenutzten Arealen im Detail beschaffen sein muss, versuchen Meeresbiologen zu klären. So wäre es auch denkbar, Manganknollenflächen von vornherein weniger intensiv abzuernten – und in einzelnen Etappen, beispielsweise wie beim DISCOL-Projekt in einem Wechsel von abgeernteten und unberührten Streifen. Dank präziser GPS-Navigation wäre das heute durchaus möglich. Textende